In blindem Zorn
- Ullstein
- Erschienen: Januar 2001
- 6
- Toronto: Viking, 1991, Titel: 'Past Reason Hated', Originalsprache
- München: Ullstein, 2001, Seiten: 460, Übersetzt: Andree Hesse
Überzeugende Charaktere in einem klassischen Whodunit
Ein Tag vor Weihnachten und alle im Polizeirevier sind ausgeflogen, da sie Abschied und Hochzeit eines Kollegen feiern. Nur Susan Gay, frischbefördert zum Detective Constable, ist auf ihrem Posten, als ein Mord gemeldet wird. Ohne die Fakten zu überprüfen, holt sie ihre Vorgesetzten von der Feier, aber es war kein falscher Alarm: Caroline Hartleys Leiche liegt nackt auf der Couch, der Plattenspieler spielt immerzu das gleiche Stück von Vivaldi. Gemeldet wurde der Fund der Leiche von ihrer Lebensgefährtin Veronica Shildon. Hatte sie einen Grund, ihre Geliebte zu töten? Oder vielleicht ihr Ex-Mann, der erfolgreiche Komponist Claude Ivers, der nicht damit fertig wurde, dass sich Veronica von ihm wegen einer Frau getrennt hat? Oder liegt das Motiv noch weiter zurück in der Vergangenheit, als Caroline von zuhause ausriss und in London als Prostituierte ihre Brötchen verdient hat? Inspector Banks als Musikliebhaber beißt sich an dem Stück von Vivaldi fest, das nach seiner Recherche als Requiem für ein Kind gedacht war.
Peter Robinson schafft eine heimelige Atmosphäre, in der ich mich als Liebhaber von klassischen Whodunit-Krimis sofort wohlfühle. Und das liegt nicht nur daran, dass er seine Handlung hier um die Weihnachtszeit ansiedelt, denn das spielt eher eine untergeordnete Rolle und bietet nur einen geeigneten Rahmen. Es sind die Charaktere, die mir unheimlich vertraut vorkommen und dazu muss man nicht bereits x Bücher des Autors gelesen haben; er macht es einem leicht, sich mit den Figuren anzufreunden.
Bewundernswert ist, welche Wandlung Peter Robinson und damit Alan Banks in dieser Reihe vollzogen hat. Von drei bereits gelesenen Bänden ist der vorliegende der älteste und auch der stromlinienförmigste, d.h. Alan Banks ist seinem Vorbild Inspector Wexford (erschaffen von Ruth Rendell) recht ähnlich. Dies ist absolut nicht negativ zu sehen, aber in späteren Büchern erhält er noch mehr Kontur und die Handlung hier ist eine Spur gewöhnlicher. Was aber schon jetzt deutlich herausgearbeitet wird: Banks ist nicht der ewige Dorfpolizist, der nie aus diesem Milieu herausgekommen ist, sondern seine Arbeit im Londoner Rotlicht-Viertel hat ihn ausgebrannt und auch seine Ehe belastet, so dass er seinen Segen in Eastvale suchte. Sein Charakter ist nicht flach angelegt, sondern äußerst lebendig geschildert, mitfühlend und vertrauenserweckend. Auch darüber hinaus legt der Autor ein großes Geschick an den Tag, die psychologischen Hintergründe gut zu beleuchten und eine glaubwürdige Auflösung zu bieten, man könnte fast von komponieren sprechen...
Handwerklich lässt "In blindem Zorn" nichts zu wünschen übrig, es wird Spannung geliefert, die zwar nicht atemlos macht, aber den Leser auf eigene Weise fesseln wird. Es gehört einfach dazu, um die Serie abzurunden und stellt außerdem eine passende Lektüre für die Weihnachtszeit dar.
Peter Robinson, Ullstein
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