Bollinger und die Barbaren
- dtv
- Erschienen: Januar 2008
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- München: dtv, 2008, Seiten: 238, Originalsprache
Grenzwertiger Grenzfall
Er geht auf Serie, der deutsche Kommissar Felix Bollinger. Nachdem er bereits 2007 ein erstes mal ermitteln durfte (Bollinger und die Friseuse), liefert Autor Wolfgang Brenner prompt mit Bollinger und die Barbaren einen Nachfolger.
Bollinger, der tragische Held mit der Extraportion Charme, hat nach einem Zwischenfall mit tödlichem Ausgang seine Karriere erst mal auf Eis legen müssen. Er ist nun das Versuchskaninchen in einem deutsch-französischen Polizeiprojekt und leitet eine Polizeidienststelle im französischen Dörfchen Schauren. Die zwei französischen Polizisten Miller und Strasser müssen sich seinen Weisungen unterordnen. Und Bollinger beweist, dass trotz allgegenwärtiger Vorurteile (nicht nur von Franzosen gegenüber Deutschen und umgekehrt, sondern auch gegenüber den Bewohnern des nächsten Dorfs) letztlich doch alle das Herz auf dem rechten Fleck haben.
Bollinger und die Frauen
Während eines Schäferstündchens mit Nachbarin Lotte - dummerweise die Frau von Bürgermeister Brück - wird Bollinger von den Sirenen der Feuerwehr gestört und zum Wackersberg gerufen, dem Schandfleck Schaurens. Dummerweise findet sich in den abgebrannten Ruinen die Leiche eines Mannes. Eine Spur führt zu den Hagenaus, ein Vater mit zwei Erwachsenen Söhnen, die das untere Ende der sozialen Leiter in Schauren repräsentieren. In ihrem Haus im Wald leben sie wie die Barbaren und halten sich mit Autoreparaturen und -exporten (nach Polen...) über Wasser. Doch seit neuestem wohnt die junge Polin Agneta bei den drei Männern - ist sie eine Sexsklavin?
Bürgermeister Brück kommt der Brand sehr gelegen, wo er doch gerade erst einen Vertrag mit einer internationalen Musicalproduktionsfirma über den Bau eines Musicaltheaters auf eben jenem Wackersberg geschlossen hat. Und gerade deren Chef scheint bei einer zufälligen Begegnung in Schaurens Supermarkt in Agneta die neue Hauptdarstellerin für sein Musical gefunden zu haben. Egal, dass sie nicht singen kann. Aber nicht egal, dass Bollinger Agneta eigentlich gerade aus den Klauen der Hagenaus retten wollte, zumal es mit Lotte Brück momentan nicht zu laufen scheint. Ja, das sind schon Probleme, die die Polizei im deutsch-französischen Grenzland hat...
Krimi oder Heimatroman?
Durchaus kurzweilig ist er ja, dieser Bollinger-Roman. Doch man darf nicht mit der falschen Erwartungserhaltung an diese Geschichte heran gehen. Wer sich nämlich auf einen rasanten Krimi freut, der wird vermutlich recht bald den Bollinger am liebsten in die nächstgelegene Ecke pfeffern wollen. Allenfalls als überspitzte Form eines Regionalkrimis kann die Geschichte punkten. Dorfstrukturen und Nachbarschaftsneid kann der Autor ebenso gut mit der Handlung kombinieren wie die wechselhafte Geschichte der lothringischen Grenzregion.
Überzeichnete Charaktere noch und nöcher und eine leider zu dünne Verbrechensgeschichte lassen jedoch darüber Zweifel aufkommen, wie sehr dem Autor daran gelegen war, einen echten Krimi oder doch nur eine "blau-weiß-rote Geschichte" nach dem Strickmuster eines Gustl Bayrhammer - Gott hab ihn selig - zu erzählen, in der zufällig ein Kommissar die Hauptrolle spielt. Wie dem auch sei, Spaß macht es trotzdem.
Wolfgang Brenner, dtv
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