Lügen, verdammte Lügen
- dtv
- Erschienen: Januar 2007
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- London: Little, Brown, 1999, Titel: 'Blood sinister', Seiten: 308, Originalsprache
- München: dtv, 2007, Seiten: 380, Übersetzt: Susanne Aeckerle
Frischer Wind in der Metropolitan Police
Lügen, verdammte Lügen ist der erste in deutscher Übersetzung erschienene Krimi aus der Feder der Britin Cynthia Harrod-Eagles. In England erschien er 1999 als achter Band der Bill Slider-Serie unter dem Titel Blood Sinister.
Die vielseitige Autorin hat einen längeren Anlauf gebraucht, um in Deutschland Fuß zu fassen. Ihre bekannteste Historiensaga, die "Morland Dynastie" bringt es bereits auf dreißig Bände, von denen noch kein einziger in Deutsch veröffentlicht wurde. Stattdessen konnte sie im historischen Genre mit der Kirow-Trilogie überzeugen. Mit der Figur des Polizisten Bill Slider wagte sich Harrod-Eagles auf ein neues Terrain. Sie bezeichnet die Serie selbst als Polizeiromane, in denen allerdings nicht allein das Verbrechen im Vordergrund steht. Die privaten Erfahrungen der Ermittler spielen eine ebenso wichtige Rolle.
Liebe oder Rache?
Die Publizistin Phoebe Agnew wurde in ihrer Wohnung erwürgt. Agnew ging mit Politikern, Juristen und Polizisten, wann immer sie konnte, hart ins Gericht. War also Rache das Motiv für den Mord an der ehrgeizigen Journalistin?
Bekannte der Toten sagen aus, sie habe zuletzt einen aufgewühlten Eindruck gemacht und erheblich mehr Alkohol als sonst getrunken. An diesem Abend hatte Phoebe Agnew allerdings, gegen ihre sonstige Gewohnheit, gekocht und mit einem Besucher zu Abend gegessen. Spermaspuren und der Zustand, in dem sie aufgefunden wurde, deuten auf einen Sexualmord. Kam ihr alter Studienfreund Josh Pentriss zu einem Rendezvous, das außer Kontrolle geriet?
Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht
Josh Pentriss verstrickt sich zunehmend in Widersprüche, zudem setzt er offensichtlich seine Ehefrau Noni unter Druck. Erst gibt sie ihrem Ehemann ein Alibi für den Abend, um kurz darauf die veränderte Version seiner Aussage zu bestätigen. Da ihn ein Augenzeugenbericht belastet, gibt Josh schließlich zu, Phoebe Agnew kurz besucht zu haben. Danach sei er zu einer Verabredung mit einem Politiker gefahren, was dieser allerdings nicht bestätigt.
Den letzten Rest an Glaubwürdigkeit büßt Pentriss ein, als das Sperma im Körper der Toten als seines identifiziert wird. Dennoch beharrt er darauf, nicht mit Phoebe Agnew geschlafen und ihr keinerlei Gewalt angetan zu haben. Tatsächlich kann Pentriss kein überzeugendes Motiv nachgewiesen werden. Steckt doch ein politisches Komplott hinter dem Mord an der scharfen Kritikerin?
Die Polizei in Shepherd's Bush...
unterscheidet sich nicht wirklich von der in New Scotland Yard oder der in anderen Städten Englands. Der Chef sorgt sich vornehmlich um das Ansehen seiner Truppe bei Politikern und in der Presse. Er will Ergebnisse sehen und möglichst vermeiden, das jemand Wichtigem auf dem Schlips getreten wird. Dieser Typ eines Polizeichefs findet sich häufig in der Kriminalliteratur. Dennoch gehören die seltenen, aber stets witzig geschriebenen Auftritte des Detective Superintendant Porson zu den Highlights der Geschichte:
"Wie ist die momentane Situation in Bezug auf die Verstorbene? Geben Sie uns einen Stasi-Report"
Porson benutzte Sprache mit dem zarten Anschlag eines Mannes in Boxhandschuhen, der Cembalo spielt.
Genauso charmant werden auch die anderen Kollegen in Sliders Team charakterisiert, in ihren Schwächen und Spleens findet sich jeder Leser irgendwo wieder. Auch Detective Inspektor Slider ist ein Typ mit Kanten und privaten Sorgen. Wird er über seinen Schatten springen und seiner Lebensgefährtin Joanna eine Karriere im Ausland ermöglichen? Mit einer Sprache im brachentypischen Jargon und privaten Triumphen und Tragödien, haucht Cynthia Harrod-Eagles ihren Figuren Leben ein.
Alles anders, als man denkt
Im Mordfall Phoebe Agnew mangelt es nicht an Verdächtigen und Motiven. Geschickt entwirft die Autorin das Persönlichkeitsprofil der Toten, als das einer radikalen Linken, die sich im Bereich des investigativen Journalismus einen berüchtigten Namen gemacht hat. Ihr ungezwungener Lebensstil passte offenbar gut zu ihrer Anti-Establishment Gesinnung. Oder überdeckt er lediglich eine innere Lehre? Schritt für Schritt enthüllt die Autorin die Abgründe im Leben der souveränen Karrierefrau.
Josh Pentriss wird zunächst als Hauptverdächtiger aufgebaut. Die Autorin spielt so mit dem detektivischem Ehrgeiz des Lesers. Sie gibt ihm das Gefühl, der Lösung auf der Spur zu sein und führt ihn doch immer wieder auf falsche Fährten.
Inhaltlich ist Lügen, verdammte Lügen kein wirklich innovativer Krimi. Er unterhält vielmehr mit köstlichem Humor und einer Story voller überraschender Wendungen, die zum Miträtseln animiert. Der sympathische Bill Slider erscheint wie ein frischer Wind, der durch die britische Krimilandschaft weht.
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