Niederschlag

  • Pulp Master
  • Erschienen: Januar 2008
  • 2
  • St. Leonards: Allen & Unwin, 1997, Titel: 'The Fallout', Originalsprache
  • Berlin: Pulp Master, 2008, Seiten: 262, Übersetzt: Ango Laina & Angelika Müller
  • Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hörbuch, 2009, Seiten: 1, Übersetzt: Peter Tabatt, Bemerkung: MP3
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Thomas Kürten
72°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2008

Technischer K.O.

 

Es gibt zwei Faktoren, die gegen mich arbeiten: Technik und Zeit. Es wird immer schwieriger, irgendwo einzubrechen, und die Leute, denen ich vertrauen konnte, sind alle tot.

 

So beschreibt Wyatt im sechsten und wohl letzten Band der Reihe (im Original bereits 1997 erschienen), die Ursachen seines Überdrusses, seiner Müdigkeit, seiner fehlenden Motivation. Wyatt, ein Meister seines Faches. Der letzte übrig gebliebene in einer Welt, in der nun brutale Junkies und Halbstarke ihre Raubzüge mehr oder weniger planlos durchziehen und sich dann ihren Fluchtweg freischießen. Eine Welt, in der winzige Fehler immer mehr drohen bestraft zu werden.

Raymond ist in dieser Welt noch eine Ausnahme. Der Neffe von Wyatt - in Niederschlag hat er seinen ersten Auftritt - tappt auf den Spuren seines Onkels. Auf gut durchdachten Beutezügen durch Bankfilialen in Provinznestern ergaunert er sich das Geld, mit dem er anschließend im Casino den reichen Sohn aus gutem Hause mimen kann. Hier werden Vallance und Allie auf ihn aufmerksam, die einen Goldmünzenschatz aus einem versunkenen Boot heben wollen und dafür Teilhaber an ihrem Unternehmen suchen. Doch Raymond hat kein Geld flüssig, nachdem der letzte Raubzug misslang. Zwei Aufträge sollen für ihn das notwendige Startkapital besorgen: Als Fahrer bei einem Gefängnisausbruch kann er noch allein arbeiten, doch für einen Kunstraub braucht er einen Partner.

Wyatt selbst ist wieder einmal knapp der Polizei entkommen. Nach einer zufälligen Begegnung mit seinem Neffen, den er jahrelang nicht mehr gesehen hat, überkommt ihn etwas Unbekanntes: Es regen sich Gefühle in ihm. Blut ist dicker als Wasser. Familienbande leiten ihn, als er sich kurzerhand auf die gemeinsame Planung des Kunstraubes einlässt. Doch er ahnt weder die anderen Pläne und Taten seines lieben Neffen, noch wen Raymond da gerade aus dem Knast holen soll. Steer hat nämlich noch eine ganz alte Rechnung mit Wyatt offen und sieht nun seine Chance gekommen, diese Rechnung zu begleichen.

Abschied mit offenem Ende

Niederschlag beginnt genau da, wo Port Vila Blues aufhörte. Wyatt und die Polizistin Liz Redding kommen nach der langen Überfahrt aus Vanuatu wieder in Australien an. Ohne den unmittelbaren Vorgängerroman wäre Wyatt nicht wieder zu erkennen: Ein müder Ganove, der für seine letzte Beute wenigstens noch ein paar Dollar abkassieren will. Jemand, der sein Misstrauen, das ihn immer vor größerem Schaden geschützt hat, zu verlieren scheint. Nur die Mischung aus Mitleid und Schuld, die er gegenüber seinem Neffen verspürt, lassen ihn so schnell wieder einen Job machen. Er will dabei seinen Neffen lernen lassen, denn der hat zwar von seinem Onkel das nötige Misstrauen, aber auch eine Naivität und Neigung zur Gewalt, wie sie der jungen Generation von Verbrechern anhaften.

In der Konfrontation der beiden Generationen verdeutlicht sich das Dilemma des Autors. Moderne Technik, immer intelligentere Ermittlungsmethoden bzw. Überwachungseinrichtungen erschweren die Art von Raubzügen, die Wyatt sein Metier nennt. Seine Art von Einbrüchen ist nicht mehr zeitgemäß. Wie das inzwischen gemacht wird, demonstriert Neffe Raymond. Doch Wyatt weiß, dass wer die Gefahr sucht, darin umkommen wird.

Disher hat gut daran getan, diesen Roman rein zeitlich direkt an das Ende des Vorgängerromans anzuordnen. In Port Vila Blues hat die Verwandlung des stets cleveren und vorsichtigen Meistergauners in den nachdenklichen Wyatt, der eine Art Sinnfindungsphase durchlebt, stattgefunden. Zudem benutzt der Autor drei Figuren, die die innere Zerrissenheit Wyatts hervorragend transportieren: Raymond, der ihm zu erkennen gibt, dass seine Art von Verbrechen kaum noch Erfolg verspricht; Liz Redding, die ihm eine Perspektive für einen Ausstieg darstellt; und Steer, der einzige Feind, der ihm das Wasser reichen könnte.

Obwohl Niederschlag ein offenes Ende hat, ist die Aussage des Autors an dieser Stelle klar. Es wird kein weiteres Abenteuer mit Wyatt geben. So sehr das Fans dieser Serie bedauern mögen, muss dem Autor zugestanden werden, ein packendes und bis zur letzten Zeile fesselndes Ende für seinen Helden geschaffen zu haben. Goodbye, Wyatt!

Niederschlag

Garry Disher, Pulp Master

Niederschlag

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