Wofür es sich zu sterben lohnt
- Goldmann
- Erschienen: Januar 2008
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- Stockholm: Forum, 2006, Titel: 'Ett liv att dö för ', Originalsprache
- München: Goldmann, 2008, Seiten: 400, Übersetzt: Christel Hildebrandt
Mord multikulturell
Wofür es sich zu sterben lohnt ist der fünfte Krimi in der Reihe mit der Stockholmer Polizistin Monika Pedersen. Die schwedische Autorin Åsa Nilsonne teilt eine Vorliebe mit ihrem berühmten Kollegen Henning Mankell, nämlich die für Afrika. Ihre Romane spielen zum Teil in einem der ärmsten Länder der Welt, in Äthiopien. Åsa Nilsonne hat dort einen Teil ihrer Kindheit verbracht und besucht das Land, so oft sie kann. Schon dieser kulturelle Sprung zwischen Afrika und Skandinavien verspricht Abwechslung und ein besonderes Flair.
Bekam Juri was er verdiente?
Nach ihrer Beinverletzung wird Monika Pedersen zunächst auf einer Halbtagsstelle beschäftigt. Mit ihrem ebenfalls halbtags arbeitenden und extrem unmotivierten Kollegen Bosse soll sie den Mord an einem 19-jährigen Schüler aufklären, der als gewalttätiger Krimineller und rücksichtsloser Macho galt. Viele Personen hatten einen guten Grund, Juri zu erstechen. Mathildas Vater entdeckt in einem Pornomagazin ein Sexfoto mit Juri und seiner Tochter. Der Freund der Schulpsychologin Louise muss auf einem Schulvideo mit ansehen, wie Juri sein Mädchen brutal gegen die Wand drückt. Und der afrikanische Mitschüler Theo gibt ihm versehentlich ein Geheimnis preis, mit dem Juri ihn erpressen und erniedrigen kann.
Der Schein des Erfolgs trügt
Die Ärztin Mariam GebreSelassie floh mit ihrem Sohn Theo vor dem gewalttätigem Ehemann zurück in ihre Heimatstadt Addis Adeba. Sie träumt davon, dort ein für ganz Afrika richtungweisendes Röntgenzentrum aufzubauen.
Mariams Sohn soll auf eine gute Schule gehen und sie möchte sich ein paar Annehmlichkeiten nach dem harten Klinik-Alltag gönnen. Da kommt ihr der fesche TV-Moderator und Journalist Salomon gerade recht. Um ein besseres Leben finanzieren zu können, nimmt Mariam einen dubiosen Job an, mit dem sie niemandem zu schaden glaubt.
Starke und sympathische Frauen
Monika Pedersen ist zuerst Mensch und dann Polizistin. Trotzdem freut sie sich wieder dabei zu sein und stürzt sich mit Feuereifer in die Arbeit. Ärgerlich sind für sie allenfalls Zufallserfolge des lustlosen Kollegen, die sie scheinbar ins Hintertreffen geraten lassen.
Doch Monikas große Chance kommt, als ihr wichtigster Zeuge Theo nach Äthiopien flieht, denn sie kennt das afrikanische Land. Die schwedische Ermittlerin lernt dort eine interessante äthiopische Kollegin kennen. Tigist HaileGaebriel arbeitet mit unkonventionellen, nicht immer ganz sauberen, aber erstaunlich effektiven Ermittlungsmethoden und - sie glaubt an Geister.
Mordopfer auf der ganzen Welt
Åsa Nilsonnes fünfter Krimi hinterlässt einige Leichen auf insgesamt drei Handlungsebenen. Motive und Umstände der Verbrechen könnten unterschiedlicher nicht sein und doch hängen sie alle irgendwie zusammen. In Wofür es sich zu sterben lohnt kommt auf keiner Seite Langeweile auf. Mit hohem Tempo springt die Storyline von Ereignis zu Ereignis und von Ort zu Ort. In den Kapiteln, die nicht unmittelbar die Verbrechen beschreiben, zeichnet die Autorin die menschlichen Schicksale derjenigen, die an den Taten beteiligt sein könnten.
Leider gelingt es Åsa Nilsonne nicht, ihre spannend erzählten Geschichten einer Gesamthandlung unterzuordnen. Die Zusammenführung der Handlungsfäden wirkt übers Knie gebrochen und kann auch logisch nicht überzeugen. Die Gründe und Zielen für die eine oder andere Aktion bleiben dem Leser verborgen, die Naivität der Protagonisten wirkt zum Teil absurd.
Unterschiedliche soziale Strukturen
In Wofür es sich zu sterben lohnt bietet Åsa Nilsonne einen faszinierenden Einblick in die Gesellschaft Äthiopiens, die der schwedischen gegenüber gestellt wird. Besonders interessant sind nicht nur die andere Zeiteinteilung und die Auswirkungen eines Lebens in 2000 Metern über dem Meeresspiegel. Es gilt in Äthiopien als soziale Verantwortung, dass diejenigen, die es sich leisten können, Dienstboten beschäftigen. Tigist HaileGaebriel kann nicht begreifen, dass die Schweden sich selbst um den Haushalt kümmern und lieber Steuern dafür bezahlen, damit die Arbeitslosen vom Staat versorgt werden. Darüber hinaus stellen ein tiefer, christlicher Glaube und heidnische Opferrituale keinen Widerspruch da.
Zu einem außergewöhnlichen Krimi gehört ein schlüssiger Plot
Åsa Nilsonne präsentiert in Wofür es sich zu sterben lohnt vieles, was einen Roman lesenswert macht Ihre Figuren sind frisch und originell charakterisiert, die Schauplätze interessant und detailliert beschrieben und die Atmosphäre stimmig und dicht gewoben.
Allerdings bleibt am Ende ein unbefriedigendes Gefühl zurück, denn man hat den Eindruck, etwas Wesentliches verpasst zu haben. Ein roter Faden ist in der Handlung kaum auszumachen, es fehlt an einem nachvollziehbaren Aufbau. Das Finale hat Åsa Nilsonne zwar spektakulär und spannend in Szene gesetzt, es kann aber dennoch nicht voll überzeugen Zu viele Handlungsstränge werden nicht aufgelöst und es bleiben eine Menge Fragen offen.
Åsa Nilsonne, Goldmann
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