Der Reporter / Das mörderische Paradies

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 1988
  • 2
  • New York: Atheneum, 1982, Titel: 'In the Heat of Summer', Seiten: 311, Originalsprache
  • München: Heyne, 1988, Titel: 'Das mörderische Paradies', Seiten: 363, Übersetzt: Sepp Leeb
  • München: Pavillon, 1999, Titel: 'Das mörderische Paradies', Seiten: 363, Übersetzt: Sepp Leeb
  • München: Knaur, 2018, Seiten: 432, Übersetzt: Anke & Eberhard Kreutzer
Der Reporter / Das mörderische Paradies
Der Reporter / Das mörderische Paradies
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Brigitte Grahl
65°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2008

Debütkrimi neu aufgelegt

"Schon mal daran gedacht, dass der Irre die Aufmerksamkeit braucht, die er in der Presse und im Fernsehen kriegt? Dass ihr ihn damit zu noch sensationelleren, abscheulicheren Verbrechen anstacheln könntet?" "Ja", bekannte ich, "selbstverständlich. Aber was rätst du mir? Soll ich ihn ignorieren? Wenn ich das täte, würde er vielleicht trotzdem weiter morden, egal, was ich oder jemand anders darüber schreibt." "Macht dir das alles nicht zu schaffen?" "Bis jetzt nicht."

Polizeireporter Malcolm Anderson berichtet über den rätselhaften Mord an einer jungen Frau. Die Reportage gerät ihm so gut, dass ihn der Täter in der Redaktion anruft und weitere Morde ankündigt, über die Anderson exklusiv berichten darf.

Der Reporter wird zwar von moralischen Skrupeln geplagt, aber die berufliche Neugierde und die Sucht nach Ruhm siegen und er lässt sich auf den Deal mit dem Mörder ein. Es ist schließlich sein Job, und wenn er es nicht macht, tut es ein anderer.

Während die Mordserie wie angekündigt weiterläuft, kommen sich Mörder und Reporter immer näher. Der Mörder ruft Anderson unter seiner Privatnummer an und erzählt ihm Episoden aus seiner Vergangenheit und Details zu den Morden. Anderson glaubt, schlauer als der Killer zu sein.

Der Reporter wird zu einer Figur im Spiel des Mörders

Er enthält den ermittelnden Polizisten Informationen vor und versucht, den Täter auf eigene Faust zu überführen. Zu spät erkennt er, dass der Serienkiller die Regeln bestimmt und er selbst zu einer Figur in dessen Spiel geworden ist. Er ist kein außenstehender Beobachter mehr, der über das Leid anderer Menschen berichtet, er ist auf einmal selbst davon betroffen.

Wem Namen und Handlung bekannt vorkommen: "Der Reporter" erschien schon 1988 in Deutschland bei Heyne unter dem Titel "Das mörderische Paradies" und ist das Debüt von John Katzenbach. Droemer Knaur, bei dem sich jetzt das Gesamtwerk des Autors befindet, hat das Buch mit einem neuen Titel herausgebracht, der zu denen seiner übrigen Romane passt, wie "Das Opfer", "Der Fotograf" oder "Die Rache".

Als Einstieg in Katzenbachs Werk ist das Buch nicht unbedingt repräsentativ

Fans von John Katzenbach haben das Buch sicher schon unter dem alten Titel gelesen, und es ist zu befürchten, dass sich der eine oder andere das Buch kauft, weil er es für ein neues Werk hält. Für alle übrigen ist "Der Reporter" als Einstieg in Katzenbachs Werk nicht unbedingt repräsentativ, denn als Erstling hat es seine Schwächen, und den lange zurückliegenden Entstehungszeitraum merkt man dem Buch an.

Es wurde in einer Zeit geschrieben, als es noch keine Handys und kein Internet gab. Andererseits ist das Thema, das es behandelt, aktueller denn je. Es geht um das moralisch bedenkliche Zusammenspiel von Medien und den Objekten der Berichterstattung, und um die Sensationsgier von Presse und Publikum. Im Vergleich zu den heutigen Auswüchsen der medialen Berichterstattung wirkt der Protagonist sogar noch recht reflektiert.

"Sie haben recht, wir würden nie auf eine Story verzichten, sie nie zurückhalten, selbst, wenn der Mörder sich morgen bei Ihnen meldet und Ihnen gesteht, er würde nur wegen der Publicity weitermachen. Das ist das Dilemma, der Haken an der ganzen Sache." "Fragt sich nur, wie weit es mit uns gekommen ist, wenn wir achselzuckend unsere Mittäterschaft rechtfertigen nach dem Motto: So ist das nun mal in unserem Gewerbe."

In Katzenbachs Debüt findet sich viel Autobiografisches. Wie sein Held ist er Gerichtsreporter in Miami gewesen. Die kritischen Gedanken, die sich der Protagonist über seinen Berufsstand macht, dürften die von Katzenbach gewesen sein.

Auch die Traumatisierung durch den Vietnamkrieg, die im Buch eine große Rolle spielt, war zu seiner Entstehungszeit noch ein gesellschaftlich akutes Problem. Wenn man das Buch heute liest, erscheint es allerdings etwas altmodisch, ebenso wie die Ermittlungen, die ohne digitale Techniken auskommen müssen.

Die erste Hälfte des Buches wird durch lange Telefonmonologe des Killers bestimmt, die leider die Spannung ziemlich ausbremsen und mit der Zeit nerven. Man wünscht sich mehr Action und weniger philosophische Abhandlungen. Schließlich ist "Der Reporter" ein Krimi.

Erst in der zweiten Hälfte nimmt die Handlung an Fahrt auf und wird richtig spannend, bis zu einem unerwarteten Ende. Das versöhnt wieder mit Katzenbach, der sich in seinem Erstling etwas traut, was nur wenige Kollegen wagen: ein offenes Ende. Das allerdings auch verdeutlicht, dass es Katzenbach mehr um den Reporter und dessen innere Entwicklung ging, als um den Täter.

Alles in allem ist und bleibt "Der Reporter" ein solider Krimi, der noch Anfängerschwächen hat, sich aber auch mit seiner Tiefe der Themen aus der Krimi-Durchschnittsmasse heraushebt. Das Buch macht nachvollziehbar, warum Katzenbach inzwischen ein Erfolgsautor geworden ist.

Der Reporter / Das mörderische Paradies

John Katzenbach, Heyne

Der Reporter / Das mörderische Paradies

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