Den du nicht siehst

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2004
  • 6
  • Stockholm: Bonnier, 2003, Titel: 'Den du inte ser', Originalsprache
  • München: Heyne, 2004, Seiten: 383, Übersetzt: Gabriele Haefs
  • München: Heyne, 2005, Seiten: 383
  • Hamburg: Hörbuch Hamburg, 2007, Seiten: 5, Übersetzt: Walter Sittler
Den du nicht siehst
Den du nicht siehst
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Eva Bergschneider
62°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2008

Mörderischer Sommer auf Gotland

Die Journalistin Mari Jungstedt legte im Jahr 2003 mit Den du nicht siehst ein viel beachtetes Krimi-Debüt vor. Die Serie mit dem Ermittler Anders Knutas spielt auf Gotland, einer südöstlich vom schwedischen Festland gelegenen Insel, die Jahr für Jahr zahlreiche Touristen anlockt. Außerhalb der Saison ist nicht viel los, jeder Gotländer kennt jeden und Fremde fallen sofort auf.

Man darf gespannt sein, wie Mari Jungstedt ein Gewaltverbrechen in dieser friedlichen Umgebung inszeniert. Das ZDF strahlte im Dezember 2007 die ersten beiden Krimis Den du nicht siehst und Näher als Du denkst der schwedischen Autorin als TV-Serie aus.

Die Stimmung kippt

Helena und Per verbringen ein paar Tage in ihrem Ferienhaus auf Gotland und nutzen die Gelegenheit, alte Freunde einzuladen. Die Stimmung in der feucht-fröhlichen Runde kippt, als Kristian, der einzig Single, mit Helena flirtet. Per reißt ihm seine Freundin aus den Armen, anschließend kommt es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung. Am nächsten Morgen wird Helena mit einer Axt erschlagen aufgefunden. Die Polizei nimmt Per fest, obwohl niemand glaubt, dass er der Mörder ist. Erst als eine weitere Frau in den Dreißigern brutal ermordet wird, beginnt die Suche nach einem Serienkiller.

Jagd auf den Axtmörder

Anders Knutas gerät unter Zeitdruck, denn die Presse sitzt ihm im Nacken und die Feriensaison steht unmittelbar bevor. Die Opfer scheinen, abgesehen vom Alter und der Tatsache, dass erst vor kurzem nach Gotland gekommen sind, nichts gemeinsam zu haben. Der Täter stopfte den Ermordeten ihren Slip in den Mund, hinterließ aber sonst keine Spur, die auf ein sexuelles Motiv deutet. Offensichtlich hat er die Gewohnheiten der Frauen gut gekannt. Ist der Mörder Gotländer, oder kommt er von außerhalb? Ein ehemaliger Lehrer, der mit Helena während ihrer Schulzeit eine Affäre hatte und ihr Freund Kristian verstricken sich in Widersprüche. Aber was könnte einen dieser Männer dazu bringen, ihre ehemalige Geliebte und weitere Frauen bestialisch ermordeten?

Der Journalist ermittelt mehr als die Polizei

Lokalredakteur Johan Berg wittert die Chance, das Sommerloch mit einer aufregenden Story zu überbrücken. Er folgt dem Täter auf eigene Faust und nutzt die Chance, einer engen Freundin des ersten Opfers, der verheirateten Emma, näher zu kommen. Der Ermittlungsleiter der gotländischen Polizei Anders Knutas gehört nicht zu den Polizisten, die ständig persönliche Probleme zu bewältigen haben. Mit seiner Ehefrau Line und ihren Kindern führt er ein Familienleben, wie es nicht glücklicher sein könnte. Knutas Privatleben stellt eine erfrischende Abwechslung zu den sonst häufig scheiternden Polizistenehen dar. So sehr Jungstedts Serienermittler auch als Mensch überzeugt, im Job verhält er sich oft dilettantisch. Man fragt sich etwas zu oft, warum die Polizei die beste Freundin nicht eingehender befragt, oder einem Hinweis nicht eher nachgegangen ist. Schließlich bestärkt der Journalist, der den Profis oft eine Nasenlänge voraus ist, den Leser in dem Eindruck, dass Knutas und sein Team nicht gerade überzeugen.

Die Atmosphäre passt, die Verschleierungstaktik nicht

Mari Jungstedt nutzt den Mikrokosmos einer idyllischen Ferieninsel als Schauplatz für brutale Serienmorde. Angst legt sich wie eine heranziehende Nebelwand über die ländliche Umgebung. Der harte Kontrast, der durch die Brutalität der Morde und die heitere Stimmung des gotländischen Sommers gezeichnet wird, erzeugt Betroffenheit, ohne den Roman insgesamt in ein düsteres Licht zu tauchen. Die Autorin animiert ihren Leser mit einem leichten Wissensvorsprung dazu, den Spuren des Mörders zu folgen. Leider verschleiert sie diese, trotz zahlreicher falscher Fährten, nicht besonders gründlich. Es wird recht schnell deutlich, wer als Täter in Frage kommt.

Sprachlich weniger überzeugend als andere Schweden

Viele der schwedischen Krimi-Autoren überzeugen durch eine stilsichere, charakteristische Sprache. Mari Jungstedt fällt in der Hinsicht hinter ihren Landsleuten etwas zurück. Ihr Satzaufbau variiert kaum, sondern wirkt häufig wie nach Schema F konstruiert. Lediglich mit reizvollen Beschreibungen der gotländischen Landschaft kann sie sprachlich punkten. Die Autorin schickt zwei Ermittler, den Polizisten Anders Knutas und den Journalisten Johan Berg auf die Spur des Mörders. Ihre unterschiedlichen Arbeitsweisen lockern die Handlung auf, erscheinen jedoch oft etwas oberflächlich abgehandelt. Es fällt dem Leser dadurch schwer, sich mit Anders Knutas zu identifizieren.

Mari Jungstedts Auftaktroman Den du nicht siehst fesselt den Leser mit einer blutig in Szene gesetzten Mordserie auf Gotland. Kenner der Insel wird die Einbettung der Verbrechen in die mit lockerer Hand gezeichnete, schwedische Atmosphäre begeistern. An die schriftstellerische Qualität der großen, skandinavischen Krimi-Autoren reicht der Roman allerdings nicht heran.

Den du nicht siehst

Mari Jungstedt, Heyne

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