Kälter als der Kalte Krieg
- Ullstein
- Erschienen: Januar 1970
- 1
- New York: Morrow, 1966, Titel: 'The Cold War Swap', Originalsprache
- Frankfurt am Main, Berlin: Ullstein, 1970, Titel: 'Der Ein-Weg-Mensch', Seiten: 172, Übersetzt: Wilm W. Elwenspoek
- Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1998, Titel: 'Der Ein-Weg-Mensch', Seiten: 313, Übersetzt: Wilm W. Elwenspoek
- Frankfurt am Main, Berlin: Ullstein, 1982, Titel: 'Der Ein-Weg-Mensch', Seiten: 175, Übersetzt: Wilm W. Elwenspoek
- Berlin: Alexander-Verlag, 2007, Titel: 'Kälter als der Kalte Krieg', Seiten: 264, Übersetzt: Wilm W. Elwenspoek, Bemerkung: Durchgesehen und überarbeitet von Gisbert Haefs und Anja Franzen
- London: Hodder & Stoughton, 1967, Titel: 'Spy in the Vodka', Originalsprache
Heißer als ein heißer Geheimtipp
1967 gab es die erste in einer ganzen Reihe von Auszeichnungen, den Edgar für das Beste Debüt mit The Cold War Swap für Ross Thomas. Bemerkenswert an diesem inzwischen vierzig Jahre alten Agentenroman ist die Tatsache, dass der Roman eines amerikanischen Autors in Deutschland spielt, in einer Zeit, da die Geheimdienste der Siegermächte noch immer ihre Animositäten auf deutschem Boden austrugen. Und Thomas kannte Deutschland aus seiner Zeit als Korrespondent und anschließend politischer Berater exzellent, wie seine Ortskenntnisse und zahlreiche Spitzfindigkeiten unterstreichen.
Protagonist und Ich-Erzähler Mac MacCorkle hat sich bereits in den 50er-Jahren aus der amerikanischen Armee verabschiedet und in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn eine Kneipe eröffnet. Da er jedoch bei Gründung über keinerlei Mittel verfügte und notwendige Ausschanklizenzen nicht erhalten hätte, kam ihm der Einstieg des Agenten Mike Padillo, der als Teilhaber eine perfekte Tarnung erwarb, geradezu recht. Lange Zeit lief das Geschäft ruhig und erfolgreich, aber dann eines Tages...
In der Klemme
... erscheint ein Mann namens Maas in Mac's Bar, der sich mit einem anderen Agenten treffen will. Dieser andere Agent wird von zwei Killern erschossen, woraufhin Maas und Padillo unverzüglich aus der Bar fliehen. Padillo meldet sich bald aus West-Berlin, er braucht schleunigst Geld und Unterstützung seines Freundes. Mac gerät in Berlin zunächst zwischen die Fronten, wird vom amerikanischen Geheimdienst und anderen Agenten bedrängt und gelangt schließlich, zusammen mit einem anderen Weggefährten aus Bonn zu Padillo, der inzwischen im Ostteil der Stadt untergetaucht ist. Hier bereitet dieser die Entführung von zwei US-Agenten vor, die zum KGB übergelaufen waren, doch aufgrund ihrer Homosexualität nicht zu Propagandazwecken herhalten konnten. Doch warum will Padillo die beiden entführen, wenn offenbar eine Rückgabe an die Amerikaner bevorsteht?
Besonders überzeugend an diesem Roman ist die sehr treffende Beschreibung der Bonner Beschaulichkeit. Ein gesichtsloses Provinznest, in dem sich Diplomaten und Agenten die Klinken in die Hand geben und nur die abgebrühtesten Zeitgenossen es auch noch wagen, einen Heller für sich einzufordern. Genauso gut Berlin, die beklemmende Atmosphäre der geteilten Stadt, Dramen und Schicksale an der berühmten Mauer, Schnappschüsse aus West und Ost und von den grenzwandernden Agenten, die einen großen Spielplatz für ihren Kalten Krieg haben.
Mit deutschen Augen geschrieben
Ross Thomas vollbringt mit seinem Debütroman aber auch das Kunststück, die volle Absurdität von Agentenaustausch, Überläufern, Geheimdiensten und den Geschäftemachern trotz Ich-Erzähler mit einer Distanz zu erzählen, die bemerkenswert ist. Natürlich sind seine Protagonisten Amerikaner, zu einem Kampf Gut gegen Böse verkommt sein Roman deswegen jedoch keinesfalls. Man muss ihm zugestehen, dass er mit der sehr Amerikakritischen Sichtweise des Deutschen Herrn Maas durchaus eine Wahrnehmung von den Amerikanern in der Welt beschreibt, die damals schon zutraf und ihre Gültigkeit bis heute behalten hat. An dieser Stelle mutige Worte aus dem Munde eines Amerikaners.
Genauso süffisant kann er jedoch die Mentalität der Deutschen in wenigen Worten skizzieren. Zitate wie: "Ich kaufte mir den SPIEGEL, um mich über die jüngsten deutschen Vorurteile zu informieren" sind entlarvend und aufgrund ihrer Schlichtheit immer wieder ein Genuss. Seine Pointen sitzen, die Sprache ist ein Genuss, die Handlung äußerst raffiniert konstruiert und die Handlungsorte wirken authentisch. Großes Lob für einen Agentenroman, der ähnlich wie ein Billy-Wilder-Film auch nach vierzig Jahren noch brillant unterhalten kann.
Ross Thomas, Ullstein
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