Russisches Abendmahl

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2007
  • 4
  • München: Heyne, 2007, Seiten: 500, Übersetzt: Nicolai von Schweder-Schreiner
Russisches Abendmahl
Russisches Abendmahl
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Wolfgang Weninger
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2007

Die russische Seele an die Nachfolger der Geheimdienste verkauft

Der Heyne-Verlag hat den Erstling Volk´s Game des Amerikaners Brent Michael Ghelfi als Heyne Hardcore unter dem Titel Russisches Abendmahl in der Übersetzung von Nicolai von Schweder-Schreiner veröffentlicht und sieht das Buch als Nachfolger des 1981 erschienenen Thrillers Gorki-Park von Martin Cruz Smith.

Der erste Unterschied findet sich bereits bei den handelnden Personen. Während sich im Gorki-Park Chefinspektor Arkadi Renko um zwei grausige Morde kümmern musste, treibt in Russisches Abendmahl der Ganove Alexej Volkov sein Unwesen. Volk latscht mit seiner Beinprothese, angeblich einem Souvenir aus dem Tschetschenienkrieg, durch Moskau, immer auf der Suche nach einer illegalen Betätigung. Begleitet wird er von der blutjungen Valja, einer tödlichen Kampfmaschine, die nicht nur mit ihm das Bett teilt, sondern sich nur allzu gerne auch von Frauen verwöhnen lässt, was zwangsläufig zu Schwierigkeiten zwischen den beiden führt.

Die Moskauer Unterwelt wird von zwei Männern beherrscht. Maxim, in dessen Sold auch Volkov steht und der "General", bei dem Volkov ebenfalls in der Schuld steht. Als Maxim erfährt, dass in der Eremitage von St. Petersburg "Leda und der Schwan" von Leonardo da Vinci unter einem anderen Gemälde versteckt ist, beauftragt er Volkov, dieses zu entwenden. Aber auch der General hat ein Auge auf das Kunstwerk geworfen und Volkov und seine Freundin geraten zwischen die Mühlen der verschiedenen Organisationen. Valjas Liebhaberin hat offensichtlich ebenfalls ihre Finger im Spiel und so kämpft Volkov nicht nur gegen die tödlichen Spiele seiner Auftraggeber, sondern muss auch noch seine privaten Probleme in den Griff bekommen ...

Brent Ghelfi zeichnet ein düsteres und vor allem brutales Bild des heutigen Moskau, in dem die Kriminalität regiert und das Überleben davon abhängt, mit wem man sich arrangiert. Sein Titelheld Volk ist der geborene Loser, der zwar keinerlei Bedenken hat, mit blutiger Härte gegen Freund und Feind vorzugehen, hat im Endeffekt aber immer das Nachsehen. Als Boss einer Horde Kleinkrimineller muss er ständig auf der Hut sein, dass er nicht von seinen eigenen Leuten verkauft wird und schlussendlich muss der traurige Hero unter Blut, Schweiß und Tränen auch noch um die Sympathie des Lesers kämpfen.

Schon in Gorki-Park waren die schleichenden Auswirkungen von Glasnost und Perestrojka und der Zerfall der russischen Föderation ein Thema, dass den Leser durch die intensiven Schilderungen des Autors besonders gefesselt hat. In Russisches Abendmahl scheint der Niedergang des Roten Riesen bereits vollends besiegelt. Die russische Seele ist an die Nachfolger der Geheimdienste verkauft, die auf brutalste Weise ihre konkurrierende Geschäfte machen. In diesem Buch gibt es keine normalen Menschen und es regieren Gewalt und Wodka. Volkov erleidet das Schicksal eines Bauernopfers zwischen den Fronten.

Brent Ghelfi versteht es in seinem Erstling hervorragend, das mörderische Szenario zu vermitteln. Er bleibt in seiner Sprache brutaler und deprimierender als es sämtliche russischen Krimiladies bislang waren. Und wenn Lee Child urteilt: "Brent Ghelfi schreibt wie eine Mischung aus Dostojewski und einem Hooligan auf Speed", so trifft er damit den Nagel auf den Kopf, denn von der ersten Minute an setzt der Autor den Leser unter Spannung. Eine Spannung, die durch das komplexe Verwirrspiel lange undurchsichtig bleibt und letzten Endes auch zu einem (für Volkov) unbefriedigenden Schluss kommen muss.

Die atmosphärische Dichte von Gorki-Park kann Ghelfi in seinem Thriller noch toppen. Bei der Konstruktion der Handlung ist Russisches Abendmahl jedoch weniger logisch und reichlich verworren inszeniert, so dass auch der Leser gelegentlich die verschiedenen Gruppierungen zu verwechseln droht. Wer die vermeintlich moderne russische Gegenwart ein Mal aus amerikanischer Sicht lesen will, bekommt mit diesem Buch einen Reißer, der Spannung auf 400 Seiten garantiert.

Russisches Abendmahl

Brent Ghelfi, Heyne

Russisches Abendmahl

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