Mordsfreunde
- Monsenstein und Vannerdat
- Erschienen: Januar 2007
- 23
- Münster: Monsenstein und Vannerdat, 2007, Seiten: 495, Originalsprache
- Berlin: List, 2009, Seiten: 393, Originalsprache, Bemerkung: überarbeitete Fassung
- Hamburg: Hörbuch Hamburg, 2011, Seiten: 6, Übersetzt: Julia Nachtmann, Bemerkung: gekürzt
Manchmal wäre ein Weniger mehr
Noch ein AbsatNele Neuhaus hat durch ihre Ermittler Pia Kirchhoff und Hauptkommissar Bodenstein bereits Eine unbeliebte Frau und deren mörderisches Schicksal aufarbeiten lassen. In ihrem neuen Buch Mordsfreunde darf sich die Kripo mit dem eigenartigen Ableben eines unbeliebten Mannes beschäftigen. Hans-Ulrich Pauly, engagierter Lehrer am Kelkheimer Gymnasium, wird von den jungen Menschen, die ihm anvertraut sind, wegen seines vehementen Einsatzes für den Umweltschutz geradezu göttergleich verehrt, die arrivierten Bürger der Stadt sehen in ihm jedoch eher einen Störenfried, vor allem diejenigen, die an diversen Bebauungsplänen nicht schlecht verdienen.
Doch Pauly wird keinem mehr ins Handwerk pfuschen, denn Teile seines Körpers werden auf dem Gelände des Kronberger Opel-Zoos gefunden. Natürlich beginnen die Kriminalisten sofort in zwei Richtungen zu ermitteln. Zum Einen scheinen sich die Lebensgefährtin und die Ex-Frau des Ermordeten nicht besonders grün zu sein und das hinterlassene Bauernhaus wollen beide für sich beanspruchen, zum Anderen dürfte es einigen Herren des hiesigen Stadtrates nicht unangenehm sein, dass Pauly endlich nicht mehr seine Nase in Angelegenheiten stecken kann, die offensichtlich nicht ganz astrein abgelaufen sind.
Dabei sehen die Ergebnisse der ersten Untersuchungen so aus, als könnte auch der so rechtschaffene Herr Pauly seine Finger in dubiosen Geschäften gehabt haben. Und es macht auch eine ziemlich schräge Optik, dass sich nachts junge Mädchen auf seinem Grundstück getummelt haben und auch sonst ein ziemlich seltsames Kommen und Gehen dort geherrscht hat, das vor Allem den Nachbarn gar nicht recht war.
Und dann sind noch viele andere Menschen aus dem Dunstkreis des Ermordeten, die bei Verhören und durch ihre Handlungen verdächtig wirken. Sei es der Direktor des Zoos oder die Beschäftigten im vegetarischen Bistro "Grünzeug", die im Hinterzimmer eine obskure Internetpräsenz nur für Eingeweihte aufgebaut haben. Und das Bistro gehört ebenso Pauly, wie dessen Lebensgefährtin, doch diese weiß von nichts. Paulys Ex-Frau Mareike Graf und ihr nicht ganz vermögensloser Gemahl hätten gerne auf Paulys Grundstück Häuser gebaut, doch dieser wollte nicht verkaufen, obwohl es ihm bei der Scheidung nur überlassen wurde. Dennoch soll Frau Graf ihm die Kaufsumme noch ein Mal aufgedrängt haben, bevor das Anwesen plötzlich abgefackelt wird ...
Fragen über Fragen drängen sich in Frau Neuhaus neuem Krimi auf. Nach jedem Kapitel präsentiert sie einen neuen Verdächtigen oder das entsprechende weibliche Pendant und alle kommen aus der Ecke der Reichen und Schönen bzw. deren Sprösslingen, die aber allesamt keinen Bock darauf haben, die Wünsche der Eltern so zu erfüllen, wie es sich diese vorstellen. Und auch das gibt Zoff in Hülle und Fülle, so dass sich die Handlung dreht und wendet. Das ist zumindest ein Positivum dieses Kriminalromans, der sehr komplex konstruiert wurde und mit mäßiger Spannung auch bis zum 488 Seiten entfernten Schluss recht ansprechend zu lesen ist.
Beide Ermittler dürfen auch ihr Privatleben und Konflikte im Berufsleben vor dem Leser ausbreiten, wobei dies gottlob nicht in permanenter Schwermut ausartet, sondern in leichte Anklänge einer Liebelei und Flirtversuche in diversen Richtungen ausgespielt wird, wegen derer sich im Endeffekt Pia Kirchhoff auch auf nicht ungefährliche Weise in den Fall verstrickt.
Wenn man Frau Neuhaus für die szenische Aufbereitung ein Lob aussprechen muss, so kann man im gleichen Atemzug auch mit Tadel vermerken, dass ihr zwar Situationen und Dialoge gut aus der Feder fließen, gleichzeitig aber ihr Vermögen atmosphärisch dichte Bilder zu erzeugen, gelegentlich fehlt. Die Beschreibungen der einzelnen Szenarien haben in vielen Fällen den Charme einer Reportage aus der örtlichen Tageszeitung und ähnlich verfährt die Autorin mit den ansatzweise zwar guten Stimmungsmomenten, die aber fast radikal abgewürgt werden, wahrscheinlich, um das Buch nicht zu dick werden zu lassen.
Die Geschichte und die Autorin hätten sicherlich noch mehr Potential gehabt. Da wäre manchmal ein Weniger an Verdächtigen und dafür ein Mehr an Tiefe zweckmäßig gewesen. Im Endeffekt bekommt man mit Mordsfreunde einen leicht überdurchschnittlichen Regio-Krimi, der recht gut unterhält und sicherlich noch für weitere Folgen ausbaufähig ist.
Nele Neuhaus, Monsenstein und Vannerdat
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