Gambling

  • Diogenes
  • Erschienen: Januar 2007
  • 1
  • Zürich: Diogenes, 2007, Seiten: 6, Übersetzt: Jochen Striebeck, Bemerkung: gekürzt
  • London: Michael Joseph, 2006, Titel: 'Under Orders', Seiten: 347, Originalsprache
  • Zürich: Diogenes, 2009, Seiten: 400
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Sabine Reiß
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonNov 2007

Er kann es immer noch

Die Sid Halley-Romane sind quasi die Einstiegsdroge für die Romane von Altmeister Dick Francis. Überraschend, daß nach so langer Abstinenz ein vierter Krimi mit einem Fall für den Ex-Jockey und Privatdetektiv erscheint. Alle anderen Romane haben bis auf eine kleine Ausnahme keinerlei Verbindung miteinander und auch die Halley-Krimis haben nur eines gemeinsam: den Protagonisten. Halley ist wohl die wichtigste Figur in seinen zahlreichen Büchern, nicht nur, weil sie nun viermal auftrat, sondern weil Autor und Romanfigur das gleiche Schicksal teilen: Beide sind Ex-Jockeys, deren Karriere durch einen Sturz beendet wurde.

Francis war vielleicht ebenso erfolgreich wie sein Alter Ego, den er in seiner aktiven Zeit zahlreiche Triumphe feiern ließ, bevor ein grausamer Schicksalsschlag seine Karriere zunichte machte. Sein Pferd stürzte und ein darauffolgendes Tier zerschnitt mit seinem messerscharfen Huf die Sehnen und Muskeln seiner linken Hand, die damit unbrauchbar wurde. Den Unterarm verlor er dann durch einen skrupellosen Kriminellen in ´Nervensache´ und seitdem ist er als einarmiger Rächer der Rennwelt unterwegs.

Sid Haley ist wieder da...

Sein Ruf eilt ihm voraus, denn wie er selbst meint, hätte er die gleiche Wirkung wie ein Polizeiauto, das hinter einem an der Ampel hält: Man hat sofort ein schlechtes Gewissen. Zudem lässt Sid Halley sich auch durch den Einsatz von Gewalt gegen seine Person nicht von seinen Ermittlungen abhalten und ist damit zwar noch lange nicht der personifizierte Gutmensch, aber ein tapferer Kämpfer für Recht und Ordnung. Um zu siegen, tut er alles, auch in seinem zweiten Beruf, und je mehr man ihm zusetzt, desto hartnäckiger verfolgt er eine Spur.

Drei Aufträge gleichzeitig sind für Sid kein Problem. So soll er für einen Beamten der Regierung, der ihn immer wieder mit Aufträgen versorgt, untersuchen, welche Auswirkungen durch das neue Glücksspielgesetz zu erwarten sind. Für Lord Enstone soll er herausbekommen, warum dessen Pferde nicht siegen, wenn sie es eigentlich sollten, und außerdem beschäftigt ihn noch der Tod des Jockeys Hugh Walker, der kurz vor seinem Ableben noch zwei dringend klingende Anrufe auf seinem Anrufbeantworter hinterließ, in denen er durchscheinen ließ, daß sein Leben bedroht werde, was sich schlußendlich als wahr herausstellte. Selbstmord kann man bei gleich drei Kugeln durchs Herz als Todesursache ausschließen!

Dick Francis´ Romane sind bereits zu seinen Lebzeiten Klassiker und leicht verfügbar. Jede Wette, daß nahezu jede öffentliche Bibliothek zumindest einige ältere Francis-Romane im Regal stehen hat, und das zurecht. Wer sich für Pferde und Krimis interessiert, kommt an ihnen sowieso nicht vorbei, aber auch wer für knackige Unterhaltung zu haben ist, wird seinen Spaß daran haben.

Es ist grandios, mit welchem Tempo und welch atemberaubender Spannung Francis den Leser durch seine Story jagt. Allerdings muß man verkraften, daß dabei die Welt, die uns der Autor schildert, nur schwarz und weiß kennt. Politische Untertöne, Sozialkritik und psychologische Feinheiten sucht man in seinen Büchern vergebens. Der Schurke ist schlecht und er muß zur Strecke gebracht werden.

Wer hat es geschrieben?

Der erste Halley-Roman ist bereits 1965 im Orignal erschienen, ein Jahr später in der deutschen Übersetzung unter dem Titel Die Chancen stehen schlecht. Wenn man bedenkt, daß der Held damit nun vierzig Jahre auf dem Buckel hat, dann muß man feststellen, daß er dafür noch recht munter ist, genau wie der Autor, der in diesem Jahr seinen 87. Geburstag feierte.

Schon lange munkelte man, daß seine Frau Mary die Bücher verfasst hätte, was noch dadurch verstärkt wurde, daß nach ihrem Tod im Jahr 2000 kein Francis-Roman mehr veröffentlicht wurde. Dies widerlegt der Autor nun aber mit Gambling und ein weiteres Buch steht zur Veröffentlichung bereit. Egal, wer es geschrieben hat: Es ist äußerst unterhaltsam. Danke Dick Francis (oder seinem Ghostwriter), der dem Leser wieder einige Stunden vergnüglicher Unterhaltung geschenkt hat.Gambling reicht zwar nicht ganz an die Highlights des Autors heran, ist aber gut genug für eine Empfehlung ohne Wenn und Bber.

Gambling

Dick Francis, Diogenes

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