Der treue Feind

  • Droemer
  • Erschienen: Januar 2007
  • 3
  • London: Michael Joseph, 2006, Titel: 'Hidden', Originalsprache
  • München: Droemer, 2007, Seiten: 408, Übersetzt: Michaela Grabinger
  • München: Knaur, 2009, Seiten: 408
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Eva Bergschneider
79°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2007

Aus Misstrauen wird nackte Angst

Nach Die fremde Freundin und Das bleiche Herz erschien nun der dritte Roman von Katy Gardner Der treue Feind (engl. Originaltitel Hidden). Schicksale von Frauen, die in einer Katastrophe enden, finden sich in allen Romanen der englischen Autorin wieder. In "Der treue Feind" ist es das der Aussteigerin Melanie, die ziellos ihren Alltag lebt, bis "Mr. Right" auftaucht.

Eine Warnung sei vorab gestattet: Lesen Sie bitte nicht den Text auf den Umschlagseiten der Hardcover-Ausgabe des Droemer-Verlages. Es ist manchmal kaum zu glauben, welche inhaltlichen Informationen vorab preis gegeben werden, die dem Leser einen großen Teil der Spannung nehmen. Den Text unter "In Kürze" haben wir entsprechend gekürzt.

Der Traum einer Aussteigerin

Melanie rebellierte früh gegen die britische Mittelstandsidylle ihrer Adoptiveltern und suchte das Weite. Zunächst tauchte sie in der Raver-Szene Londons unter. Anschließend verschlug es sie zu Drogen-Exzessen nach Indien und schließlich zu Strandparties nach Australien. Dort kam auch ihre Tochter Poppy zur Welt.
Desillusioniert kehrt Melanie nach London zurück und lernt den Maler Simon Stenning kennen. Si verzaubert Melanie mit seinen Träumen und seinem männlichen Charme. Er plant mit ihr und Poppy in Kent ein Bed & Breakfast zu betreiben und später nach Spanien aus zuwandern. Melanie sieht sich am Ziel ihrer Wünsche; Si kann ihr ein selbst bestimmtes Leben und Sicherheit zugleich bieten.

Misstrauen und ...

Die Umbauarbeiten am B&B stoppen und Si lässt seine Ehefrau immer öfter allein, um angeblich Aufträge zu erledigen. Melanie erinnert sich an die warnenden Worte ihrer Freundin Nathalie und sieht den mitleidigen Blick ihrer Nachbarin Trish. Als auch noch Sis Mutter Alicia über Begebenheiten um die Ex-Freundin Rosa spricht, die ihr Sohn ganz anders dargestellt hat, steigt in Melanie das Misstrauen auf, wie der Bodennebel im herbstlichen Marschland.

... Mord

Die Prostituierte Jacqui Jenning wird tot in ihrer Wohnung aufgefunden, jemand hat sie brutal mit einem spitzen Gegenstand erschlagen. Einige Wochen später verschwindet Rosa Montague spurlos.

Der Bulle und...

Dave Gosforth ist Ermittler bei der Londoner Polizei, der es mit dem Mord an der Prostituierten und später mit dem Vermisstenfall zu tun bekommt. Wenige aber entscheidende Passagen werden aus seiner Sicht erzählt, in denen die Ermittlungen geschildert werden. Die Ergebnisse überraschen den Leser und lenken den Verdacht in eine bestimmte Richtung.

... das Mädchen

Der überwiegende Teil wird aus der Sicht der Hauptprotagonistin in Ich-Form geschildert, so dass ihr Charakter die Erzählung prägt. Weil sie nie die Erwartungen ihrer Stiefeltern erfüllen konnte, glaubt die junge Mutter ein nutzloses Leben zu führen, obwohl sie den Ausstieg aus den Drogen aus eigener Kraft geschafft hat.

 

"Deshalb habe ich mich zur Rückkehr nach Großbritannien entschlossen - weniger, um nach Hause zu kommen, als vielmehr, um dem Menschen zu entfliehen, der ich allmählich wurde."

 

Melanie ist emotional ein Mädchen geblieben, das sich nach Zuneigung und Anerkennung sehnt. Als Simon ihr genau das gibt, verschließt sie die Augen vor allem, was diese Vertrauensbasis erschüttern könnte. Angesichts ihrer Naivität möchte man als Leser die junge Frau aufrütteln. Dennoch kann man Melanies Gefühle und Handlungen ein Stück weit nachvollziehen. Die Ereigniskette, die die Autorin in Der treue Feind entwickelt hat, wäre ohne Melanies Naturell nicht vorstellbar.

Spannung durch Angst

Der geschickte Aufbau der Handlung mit einer Akteurin, die die Katastrophe herauf zu beschwören scheint, lassen diesen Thriller zu einem Page-Turner werden. Die einseitige Erzählperspektive Melanies und die sporadisch eingeflochtenen Ermittlungsergebnisse sorgen dafür, dass der Leser einen minimalen Wissensvorsprung hat. So möchte man fast zwanghaft weiter lesen, um mehr zu erfahren. Was den Krimi noch spannender macht, ist das eingesetzte Element der Furcht.

Aus einer schleichenden Ungewissheit entwickelt sich ein lauerndes Angstgefühl, das wie eine heran ziehende, dunkle Wolkenwand immer bedrohlicher wirkt.

Katy Gardners Finale in Der treue Feind erschüttert ohne ein übertriebenes Spektakel. Der Autorin ist ein dramaturgisch und logisch überzeugender Abschluss gelungen, auch wenn mancher Leser die Lösung erahnen mag. Für Leser/innen, die sich für eine Beziehungstragödie in einem fesselnden Krimi begeistern können, ist Der treue Feind eine empfehlenswerte Lektüre.

Der treue Feind

Katy Gardner, Droemer

Der treue Feind

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