Blut und Lüge
- Argon
- Erschienen: Januar 2007
- 12
- Berlin: Argon, 2007, Seiten: 5, Übersetzt: Nina Petri
- Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 2008, Seiten: 352, Übersetzt: Susanne Goga-Klinkenberg
Amerikanisches Popkornkino
Andrew Gross sollte für Thrillerfans kein Unbekannter sein. Zusammen mit Bestseller-Autor James Patterson schrieb er einige Bücher, unter anderem Die 2. Chance und Der 3. Grad. Mit Blut und Lüge (Originaltitel The Blue Zone), seinem Solo-Erstling, liefert Gross einen rasant erzählten Plot über eine junge Frau, deren behütetes Leben in Schutt und Asche gelegt wird, da es ausschließlich auf Lügen basierte.
Für die 23-jährige Kate Raab ist es aus mit heiler Familienwelt, als sie die Nachricht erhält, dass ihr Vater vom FBI verhaftet wurde. Benjamin Raab ist einer der erfolgreichsten Goldhändler in New York, doch einige seiner Geschäftspartner sind alles andere als sauber. Sein Gold wird in alltäglichen Gegenständen verarbeitet und nach Kolumbien geschaffen, wo es wieder zu reinem Gold umgewandelt wird und so einem mächtigen Dorgenkartell als Geldwäsche dient. Folglich wirft ihm das FBI Geldwäsche, Verschwörung zwecks Betrugs und letztlich einen Vertstoß gegen den Patriot Act vor. Ihm drohen 20 Jahre Gefängnis, doch das FBI bietet ihm eine Kronzeugenregelung an einschließlich einer Aufnahme in das Zeugenschutzprogramm für seine ganze Familie. Raab willigt ein, aber die Gerichtsverhandlung führt nicht zu dem gewünschten Erfolg. Seine Familie taucht mit neuer Identität im Zeugenschutzprogramm unter, lediglich Kate bleibt allein mit ihrem Freund in New York zurück.
Über ein Jahr später, der Prozess ist längst vorbei, drohen sich plötzlich die Ereignisse zu überschlagen. Zunächst wird Kates Kollegin Tina beim Verlassen ihres Arbeitsplatzes in den Hinterkopf geschossen. Schwer verletzt überlebt sie und wird in ein Koma versetzt. Da es ein gezielter Anschlag war vermutet Kate, dass dieser eigentlich ihr gelten sollte, da sie üblicherweise als Letzte die Firma verlässt. Wenig später verschwindet Kates Vater spurlos und nur einen Tag danach wird die Kontaktagentin des Zeugenschutzprogrammes grausam ermordet. Offenbar verlangt die Drogenmafia nach Rache, aber das FBI verdächtigt überraschend Kates Vater, die Agentin ermordet zu haben...
Wer war der Mann, den Kate immer Vater nannte, wer ist ihre Familie? Was gibt es für Verbindungen zur kolumbianischen Drogenmafia und warum sterben immer mehr Menschen in diesem mörderischen Rachefeldzug?
Fragen über Fragen, deren Antworten einem mehrfach den Atem rauben. Eine Achterbahnfahrt sondergleichen darf erwartet werden. 86 Kapitel auf nur 313 Seiten jagen den Leser durch die Story, deren abenteuerliche Wendungen ein ums andere Mal mehr als nur sehr stark konstruiert sind und so liest man letztendlich leider wieder nur einen gewöhnlich Thriller im typisch amerikanischen Popkorn-Kino-Format. Gehirn aus, Cola rein, dann klappt die Story und eigentlich ist sie ja auch gar nicht schlecht. Weniger niveauvoll durchdachte, denn vielmehr spannende und actionreiche Unterhaltung.
Aber wehe, wehe, wehe, wenn ich auf den Schreibstil sehe...
Charaktere, was sind das? Dumme FBI-Beamten und unfähige US-Marshalls sind selbstverständlich, ebenso die vielen Kapriolen in der Handlung. Dazu eine völlig überzogene, auf Dauer stark nervende, theatralische Ausdrucksweise am Ende vieler Kapitel ("Es traf sie wie ein Schlag.") und eine ebensolche tränenreiche Rührseligkeit ("Ihr kamen die Tränen", gefühlt auf mindestens jeder fünften Seite). Auch wenn man dem Plot zugute halten muss, dass er kaum loslässt und daher insbesondere für Bahn- und Busfahrten zur Arbeit durchaus geeignet ist, so lässt doch das sprachliche Ausdrucksvermögen des Autors sehr zu wünschen übrig.
S. 153 oben: "Kate wusste überhaupt nicht, wonach sie Ausschau halten sollte."
S. 153 unten: "Kate blätterte weiter, ohne genau zu wissen, wonach sie eigentlich suchte."
Auf Seite 163 heißt es "Zumal sie nicht wusste, wie sie jetzt hießen.", keine anderthalb Seiten später "Und sie kannte nicht einmal ihren neuen Namen".
Selten war ein Show-Down so schwach
Auf den letzten Seiten gibt Andrew Gross dann noch mal richtig Gas beim großen Show-Down, leider im negativen Sinn. Aus heiterem Himmel tauchen alle Beteiligten auf und... Wem solche handwerklichen Schwächen nicht die Lust auf die Lektüre verderben, findet eine temporeiche Story, die man problemlos an einem Tag bewältigen kann - und am nächsten Tag ebenso schnell wieder vergessen hat.
Andrew Gross, Argon
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