Aberystwyth mon Amour
- Shayol
- Erschienen: Januar 2006
- 2
- London: Bloomsbury, 2001, Titel: 'Aberystwyth mon Amour', Originalsprache
- Berlin: Shayol, 2006, Seiten: 237, Übersetzt: Richard Betzenbichler und Katrin Mrugalla
Druiden, Hexen, Wunderschüler
Louie Knight ist Aberystwyth's einziger Detektiv. Wäre auch schlimm, wenn es noch einen Konkurrenten gäbe, denn schon für einen reicht die anfallende Arbeit kaum. Deshalb ist Louie wohl auch beinahe überrumpelt, als die mehr als attraktive Nachtclubsängerin Myfanwy Montez eines Tages auf seiner Matte steht. Seit Monaten lächelt die Frau von den Plakaten in der Stadt und lässt Männerherzen höher schlagen, weswegen Louie es kaum fassen kann, dass die Frau den Weg zu ihm gefunden hat. Ihr Auftrag ist jedoch im gleichen Moment mehr als ernüchternd: Louie soll ihren Neffen Evans the Boot wieder finden, der seit einigen Tagen vermisst wird. Evans ist ein kleiner Revoluzzer, ein pubertierender Rowdy, ein pickliger Randalemacher oder auf neu-walisisch ein Mr-Pain-in-the-ass. Doch dem Charme einer Myfanwy kann sich der Privatermittler nicht entziehen und beginnt, sich im Kreise der Mitschüler von Evans umzuhören.
Als ein "Informant" nicht am vereinbarten Treffpunkt erscheint, sondern tot von der Polizei entdeckt wird, beginnt der Fall für Louie brisant zu werden. Der tote Junge aus dem Bronzini-Clan führte die Visitenkarte des Detektivs an exponierter Stelle mit sich und sowohl die Polizei als auch die italienische Verwandtschaft haben so ihre Fragen an ihn. Beistand erhält er jedoch von der Schülerin Calamity Jane, die ihm vom Verschwinden bzw. Tod zweier weiterer Schüler erzählt, einem weiteren Rowdy und einem Wunderschüler. Ihr Verdacht: Die Druiden stecken hinter den Schülermorden.
Monty Phyton meets Crime Fiction
Nun darf man sich hinter einem Druiden keinen verkappten Mirakulix vorstellen, der tagein, tagaus Mispelblätter für seinen Zaubertrank sammelt. Es handelt sich vielmehr um eine Gruppe, die sich der keltischen Tradition von Wales verpflichtet fühlt und streng hierarchisch gegliedert ist. Diese Gruppe, geleitet vom Direktor der örtlichen Hochschule, einem alten Kriegsveteran, hat dummerweise einen sehr hohen gesellschaftlichen Einfluss in Aberystwyth, denn ohne sie läuft im Grunde nichts.
Aberystwyth mon amour ist ein mit typisch britischem Humor gespickter Roman. Schnell merkt man, dass der Kriminalfall und der gesamte Hintergrund komplett hirnrissig sind und eigentlich nur den Hintergrund bieten, um die abstrusen und jener gewissen Komik nicht entbehrenden Ideen des Autors zu transportieren. Dabei sind die Druiden, ihre Hohepriester und Meisterzauberer, und ein wahnwitziger Bau einer Arche noch das geringste Übel. Besonders gelungen sind die Beschreibungen Pickels, der den Glockenturm am Rathaus bewohnt (Quasimodo lässt grüßen), oder Ma Evans', die zwar bestreitet eine Hexe zu sein, bei der man aber Kräutermischungen und Flüche kaufen kann und die auch schon mal einen Besen auf Aerodynamik im Windkanal testet.
Detektiv wider jeglicher Vernunft
Autor Malcolm Pryce lebt seit Anfang der 90er Jahre nicht mehr in Wales. Zur Zeit ist Bangkok, Thailand, sein Zuhause. Es muss ihn aber eine unermesslich große romantische Ader getrieben haben, einen derart farbenfrohen, schrillen und quiekendkomischen Roman über die Stadt seiner Jugend zu schreiben. Wie er selber zugibt, treibt ihn dabei nicht die detailgetreue Beschreibung der walisischen Provinz, sondern seine Erzählungen leben von vielen hinzu erfundenen, örtlichen Begebenheiten. Figuren und Nebenhandlungen sprühen vor bitterer Ironie und derbem Sarkasmus. Seine Position in der funny-crimes Reihe des Shayol-Verlages ist somit natürlich mehr als gerechtfertigt und die Tatsache, dass es in England bereits drei Nachfolgeromane gibt, wird alle aufhorchen lassen, die sich spontan in Louie Knight verlieben.
Aberystwyth mon amour ist erfrischend anders und erfrischend gut. In England hat Malcolm Pryce mit seiner Reihe und seinem Konzept guten Erfolg. In Deutschland hält sich die Fangemeinde des britischen Humors jedoch immer noch in Grenzen. Insofern muss ganz klar gesagt werden, dass den Leser hier keinesfalls Mainstream erwartet. Auf den ganz eigenen Charme eines sozusagen vernunftlosen Ermittlers Louie Knight muss man sich erst einmal einlassen, bevor einen das Fieber packen kann. Es gilt die Warnung vor spontanen Schmunzel- und Lachattacken.
Malcolm Pryce, Shayol
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