Königsallee

  • TechniSat Digital, Radioropa Hörbuch
  • Erschienen: Januar 2007
  • 6
  • Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hörbuch, 2007, Seiten: 10, Übersetzt: Horst Eckert
  • Dortmund: Grafit, 2008, Seiten: 411, Originalsprache
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Thomas Kürten
88°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2007

Die ganze Welt schaut neidisch auf diese Stadt

Alle Welt schaut auf Düsseldorf. Nirgendwo sonst ist unser blauer Planet so schön. Kein Fußballverein hat den Einzug in die Champions League (und natürlich anschließend den Sieg) mehr verdient als die Fortuna und in keiner anderen Metropole der Erde wird lieber in Bürogebäude und neue Arbeitsplätze investiert. Wunschgedanken? Nicht so für Dagobert Kroll, seines Zeichens Oberbürgermeister der Stadt am Rhein - zumindest im neuen Roman des Düsseldorfers Horst Eckert. Der heißt Königsallee, bietet wieder eine spannende Episode aus dem Alltag der Düsseldorfer Kriminalpolizei und ist außerdem angereichert mit einer süffisanten Nebenhandlung, einer Posse, die sich ein Karnevalist nicht besser ausgedacht haben könnte, die einfach zu absurd ist, um auch nur einen Hauch von Realität zu besitzen... Oder?

Jan Reuter kennen wir schon. Als Schützling von Kriminaldirektor Benedikt Engel war der junge Polizist ehemals im Inneren Dienst für Ermittlungen gegen Kollegen wegen vermeintlicher Dienstvergehen zuständig. Nun leistet er seit einem Jahr Dienst im KK 22, dem Bereich für Organisierte Kriminalität. Leider ist sein einst strahlender Stern inzwischen im Sinkflug, denn er verbeißt sich zusehends in einen Kunstraub, als dessen Hintermann er den Koksbaron Böhr vermutet. Dabei ist gerade das KK 22 vom Kostensenkungsprogramm betroffen und unnütze Aktion sind den Vorgesetzten und offenbar auch der Politik ein Dorn im Auge. Reuter hat seinen Platz im KK 22 von Norbert Scholz übernommen, gegen den er zuvor wegen Beweisunterschlagung in eben diesem Fall ermittelt hatte. Scholz wurde damals strafversetzt auf die Kriminalwache, wo er nun verwegen Nachtstreife fährt.

Mord an einem Informanten

Reuter und sein Kollege Koch bezahlen Robby, einen von Böhrs Türstehern, für heiße Informationen. Zu einem geheimen Treffen erscheint dieser mit einer jungen und attraktiven Verehrerin. Er berichtet davon, dass Böhrs Eltern entführt worden seien und Böhr alle seine Firmen verkaufen wolle, um das Lösegeld aufzutreiben. Beinah zeitgleich taucht das vor zwei Jahren gestohlene Gemälde wieder auf. Reuters Bruder, der Rechtsanwalt Edgar Reuter, hatte mit den Gangstern verhandelt und die Stadtkasse machte drei Millionen Euro für den Rückkauf des Kunstwerks locker. Kurz darauf wird zunächst Robby ermordet, tags darauf seine neue Freundin, während Edgar Reuter wiederum kurz später mit schweren Verletzungen auf die Intensivstation eingeliefert wird. In der Mordkommission treffen Reuter und Scholz wieder aufeinander. Sie müssen lernen, miteinander am gleichen Strang zu ziehen, denn nur gemeinsam können sie die Morde und vielleicht auch die Hintergründe des Kunstraubs vor zwei Jahren aufdecken.

Wer spannungsreiche, deutsche Polizeiromane von hoher Qualität sucht, der kann an Horst Eckert nicht vorbei kommen. Seit Jahren schon schreibt der Wahldüsseldorfer einen packenden Kriminalroman nach dem anderen. Eckerts Konzept, immer wieder neue Ermittler in den Mittelpunkt seiner Geschichten zu stellen, geht dabei auf: Die Figuren sind auch im neunten Roman frisch und unverbraucht. Die Helden aus den alten Romanen haben inzwischen entweder Karriere gemacht oder sind in die ewigen Jagdgründe eingegangen. In Königsallee laufen einem die Namen Ela Bach, Ben Engel und Thilo Becker nur ganz am Rande über den Weg. Einziges echtes Comeback: Bruno Wegmann, der harte Boxer mit dem weichen Herz aus Ausgezählt bekommt eine Nebenrolle.

Streitbarer Horst Eckert

Eckerts Helden sind so greifbar, weil sie und all ihre Probleme so liebevoll lebensecht beschrieben werden. Jeder Figur drückt der Schuh woanders und dies hat nicht selten Auswirkungen auf deren Handlungen. Kein anderer Autor strapaziert die Grenze zwischen Recht und Rechtsbeugung so schwer wie Eckert, wenn seinen Polizisten die Lösung eines Problems durch eine kleine Amtshandlung jenseits der Legalität so greifbar nahe scheint. Eigentlich ein Wunder, dass sich die echte Düsseldorfer Polizei noch nie beschwert hat, in einem derart schlechten Licht dargestellt zu werden. Aber solange die Unterhaltung stimmt - und das tut sie auch bei Königsallee - beschwert sich auch weiterhin kein Polizist, der zwischen Fiktion und Wirklichkeit unterscheiden kann.

Noch kurz zur Randhandlung: Hier präsentiert Eckert genug Futter für nachfolgende Krimis. Ein Clan aus der ehemaligen russischen Teilrepublik Transnistrien flieht mit einem ergaunerten Milliardenvermögen in die Stadt am Rhein und übernimmt mit Böhrs Discotheken auch die Vorherrschaft im Drogenhandel und der organisierten Kriminalität. Zeitgleich ist Oberbürgermeister Kroll ein wichtiger Investor für ein Bauprojekt im Düsseldorfer Hafen abgesprungen. Da kommen die Russen, die auch als Sponsor bei Fortuna Düsseldorf einsteigen wollen, gerade rechtzeitig. Nur Krolls Wachhund, die Referentin Simone Beck, ahnt nach einem ungewollten Ecstasy Trip, dass die Russen einen bösen Plan mit Düsseldorf im Schilde führen. Gerade auf diese Randhandlung dürfte sich Autor Eckert beziehen, wenn es sich bei Tippgebern aus Politik und Wirtschaft für die Einsicht bedankt, dass die Wirklichkeit der Autorenfantasie manchmal näher kommt, als man es glauben möchte. Die teils satirisch grotesk anmutende Kritik an Kommunalpolitik und russischen Oligarchen verleiht dem Roman somit sogar einen Hauch von Noir. Nur ein Hauch, aber ein ungemein angenehmer Hauch, der Königsallee zum bislang besten Roman aus Eckerts Feder macht.

Königsallee

Horst Eckert, TechniSat Digital, Radioropa Hörbuch

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