Option Färöer

  • Grafit
  • Erschienen: Januar 2007
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  • Tórshavn: Mentunargrunnur Studentafelagsins, 1994, Titel: 'Gráur oktober', Seiten: 243, Originalsprache
  • Dortmund: Grafit, 2007, Seiten: 256, Übersetzt: Christel Hildebrandt
Option Färöer
Option Färöer
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Thomas Kürten
46°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2007

Färöers Bevölkerung rapide reduziert!

Erst stirbt ein Radiomoderator. Dann wird eine Bank überfallen und der verhaftete Verdächtige wird in seiner Zelle umgebracht. Dann wird ein Zeitungsreporter ermordet, der zu viel gefragt hat. Und letztlich verliert ein Wirtschaftsprüfer seinen Kopf. Vier Morde in zwei Wochen - das ist entschieden zu viel für ein kleines Völkchen wie die Färinger. Und darum macht sich der Journalist Hannis Martinsson auf die Suche nach den Motiven, die hinter diesen Verbrechen verborgen sind. Stehen die vier Morde eventuell in einem Zusammenhang, denn immer wieder taucht der pleite gegangene Anlagefonds Gaia International auf, hinter dem der Reeder und Sektenführer Hanus i Rong stecken soll.

Während man in den ersten Kapiteln den Eindruck gewinnen kann, die Färöer seien ein Hort für alle Alkoholiker Skandinaviens, entwickelt sich im zweiten Drittel des Buches eine Gesetze und Grenzen überschreitende Ermittlung, sowie im Schlussdrittel die Jagd nach den Bösewichten. Hört sich ein wenig nach Schema F an, liest sich leider auch so. Denn Option Färöer, den Jogvan Isaksen vier Jahre nach seinem Debütroman Endstation Färöer erstmals 1994 auf den Färöer Inseln veröffentlichte, poltert ein wenig zu ruppig vor sich her.

Stolze dreizehn Jahre dauerte es, bis diese Geschichte in einer immer mehr abflauenden Flutwelle skandinavischer Kriminalromane ihren Weg in die deutschen Regale gefunden hat. Warum sie nicht auf der obersten Schaumkrone mitgeschwommen ist, ist schnell erkannt: Die erzählerische Qualität des Autors ist leider nur im Mittelmaß einzuordnen. Besonders fällt das im Mittelteil auf, als der Protagonist zunächst relativ unmotiviert nach Rom reist, dann auf einmal mit einem Hintergrundwissen auftrumpft und die Verdächtigungen gegen einen Landsmann durch seine Kontakte zu einer Geheimloge verstärken kann.

Organisierte Kriminalität auf kleinen Inselchen

Man darf Isaksen auf keinen Fall zum Vorwurf machen, sich nur abgegriffener Klischees bedient zu haben. Wie bereits erwähnt, der Roman entstand 1994, lange vor dem Boom der Vatikan-Thriller. Und auch die Idee, geprellte Anleger eines dubiosen Investmentfonds als mögliche Verdächtige auftreten zu lassen, mag damals noch nicht allzu durchgekocht gewesen sein. Sieht man den Roman in seiner Zeit, könnten die Zutaten durchaus gestimmt haben - aber allein die Zutaten machen noch keine schmackhafte Suppe. Die richtige Mischung und Zubereitung erweist sich eben als wichtiger. Kocht Isaksen das falsche Rezept? Ein sogenannter "Landhauskrimi" ließe sich auf Färöer sicher leichter ansiedeln als ein Thriller.

Die Färöer Inseln, das sind wilde, vom Wetter zerklüftete Felsen, die aus dem Nordmeer aufragen. Man glaubt sofort, dass ihre Einwohner verschroben und merkwürdig sind. Wenn sich das gesellschaftliche Leben in Bierclubs abspielt und Chefsekretärinnen ein Beibrot als Stripperin verdienen müssen, dann liegen solche Assoziationen nahe. Aber eines kann man jedenfalls auch nach der Lektüre von Isaksens Roman nicht glauben: Dass die organisierte Kriminalität im großen Stil Einzug auf den entlegenen Inselchen gehalten hat. Färöer bleibt in erster Linie ein stürmisches, verregnetes Reiseziel für Ruhe suchende, in zweiter Linie ein Fussballzwerg und erst weit danach ein potenzieller Schauplatz für einen begeisternden, mitreißenden Krimi.

Option Färöer

Jogvan Isaksen, Grafit

Option Färöer

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