Aus für den Milchmann
- DuMont
- Erschienen: Januar 2000
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- New York: Mysterious Press, 1996, Titel: 'Exit the Milkman', Seiten: 311, Originalsprache
- Köln: DuMont, 2000, Seiten: 269, Übersetzt: Beaten Felten-Leidel
Das meint Krimi-Couch.de:
Was haben Bertolt Brecht und ich auf jeden Fall gemeinsam? Beide schätzen wir den klassischen Detektivroman als vergnügliche Lektüre!
Was gibt es Schöneres an einem kalten Wintertag, als es sich auf seiner Couch gemütlich zu machen und auf Mörderjagd zu gehen? Und wenn neben knisternder Spannung der Humor nicht zu kurz kommt, bin ich voll zufrieden. Ich liebe den heute eher seltenen klassischen Detektivroman. Mit "Aus für den Milchmann" liefert uns die Kanadierin Charlotte MacLeod ein weiteres amüsantes Exemplar dieses Genres. Ihr Elfter ins Deutsche übersetzte Krimi führt uns wieder nach Balaclava, die fiktive landwirtschaftliche Hochschule in Massachusetts. Im Gegensatz zu ihrer Boston-Serie, die in der feinen High Society spielt, bietet das Agrar College samt rustikaler Umgebung, neben teilweise bizarren Schauplätzen einen kleinen Einblick ins amerikanische Hochschulleben.
Professor Shandy, MacLeods sympathischer Detektiv reagiert äußerst ungehalten, als er um 2.47 von der unsympathischen Nachbarin rüde geweckt wird. Und dies nur, weil sein Nachbar, der Lehrstuhlinhaber für Milchwirtschaft, nicht in seinem Bett liegt. Brüsk schickt er die hysterische Frau nach Hause. Doch der "Milchmann" bleibt verschwunden. Also doch ein Fall für Shandy, Professor für Nutzpflanzenzucht und erfolgreicher Hobbydetektiv?
Zwar taucht der "Milchmann" unter mysteriösen Umständen wieder auf. Doch seine zeitweise Amnesie macht eine klärende Aussage unmöglich. Erst eine tote Frau, die auf blutrünstige Weise ermordet wurde, macht klar, dass es sich hier nicht um groben Unfug, sondern ein Verbrechen handelt. Und Shandy, der "Herrscher der Rüben" begibt sich auf die Pirsch...
Auf den vorliegenden Krimi trifft Ernst Blochs Ausspruch "der Detektivroman fällt mit der Leiche ins Haus" überhaupt nicht zu. Immerhin dauert es über 100 Seiten bis ein tatsächlicher Mord geschieht. Aber das mindert den Unterhaltungswert keineswegs. Wie stets ziehen MacLeods Sprachgewandtheit, ihr grosser Wortschatz und skurriler Humor den Leser in ihren Bann. Bei diesem Fall wird unser Held tatkräftig von Catriona MacBogle, dem Alter Ego der Autorin unterstützt. Wie in fast allen Krimis MacLeods halten sich Spannung und Humor die Waage. Einerseits präsentiert sich die Handlung als schlüssig, andrerseits liebt die Autorin skurrile Figuren und merkwürdige Begebenheiten. Und die Situationskomik kommt niemals zu kurz! In dieser Geschichte beispielsweise repräsentieren Katzen den berühmten roten Faden. Sei es Shandys eigene Mieze Jane Austen, Edmund, der dicke Polizeikater oder Carlyle, der beeindruckende Maine-Coon.
Letztlich findet auch dieser Krimi sein logisches Ende und Shandy löst seinen neunten Fall bravourös. Wie immer bei MacLeod wurden die Bösen bestraft, die Guten belohnt und der neugierige Leser bestens unterhalten. Aber bitte erwarten Sie keinen blutigen Thriller, der Ihnen zur Gänsehaut verhilft. Charlotte MacLeod gilt nicht zu Unrecht als die zeitgenössische grosse "alte" Dame des Krimis. Vermutlich ist sie die letzte Vertreterin des klassischen Detektivromans. Deshalb sollte man ihr nicht verübeln, dass sie gelegentlich augenzwinkernd von ihren Lesern erwartet, dass diese über manches allzu bizarre Détail hinweg sehen. Es lohnt sich allemal!
Charlotte MacLeod, DuMont
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