Gedankenhaie

  • Piper
  • Erschienen: Januar 2007
  • 1
  • München: Piper, 2007, Seiten: 430, Übersetzt: Marcus Ingendaay
  • München: Piper, 2008, Seiten: 432, Übersetzt: Marcus Ingendaay
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Thomas Kürten
88°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2007

Ein verrückter Thriller

Welch ein Debüt! Da schreibt ein junger Autor von gerade mal 31 Lenzen einen Roman, und noch bevor dieser in der englischen Originalversion veröffentlicht wird, ist das Skript für die Übersetzung in 21 Sprachen vermarktet und eine Filmfirma hat sich die Rechte an der Geschichte gesichert. Steven Halls Gedankenhaie. The Raw Shark Texts war die Sensation auf der Londoner Buchmesse im Herbst 2006. Und sogar schon zwei Tage bevor der Titel in England erscheint, ist die deutsche Übersetzung schon ab dem 27. Februar 2007 bereits im deutschen Buchhandel erhältlich.

Wer das Cover des Buches sieht und sich gelegentlich Musikvideos auf den einschlägigen Fernsehkanälen anschaut, der mag sich unmittelbar an das Video "Crazy" von Gnarls Barkley erinnert fühlen. Und passender hätte ein Cover nicht gestaltet werden können, denn so wird unmittelbar eine Reihe von Hinweisen auf den Inhalt gegeben. Gedankenhaie ist ein phantastischer Thriller im wahrsten Sinne des Wortes. Erzählt wird die Geschichte eines Mannes, der völligem Gedächtnisverlust aufwacht und eine befremdende Welt kennen lernt, die er anhand der Hilfen, die er sich selber vor dem Gedächtnisverlust gestellt hat, erkundet. Dabei wird er von seltsamen Gestalten gejagt.

Von Konzeptfischen und anderen Schurken

Eric Sanderson irrt durch sein eigenes Haus. Neben dem Telefon findet er einen Zettel, der ihm verrät, wer er ist und vor allem, was er als nächstes tun soll. Unterschrieben vom ersten Eric Sanderson. Das Gespräch mit der Psychologin Dr. Randle ergibt für ihn weitere Anhaltspunkte, was vor seinem Gedächtnisverlust geschehen ist. Besonders gibt sie ihm einen Tipp: Briefe, die er sich selbst geschrieben hat, soll er auf gar keinen Fall lesen. Brief Nr. 1 liest Eric trotzdem und da er sich selbst darin vor Dr. Randle warnt, lässt ihn das extrem vorsichtig werden. Alle weiteren Briefe ignoriert er und lagert sie im Küchenschrank, bis schließlich eine Kiste bei ihm abgeliefert wird. In dieser Kiste stecken neben einem Haufen von Briefen auch eine zerbrochene Glühbirne, eine Videokassette und zwei Schulhefte. Und in einem der Schulhefte lauert ein hinterhältiger Angriff auf den zweiten Eric Sanderson.

Es dauert nicht lange und Sanderson verlässt die Welt, die er in den vergangenen Monaten kennen gelernt hat, um sich auf die Suche nach dem geheimnisvollen Dr. Troy Fidorous zu suchen. Fidorous ist Experte, wenn es um die Erforschung von Konzeptfischen geht, wie zum Beispiel dem Schwammkopf-Geisterhai, der das Leben von Eric bedroht. Und offenbar hat auch der erste Eric Sanderson die Hilfe von Dr. Fidorous in Anspruch genommen. Geschützt durch Konzeptschleifen (bestehend aus 4 verbundenen Diktiergeräten), Bücherwällen und fremde Postsendungen nimmt Eric die Spur auf und muss bald merken, dass er immer stärker verfolgt wird. Gibt es ein Entkommen?

Fesselnd bis zum Schluss

Die Welt in Gedankenhaie erinnert an den Spielfilm "Matrix". Ist die Welt wie wir sie wahrnehmen wirklich die wahre Welt? Oder gibt es darin eine weitere Dimension, in der unsere Gedanken kontrolliert werden. Die "Risse in der Matrix" bzw. die geheimnisvollen Wesen, die sich hier in Form von Konzeptfischen, Computervirus-Moskitos und Glühbirnen-Fragmenten materialisieren, sind wundervolle Einfälle, die die Spannung und das Tempo in diesem Thriller hoch halten. Ein Roman mit vielen fantasievollen Elementen über den Identitätskampf eines jungen Mannes, das Wesen und den Verlust einer Identität. Und ein Roman über eine große Liebe, die den Tod in einer ganz eigenen Welt besiegt.

Gedankenhaie ist sicherlich der außergewöhnlichste Roman der letzten Jahre. Obwohl das Genre dem Autor weit reichende Freiräume bietet, hat Hall sie bis an die Grenzen ausgenutzt. Die vielfache Verwendung von Grafiken, die in einem 50-seitigen Daumenkino mündet, ist dabei nur ein Aspekt von vielen, die Hall in einer Fülle von Einfällen in die Handlung des Romans einfließen lässt. Es sei noch einmal verwiesen auf das Cover: Wer sich auf diesen Roman einlässt, taucht ab in die Gedankenwelt eines psychisch kranken Mannes. Eine ungemein begeisternd erzählte, in grellen Farben geschilderte Welt, in der der Leser ein spannendes und verrücktes Abenteuer erlebt. Dabei darf "verrückt" an dieser Stelle gerne in aller Zweideutigkeit des Wortes interpretiert werden.

Gedankenhaie

Steven Hall, Piper

Gedankenhaie

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