Tödliches Gewissen. Tokio-Killer - der vierte Auftrag
- Fischer Taschenbuch Verlag
- Erschienen: Januar 2008
- 1
- New York: Putnam, 2005, Titel: 'Killing Rain', Originalsprache
- Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 2008, Seiten: 416, Übersetzt: Ulrike Wasel, Klaus Timmermann
- London: Michael Joseph, 2006, Titel: 'One Last Kill', Originalsprache
Elegant, lässig und scheinbar leicht
Der vierte Roman um den sinnsuchenden Profikiller John Rain beginnt mit einem Auftrag des Mossad. Er soll Manheim "Manny" Lavi möglichst unauffällig aus dem Weg räumen, einen Mann der sein Wissen um Sprengstoffe diversen Terroristen zur Verfügung stellt. Ein Plan ist schnell gefasst, aber im entscheidenden Moment kommt Rain Mannys kleiner Sohn in die Quere, Rain erstarrt zur Salzsäule und Lavi kann sich und sein Leben vorerst retten. Was schlimmer ist: er ist in der Lage seinen Bodyguard samt Unterstützung zu alarmieren. Dank seines aufmerksamen Partners Dox kann John Rain sich seiner Widersacher zwar entledigen und entkommen, doch da die beiden Helfer - möglicherweise - zur CIA gehören, finden sich Rain und Dox plötzlich zwischen allen Fronten und auf der Abschussliste ihres ehemaligen Auftraggebers und einer obskuren CIA Splittergruppe wieder.
Doch wie so oft, wo viel Feind da viel Ehr´, und John Rain wäre nicht John Rain, wenn ihm nicht ein Ausweg aus dem Schlammassel einfallen würde. Dass er diesmal zum Teamplayer wird, um seinen Auftrag letztlich ausführen zu können, ist eine der wichtigsten Entwicklungen seines Charakters. Dass er für einen einzelgängerischen Killer eh recht viele Freundschaften pflegt, fiel ja schon in den vorangegangen Bänden auf. Diesmal kommt am Ende des Buches eine noch tiefergehende Bindung hinzu, die mit ziemlicher Sicherheit im Folgeband und darüber hinaus(?) eine wichtige Rolle spielen wird.
Der Profikiller in der Sinnkrise ist kein sonderlich neues Thema. Selbst innerhalb der Rain-Serie (die zumindest in den Originaltiteln auch als solche ausgewiesen ist) wird der gleiche Tenor nur variiert: Wann ist ein Mord gerechtfertigt, welche Strategien müssen angewandt werden, um aus einem Todesurteil eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu machen? Der amoralische und nachdenkliche John Rain stellt für sich klar, dass er bereit ist zu töten, wenn er größeren Schaden (vor allem für sich und seine Lieben, aber schlussendlich für die gesamte Menschheit) verhindern und abwenden kann. Das ist eine wohltuend pragmatische Haltung, verhindert sie doch langwierige und rührselige Rechtfertigungsstrategien. Er weiß, dass er die Limitierungen eines "normalen" Lebens lange überschritten hat, und wenn er am Ende Rotz und Wasser heulend im Straßengraben hängt, ist ihm ebenfalls bewusst, dass dies nur ein kleiner Teil der ethischen Schulden ist, die er noch zu begleichen hat.
Wir als findige Krimileser wissen natürlich genau, dass der smarte Rain auch in seinen weiteren Abenteuern jeglichen Skrupel wird ausschalten können, wenn es vonnöten ist. Und es ist Barry Eislers Verdienst, das seine Hauptfigur innerhalb der recht eng gesteckten Grenzen seines Sujets glaubhaft bleibt. Er vermeidet überflüssige Brutalismen, wie er überhaupt ein ausgesprochen eleganter Autor ist. Da kann sich Rain schon mal seitenlang seinen Gedanken hingeben, seiner Paranoia frönen oder allein und mit seinen Getreuen Schlüsse ziehen. Nichts wirkt überflüssig oder aufgeregt. Selbst wenn es hektisch wird, ist Eislers Prosa unangestrengt und ruhig, geradeso wie sein Protagonist. Das mag auf den ersten Blick schlicht wirken, ist aber tatsächlich große Kunst, wenn es nach vier Büchern mit ähnlichem Hintergrund und Entwicklungen noch zu fesseln vermag. Und das schafft Eisler tatsächlich. Elegant, lässig und scheinbar leicht.
Was auch den kultivierten Anhang betrifft, der uns John Rain als "reale" Person nahe bringen möchte. Da gibt es die Hitparade der "besten zehn Bars, Coffeeshops, Jazzclubs und Restaurants in Tokio", "Top Ten Single Malts" und "Rains Top Ten Jazz-Interpreten, die sie vielleicht noch nicht kennen". Ich bin geneigt ihm in weiten Teilen zu folgen, auch wenn ich z.B. Patricia Kaas kenne und nicht besonders schätze, und der höchst empfohlene Malt 1900 Dollar die Flasche kostet. Bereit, dafür zu killen? Just check it out... Aber es gibt auch Whisky-Empfehlungen mit moderatem Preis-Leistungs-Verhältnis, den man sich vermutlich ohne eine Straftat zu begehen zulegen kann.
Barry Eisler, Fischer Taschenbuch Verlag
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