Projekt
- Limes
- Erschienen: Januar 2007
- 2
- München: Limes, 2007, Seiten: 448, Originalsprache
- München: Blanvalet, 2008, Originalsprache
Das Projekt bleibt Stückwerk
Der Titel führt das Wort "Projekt", und als solches könnte man auch den Aufbau des Romans betrachten.
Als Grundbausteine dieses Projekt hat der Autor zunächst das berühmte "ungleiche Paar" genommen: Professor Peter Lavell, ein englischer Historiker und Anthropologe, in seinem Fachgebiet eine Kapazität, aber nicht besonders praktisch veranlagt, und der junge Franzose Patrick Nevreux, ein Abenteurer, den der Autor so beschreibt:
"unrasiert, flegelhaft und immer mit einer Zigarette im Mund. Geschichtlich nahezu ungebildet, ohne solides humanistisches Grundwissen, von Etikette ganz zu schweigen, und jederzeit zu einem derben Witz oder einer Unverschämtheit bereit."
Dazu bekommt der Leser jede Menge Bildung vermittelt. Über die Geschichte Ägyptens hat der Autor sehr gut recherchiert. Thema ist hier vor allem die Zeit der Pharaonen Echnaton und Imhotep. Die Einschübe zu den geschichtlichen Themen muten dabei zuweilen sachbuchartig an und man verliert sich zwitweise inmitten der reichhaltigen Informationen. Hoch anzurechnen ist dem Autor das Nachwort - bei solch einem Mystery-Thriller für mich unabdingbar -, in dem er über historisch belegte Fakten und zu dramaturgischen Zwecken hinzu erdachte Teile aufklärt.
Eine Prise Indiany Jones und eine Spur Phantastik
Der Ursprung der Story findet sich - wie sollte es anders sein - zur Zeit des Nationalsozialismus. Das Ausgrabungs-Fieber in Ägypten hatte in der Zeit zwischen den Weltkriegen Hochkonjunktur. Der Deutsche Wolfgang Morgen hat - wie auch immer - erfahren, daß Sir Guardner in Kairo im Besitz eines geheimnisvollen Papyrus aus dem Grab Tutanchamuns ist, der ihn auf die Spur des Allsehenden Auges führen soll. Wie Guardner an den Schatz gelangt ist, erfährt man nicht. Und warum Sir Guardner ausgerechnet dem Deutschen sein Geheimnis zeigt, ist nicht logisch nachzuvollziehen. Zumindest schreckt Morgen nicht vor Mord zurück, um den Papyrus an sich zu bringen.
Nun wird noch ein wenig Indiana Jones in das Projekt gebracht. Oliver, der Sohn des ermordeten Sir Guardner, mittlerweile ein alter Mann, engagiert unser ungleiches Paar, um diese mittels einer Kopie des geheimnisvollen Papyrus auf die Suche - nach was eigentlich? - zu schicken. Denn schließlich möchte er, bevor er das Zeitliche segnet, noch erfahren, was es mit dem Geheimnis auf sich hat.
Fehlen darf bei einem solchen Abenteuer natürlich auch nicht eine hübsche, aber geheimnisvolle junge Frau, in die sich Patrick auf den ersten Blick verknallt.
Nun fehlt nur noch eine Spur Phantastik, um aus all diesen Zutaten das Projekt Sakkara anzufertigen. Woher hatten die Ägypter überhaupt ihre Fähigkeiten? Wie konnten sie mit ihren Möglichkeiten die Pyramiden erbauen? Auch die Hieroglyphenschrift passt nicht in diese Zeit. Gab es ein viel älteres Volk mit technischen Möglichkeiten, von dem die Ägypter ihre Kenntnisse erworben haben? Kam dieses Volk vielleicht sogar von außerhalb auf die Erde?
Kommt man hinter das große Geheimnis?
In zwei parallelen Handlungssträngen verfolgt Andreas Wilhelm die Wege der beiden Abenteurer im Jahr 2006 sowie die von Wolfgang Morgen und einem geheimnisvollen Unbekannten im Jahr 1941, die unabhängig voneinander die gleichen Schlüsse ziehen und sich Schritt für Schritt über die gleichen Orte dem großen Geheimnis nähern. Um den Fortgang des Geschehens zu sichern, legt der Autor seinen Helden dabei keine allzu großen Stolpersteine in den Weg. Alle ziehen meist auf Anhieb die richtigen Schlüsse und nicht alles ist logisch nachzuvollziehen. Doch zumindest ist es so gewährleistet, die Spannung auf einem gleichmäßigen - doch nicht allzu hohen - Niveau zu halten.
Der Plot an sich ist ziemlich dürftig und die Handlung mit allen Klischees gespickt, die in diesem Genre denkbar sind. Natürlich werden Geheimbünde ins Spiel gebracht, Rosenkreuzer und Freimaurer dürfen nicht unerwähnt bleiben. Das zweite Abenteuer von Peter Lavell und Patrick Nevreux ist selbstverständlich ein in sich abgeschlossener Roman, doch bringt der Autor eine Vielzahl von Verweisen auf "Projekt: Babylon", in dem die beiden Abenteurer in Frankreich eine Höhle erforschten. Zwar ist die Handlung auch zu verstehen ohne "Projekt: Babylon" gelesen zu haben, doch wäre eine Kenntnis desselben sicher von Vorteil, da am Ende auch ein Charakter aus dem Vorgängerroman in einer wichtigen Rolle auftaucht.
Insgesamt gesehen ist "Projekt: Sakkara" ein Projekt geblieben, das zwar leidlich spannend unterhalten kann, dessen Zutaten aber nicht zu einem homogenen Ganzen zusammengemixt wurden. Zu vielas wird angerissen und bleibt Stückwerk. Am Ende erhält man nicht wirklich Aufklärung über alles. Das große Geheimnis wird nicht verständlich gelüftet. Warum auch? Es lassen sich sicherlich weitere Projekte angehen an anderen Orten, die ebenfalls durch das geheimnisvolle Volk beeinflusst wurden.
Andreas Wilhelm, Limes
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