Dem Tod geweiht

  • Goldmann
  • Erschienen: Januar 2006
  • 1
  • München: Goldmann, 2006, Seiten: 320, Originalsprache
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Jörg Kijanski
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2007

Ein bisschen mehr Mühe ...

1983, Long Weldon:
In dem kleinen englischen Dorf wird die 20-jährige Renee White ermordet aufgefunden. Aufgrund der Indizienlage wird Brian Barnes, der seine Unschuld beteuert, zu 25 Jahren Haft verurteilt. Im Juli 2000 wird er wegen guter Führung vorzeitig entlassen.

September 2000, Brighton:
In dem bekannten Badeort hält seit einigen Wochen ein Frauenmörder Polizei und Öffentlichkeit in Atem. Der als "Würger von Brighton" gesuchte Täter hat bereits zum dritten Mal zugeschlagen. Aktuelles Opfer ist die ehemalige Tänzerin Rosalind Cotton, deren Leiche am sehr belebten Pallace Pier gefunden wurde. Alle Opfer waren nackt, lediglich mit ein paar Ringelsocken bekleidet. An ihrem Fuß fanden sich zudem jeweils Karteikarten wie sie in der Pathologie verwendet werden, mit Vermerken über Todesursache und Todeszeitpunkt. Chief Inspector Dorothy Marley und Seargant Ralph Cloud befragen zunächst Personen aus dem unmittelbaren Umfeld Cottons. Unter ihnen befindet sich die 14-jährige Paula, die mit Rosalind zusammen wohnte. Einen Tag später entdeckt Paula an Rosalinds Computer eine merkwürdige E-Mail, doch als sie diese öffnen will, wird sie gestört. Offensichtlich ist der Mörder zurückgekommen, um seine Spuren zu verwischen.

Am nächsten Morgen wird Paula, aus nächster Nähe erschossen, tot am Rand des Flusses aufgefunden. Kurz vor ihrem Tod konnte sie sich aber noch eine kurze Notiz über die Mail machen, deren Betreff "Long Weldon" lautete und auch Rosalinds Eltern wohnen in besagtem Dorf. Kurz entschlossen nehmen Marley und Cloud ein paar Tage "Urlaub" und begeben sich auf die Spuren jenes Verbrechens aus dem Jahr 1983. Wurde Brian Barnes möglicherweise zu Unrecht verurteilt? Nach kurzer Zeit stoßen die beiden Ermittler auf eine Spur, die direkt zu Peter Bloomfield führt, Marleys verhassten Kollegen, der mit ihr gemeinsam um die vakante Stelle des Superintendent streitet...

Alles wie gehabt...

Zunächst drängt sich beim Lesen der Inhaltsangabe der Eindruck auf, dass einem die Geschichte sattsam bekannt vorkommt. Ein Mord liegt viele Jahr zurück und kurz nachdem der vermeintliche Täter aus der Haft entlassen wird, startet plötzlich eine neue Mordserie bei deren Ermittlung sich dann (Überraschung!) herausstellt, dass die Ursache des Rätsels offensichtlich in der Vergangenheit zu finden ist. Der Debütroman von Gerald Hagemann, "Krimihistorikern" oder England-Fans bestens bekannt durch seine Reiseführer London von Scotland Yard bis Jack the Ripper und Tatort Großbritannien, bedient sich also einer hinlänglich vertrauten Struktur und so stellt sich die Frage, wodurch der vorliegende Roman den Aufkleber "Krimi des Monats" verdient haben soll? Andererseits leben wir ja aktuell in einer Zeit, wo - zumindest gefühlt - auf jedem zweiten Buch der Krimi/Thriller/Bestseller des Monats, wenn nicht gar des Jahres beworben wird.

Anfangs einige Defizite, mit zunehmender Dauer jedoch spannende Krimikost.

Die Figuren sind recht schwach gezeichnet, was insbesondere auf den schon angesprochenen Inspector Peter Bloomfield zutrifft. Cholerisch und frauenfeindlich tritt er in seinen äußerst seltenen Auftritten auf, allerdings so stereotyp und platt, dass man geneigt ist, darüber zu lachen. So verwundert es denn auch nicht, dass Bloomfield die Schuld an Paulas Tod seiner Kollegin Marley zuschieben will. Sie habe das junge Mädchen in den Selbstmord(?) getrieben, obwohl diese ganz offensichtlich durch einen Kopfschuss aus nächster Nähe erschossen wurde. Ah ja... Dazu passt, dass der Journalist Richard Dadd als Reporter des "Evening Argus" und nur eine Seite später als Chefredakteur der "Brighton Argus" vorgestellt wird.

Trotz dieser vermeidbaren Aussetzer und der bekannten Ausgangssituation gelingt es Hagemann nach schwachem Start dann überraschenderweise doch noch, eine immer spannender werdende Geschichte zu erzählen, deren Auflösung letztlich so klar erkennbar ist, dass man sie glatt überlesen hat. Zahlreiche Blindspuren und ein allzu offensichtliches Ende machen den Leser (womöglich) betriebsblind und so kann man das wohlwollende Fazit ziehen: Ende gut, alles gut.

Für ein Debüt ist Dem Tod geweiht insgesamt betrachtet ordentlich, mitnichten aber ein "Krimi des Monats". Gerald Hagemann gelang eine kurzweilige Story, die sein Potential erahnen lässt. Etwas mehr Detailliebe, Charaktertiefe und weniger Schwarz-Weis-Klischees, dann könnte bereits mit dem zweiten Band tatsächlich der "Krimi des Monats" gelingen.

Dem Tod geweiht

Gerald Hagemann, Goldmann

Dem Tod geweiht

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