Sine Culpa
- Scherz
- Erschienen: Januar 2007
- 19
- London: Allison & Busby, 2008, Titel: 'Innocent Blood', Seiten: 541, Originalsprache
- Frankfurt am Main: Scherz, 2007, Seiten: 500, Übersetzt: Ulrike Wasel & Klaus Timmermann
- Frankfurt am Main: Fischer, 2009, Seiten: 479
Mord verjährt nicht
Mit ihrem vierten Band Sine Culpa hat sich Elizabeth Corley nun endgültig in die Liga der ganz großen Schriftstellerinnen und Schriftsteller britischer Krimitradition geschrieben. Sie zeigt hier, dass sie das Genre par excellence beherrscht. Ihre Figur Chief Inspector Andrew Fenwick ist zwar keine Neuerfindung, doch er bringt alles mit, was ein sympathischer Ermittler benötigt: Er ist mitfühlend, setzt bei seinen Ermittlungen auf Intuition, spielt sich nicht in den Vordergrund und seine bevorstehende Beförderung ist ihm weniger wichtig, als die Ermittlungen zu einem befriedigenden Ausgang zu führen. Und doch ist er alles andere als perfekt, was sich insbesondere in seinem Familienleben zeigt, da er viel zu wenig Zeit mit seinen Kindern verbringt. Nachdem seine Frau nach längerer Zeit im Koma vor einem Jahr verstorben ist, wäre er eigentlich frei für eine neue Liebe, doch er hat die Avancen von seiner Kollegin Louise Nightingale abgeblockt, was er zwischenzeitlich zu bereuen scheint. Dennoch ist es den beiden gelungen, ihre kollegiale Freundschaft zu bewahren.
Ermittlungen im Fall "Chorknabe"
Inzwischen wurde Fenwick von der Kripo Harlden, seinem früheren Einsatzort, zu einer Sondereinheit, dem Major Crimes Squad von West-Sussex, versetzt, bei der er in Warteposition für die anstehende Beförderung zum Superintendent die Leitung übernommen hat. Die Ermittlung "Chorknabe" befasst sich mit einem Tipp des FBI, dass in Sussex ein Pädophilenring in ganz großem Stil operieren soll. Parallel hierzu bleibt Fenwick in Verbindung mit seiner alten Einheit, die das Verschwinden des elfjährigen Sam Bowyer ebenso untersucht wie den Tod von Malcolm Eagleton, der vor über 25 Jahren verschwunden ist und dessen Leiche vor kurzem gefunden wurde. Fenwick sieht hier eine Verbindung zu "Chorknabe", auch wenn seine Meinung von seinem Vorgesetzten, Assistant Chief Constable Harper-Brown, nicht geteilt wird, da er einen anderen Kollegen mit der Leitung der Ermittlungen betraut. Fenwick hätte sich zumindest gewünscht, dass Detective Inspector Louise Nightingale sich in diesem Fall beweisen könnte.
Als die Terrasse des angesehenen Golf-Clubs Harlden bei einem Unwetter unterspült wird, sieht der Chief Inspector seine Chance kommen, da ihm zuvor eine Untersuchung des Geländes verwehrt wurde. Und in der Tat findet er in der abgerutschten Erde einen Sack mit blutbefleckter Kleidung, die dem vor 25 Jahre verschwundenen Paul Hill gehörte, dessen Leiche bis heute noch nicht aufgetaucht ist. Fingerabdrücke im Sack führen zu Major Jeremy Maidment, der jedoch steif und fest und seine Unschuld beteuert.
Intensives Leseerlebnis
Geschickt lässt Elizabeth Corley in einigen Rückblenden durchblicken, was wirklich vor 25 Jahren geschehen ist. Der Leser ahnt es schon etwas früher als die Polizei und doch kommt keinerlei Langeweile auf. Sie baut die Handlung Schritt für Schritt auf und lässt auch der Routinearbeit bei den Ermittlungen ihren Raum, ohne damit zu ermüden. Die menschlich dargestellten Figuren, deren Charaktere sehr gut herausgearbeitet sind und bei denen die Teamkollegen nicht nur am Rande mitlaufen, sondern ihren Platz vollständig einnehmen, tun ihr übriges dazu. Der Plot gewinnt durch die Verknüpfung lange zurückliegender Ereignisse mit der Gegenwart eine Intensität, der man sich schwer entziehen kann. Corley zeigt auf, welche Schuld man mit beharrlichem Schweigen auf sich laden kann und dass Bußfertigkeit alleine nicht genügt, um Frieden mit sich selbst zu schließen.
Die Autorin sorgt mit Sine Culpa für ein absolut intensives Leseerlebnis mit Spannung auf hohem Niveau, ohne diese mit müden Thrillelementen aufpeppen zu müssen. Hier wird die britische Whodunit-Tradition in einer Weise fortgeführt, die ihresgleichen sucht und Vergleiche mit anderen großen Autoren wie Peter Robinson oder Ruth Rendell nicht zu scheuen braucht. Ein Buch, das man gut und gerne in einem Rutsch lesen möchte.
Elizabeth Corley, Scherz
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