Tödliche Hochzeit
- Goldmann
- Erschienen: Januar 2003
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- New York: G. P. Putnams Sons, 2002, Titel: 'Mortal Prey', Seiten: 354, Originalsprache
- München: Goldmann, 2003, Seiten: 442, Übersetzt: Manes H. Grünwald
- München: Goldmann, 2006, Seiten: 442
- München: Goldmann, 2009, Seiten: 442
Jeder Leser hat ja so seine Lieblingsautoren, deren künstlerischen Schaffensprozess er mit Hingabe und viel Wohlwollen begleitet und verfolgt. Ich habe die natürlich auch. Und dazu habe ich noch John Sandford, dieses ruppige, schwarze Schaf in der Schar erlauchter Lichtgestalten. Warum nur, warum? Ach, life ist strange, my dear...!
Clara Rinker ist jung und attraktiv und scheint das große Los gezogen zuhaben. Aus den Staaten hat es sie ins mexikanische Cajun verschlagen, wo sie recht engagiert und erfolgreich als Hotelmanagerin arbeitet. Überdies ist bereits die Hochzeit mit dem schmucken, geliebten Paulo geplant und was Kleines ist auch schon unterwegs.
Doch da gibt das Schicksal der Idylle einen Tritt. Aus heiterem Himmel wird auf die Turteltäubchen ein Anschlag verübt, dem Paulo sofort zum Opfer fällt. Clara überlebt zwar, doch sie verliert ihr Kind. Da Paulo Sohn eines einflussreichen mexikanischen Drogenbosses war, liegt für alle die Vermutung nahe, es handle sich bei dem Anschlag um die Scharmützel eines neuen Unterweltkrieges.
Doch insgeheim hat Clara einen ganz anderen Verdacht: Der Anschlag hat ganz allein ihr gegolten. Denn keiner ihrer mexikanischen Freunde ahnt etwas von der düsteren Lebensphase, die die junge Dame eigentlich endgültig hinter sich lassen wollte. In den USA hatte sie seinerzeit als äußerst effektive und damit teure Profi-Killerin in Diensten diverser Mafiabosse ihre Brötchen verdient. Und nun schien tatsächlich einer ihrer ehemaligen Auftragggeber den Entschluss gefasst zu haben, sie beseitigen zu lassen. Dumm nur, dass die Sache daneben ging, denn eine gereizte Clara wird zur Mega-Hornisse.
Clara taucht in Mexiko ab und begibt sich inkognito nach St. Louis, dem Wohnsitz ihrer ehemaligen Großkunden. Und da sie nicht so genau weiß, wer von den insgesamt fünf Bossen der Schurke war oder ob es sich gar um eine konzertierte Aktion aller gehandelt haben könnte, nimmt sie sich einen nach dem anderen zur Brust - und das äußerst durchschlagend trotz Bodyguards und Polizeiüberwachung.
Apropos Polizei - die hat nur einen Wunsch: Clara Rinker endgültig aus dem Verkehr zu ziehen. Und um das zu schaffen, bitten sie Lucas Davenport, Deputy Chief der Polizei von Minneapolis um Amtshilfe, denn der hatte schon einmal eine so unheimliche wie schmerzhafte Begegnung mit der Dame (Spur der Angst). So sehr sich aber auch dieser Haufen von gestandenen Polizisten, quirligen FBI-Agenten und eben Macho-Lucas auch bemüht - quasi unter ihren Augen legt Clara einen nach dem anderen Boss um. Und schließlich wendet sich Clara gegen Lucas selbst...
Ohne Zweifel - die Story ist spannend. Geschichten von ausgeklügelten Rachefeldzügen sind eh schon fast Selbstgänger. Und so könnte die ganze Chose ja eigentliche eine runde Sache sein, wenn nicht - ja, schauen wir uns diesen Super-Bullen aus Minneapolis doch mal ein wenig näher an: ein bisschen ruhiger und gesetzter ist er schon geworden mit zunehmendem Alter - die Macho-Attitüde ist um einiges abgeschliffen. Schließlich steht Lucas unmittelbar vor seiner Hochzeit mit Weather und dem Beginn eines trauten Familienleben.
Übrigens zeigt Sandford da deutliche Schwächen: Alle Szenen zwischen Lucas und Weather wirken erschreckend gestanzt, künstlich und hölzern. Er verwechselt da augenscheinlich Vertrautheit und Intimität mit permanent abgesondertem Liebesgestammel. Also das kann er schon mal nicht, künftig also Finger weg, John!
Etwas unangenehmer noch sind aber diese mitunter eingestreuten Geschmacklosigkeiten, diese etwas penetrante Unterleibsfixierung à la "American Pie". Dass Buletten-Sandwiches von Dirty Bill eine durchschlagende Wirkung auf den Verdauungstrakt der Konsumenten haben oder welche männlichen Körperteile Boxershorts bei welchen Gelegenheiten wie abklemmen - das mag spaßig finden, wer will. Meine Lachmuskeln nehmen so was nicht einmal zur Kenntnis.
Insgesamt also ist das Buch zumindest ein bisschen besser als das letzte, aber Sandford befindet sich nach wie vor im roten Bereich...
John Sandford, Goldmann
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