Das Axtschiff
- Piper
- Erschienen: Januar 2006
- 4
- Valby: Borgen, 2004, Titel: 'Økseskibet', Originalsprache
- München: Piper, 2006, Seiten: 509, Übersetzt: Christel Hildebrandt
- München; Zürich: Piper, 2008, Seiten: 509
Feinfühligkeit und wohldosierte Spannung
Rein optisch lässt das Deutschlanddebüt des dänischen Autors Jens Henrik Jensen schon einiges erwarten. Sehr gediegen kommt das Buch aus der Piper-Nordiska-Reihe daher: Gebunden und mit Logo-bedrucktem Lesebändchen. Das Axtschiff - ein Titel, der auf einen Kracher schließen lässt. Auf dem Schutzumschlag weckt auf der Vorderseite eine schöne Frau Interesse, auf der Rückseite die Schlagzeile "Ein Schiff voller Leichen vor der dänischen Küste".
Doch wie sich bald herausstellt, ist diese Schlagzeile so nicht korrekt. Denn der Frachter, um den es hier geht, trieb 1993, elf Jahre vor der aktuellen Handlung des Romans, absolut ohne Menschen - egal ob tot oder lebendig -, dafür aber mit jeder Menge Blut vor Dänemarks Küste. Der einizige Überlebende der Besatzung war der ebenfalls blutbefleckte Russe Vitali Romaniuk, der in der Nähe in einem Schlauchboot aufgelesen wurde. Die Geschichte, die er zu erzählen hatte, war haarsträubend: Fünf Seeleute, der Rest der Besatzung, wurden mit einer Axt erschlagen. Drei davon von den beiden übrigen und die Mörder in Notwehr von Romaniuk selber, was er erst nach einiger Zeit gestand. Die Leichen blieben unauffindbar, und Romaniuk war nichts Ungesetzliches nachzuweisen.
Doch für Nina Portland war dieser Fall etwas besonderes; einer der ersten Fälle, den sie als Polizistin zu bearbeiten hatte und dessen unbefriedigender Abschluss ihr auch nach Jahren noch keine Ruhe lässt. Als sie auf einer Konferenz in Estland Romaniuk wiedersieht, ermittelt sie auf eigene Faust - und gerät bereits in Estland zum ersten Mal in tödliche Gefahr.
Getarnt als Touristin führt sie die Spur weiter nach England, wo sie in die Machenschaften der Geheimdienste verwickelt wird. Da auch die russische Mafia in den Fall verwickelt zu sein scheint, wird die Lage für Nina zunehmend bedrohlicher. Ihren Vorgesetzten kann sie nach ihrem eigenmächtigen Handeln jedoch nun auch nicht mehr informieren, da sie sonst ihren Job los wäre.
Abwechslungsreiche Kulisse mit passender Atmosphäre
Der dänische Schriftsteller nahm einen authentischen Kriminalfall als Grundlage für den ersten Thriller seiner Nina Portland-Reihe. Das menschenleere Schiff, der russische Matrose, der freigesprochen wurde, all dies hat sich tatsächlich 1993 ereignet, wie Jensen in seinem Nachwort ausführt. Die Polizistin Nina Portland und deren Erlebnisse dagegen entspangen der Phantasie des Autors.
Mit Nina Portland hat der Autor einen Charakter kreiert, der das Potential zur Serienheldin besitzt: jung, hübsch, dynamisch, starrköpfig und mit Mut zur Eigeninitiative. Zudem hat er seine Protagonistin zwar ohne festen Partner, dafür aber mit einem sympathischen Sohn ausgestattet sowie mit einem schwierigen Vater. Dazu Astrid und Jørgen, die Nina aufgezogen haben, auf der idyllischen Norseeinsel Fanø leben und quasi Eltern für Nina sind. Jørgen war früher selber Polizist, und so haben die beiden Verständnis für Ninas Aktionen und bleiben ihre einzigen Vertrauten.
Das Axtschiff zeigt einen typischen Erstling einer Krimiserie, in dem der Protagonistin viel Raum und Zeit zugestanden wird, um sie der Leserschaft vertraut und sympathisch zu machen. Dies gelingt Jensen mit viel Feinfühligkeit und wohldosierter Spannung ganz hervorragend.
Eine Stadt an der dänischen Küste, eine kleine Nordseeinsel, Estland und Großbritannien bilden die abwechslungsreiche Kulisse für eine Story, in der der Autor immer die passende Atmosphäre zu erzeugen weiß.
Der Plot an sich wirkt zunächst verworren, zeigt sich dann jedoch gut durchdacht konstruiert, wenngleich die Betonung hier auf dem Wort "konstruiert" liegt. Doch gegen eine gut konstruierte Geschichte ist in einem spannenden Roman absolut nichts einzuwenden. Zumal die Auflösung der immer verworrener werdenden Geschichte den Leser im Endeffekt doch einigermaßen verblüffen kann.
Jens Henrik Jensen, Piper
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