Zappas letzter Hit

  • Pendragon
  • Erschienen: Januar 2006
  • 2
  • Bielefeld: Pendragon, 2006, Seiten: 232, Originalsprache
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Thomas Kürten
86°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2006

Das Lied vom Tod hat sieben Strophen

Karl Weber, der St.-Pauli-Killer, der sich auch "Zappa" nennen ließ, ist bereits seit über zehn Jahren tot. Er erschoss seine Frau und sich selbst, um der von seinen Auftraggebern angedrohten Hinrichtung zuvorzukommen. Doch sein Wissen über die Hintergründe seiner Taten hatte er in einem Tagebuch konserviert. Eine tickende Zeitbombe...

Fedder, Gottschalk und Broszinski ermittelten damals nach Zappas Hintermännern, konnten aber letztendlich keine Beweise finden, die irgendwen in Bedrängnis gebracht hätten. Nur noch Fedder ist heute noch bei der Kripo, Broszinski ist Maler geworden, Gottschalk betreibt ein erfolgreiches Feinschmecker-Restaurant. Als in seiner Küche die junge Julie Tönnes anfängt, hat die Zeit der Abrechnung begonnen. Denn Julie Tönnes ist niemand anderes als Julia Weber, Zappas Tochter. Sie weiß, wo sie nach dem Tagebuch ihres Vaters suchen muss. Doch bevor ihr die ehemalige Anwältin ihres Vaters helfen kann, verunglückt diese tödlich. Fedder beginnt Nachforschungen, Gottschalk interessiert sich nicht nur beruflich für Julie und Broszinski fragt sich, an wen seine Gemälde verkauft werden. Die alten Freunde raufen sich zusammen und machen sich nach Jahren noch einmal gemeinsam auf Spurensuche.

Granatensplitter

In sieben Teile hat Frank Göhre seinen Roman aufgeteilt. Langsam nimmt das Schicksal seinen Lauf, doch sehr schnell zieht die Handlung den Leser in ihren Bann. Der stetige Wechsel zwischen den Perspektiven der drei ehemaligen Kollegen, die sich dann im Rahmen einer Vernissage wieder sehen, sorgt von Beginn an für eine sehr lebendige Erzählung. Sehr intelligent verbindet Göhre das individuelle Schicksal der drei Protagonisten mit dem lang als ungeklärt abgelegten Fall: Unfall der Tochter, Freunde der Geschäftspartnerin, Reize der Angestellten. Der Polizist, der Maler und der Koch haben sich in den vergangenen Jahren voneinander entfremdet, doch gleichzeitig findet jeder von ihnen eine eigene Motivation, den alten Fall noch einmal aufzurollen.

Den sieben "Strophen" sind Zwischenstücke vorangestellt, Leuchtfeuer, die Geschehenes zusammenfassen oder aber Positionen der Akteure neu beleuchten. Hier balanciert der Autor geschickt mit dem Tempo und setzt interessante Impulse, durch die er Ereignisse und Personenkonstellationen fundiert. Schon hier überzeugt Göhre durch moderne Erzähltechnik und harte Schnitte. Was den Roman aber besonders lesenswert macht, sind einzelne Kapitel, in denen der Autor fünf, sechs, sieben parallele Handlungen gleichzeitig erzählt. Hier gibt es gar keine Schnitte mehr, fließende Übergänge lassen die Ereignisse ineinander verschwimmen. Vom Ganoven im Burger King geht es direkt an das Krankenbett von Fedders Tochter und dann in die Verkehrskontrolle, die bei Gottschalk eine Waffe findet. Und das Überraschende: es funktioniert! Durch diesen atemberaubenden Rhythmus schafft es Göhre, in einem kurzen Kapitel mehr Handlung flüssig und genussvoll zu vermitteln als mancher Kollege der schreibenden Kunst auf hundert Seiten.

Spannende Handlung, die Geschichte einer alten Freundschaft, die durch ein Verbrechen auseinander gerissen wurde und nun zumindest späte Genugtuung einfordert, temporeich und modern erzählt. Der Roman macht seinem Titel alle Ehre: ein echter Hit.

Zappas letzter Hit

Frank Göhre, Pendragon

Zappas letzter Hit

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