Die dunkle Prophezeiung

  • Bastei Lübbe
  • Erschienen: Januar 2006
  • 2
  • New York: Forge, 2004, Titel: 'The last prophecy', Seiten: 383, Originalsprache
  • Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 2006, Seiten: 381, Übersetzt: Angela Koonen
Die dunkle Prophezeiung
Die dunkle Prophezeiung
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Frank A. Dudley
30°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2006

Schlecht geölte Plotmaschine

Jon Land trägt in seinem neuesten Unterhaltungsroman ziemlich dick auf: südamerikanische Drogenbosse, Ex-Mitglieder von Saddams Elitetruppe, alte Nazis, Internet-Freaks, Agenten-Maulwürfe aus dem Kalten Krieg und das Sondereinsatzkommando der UNO prügeln, schießen und bomben sich um den Globus und durch die jüngste Geschichte. Die Schauplätze: Südamerika, der nahe Osten, die USA, Südfrankreich, das Konzentrationslager Buchenwald. Und wie kriegt Land diesen kruden Mix zwischen zwei Buchdeckel geleimt? Mit Mystik à la Dan Brown.

Aber von vorne. Selbstverständlich verfügt die UNO nicht über ein SEK oder sonstige Special Forces-Truppen. Ben Kamal und Danielle Barnea, die sich bereits sechs Mal als palästinensischer Detektiv und israelische Kommissarin versuchen durften, haben bei der United Nations Relief and Works Agency angeheuert. Obwohl die UNRWA im echten Leben eine Hilfsorganisation ist, die mit Aufbau von Schulen und sozialen Einrichtungen im Nahen Osten betraut ist, scheuen sich Kamal und Barnea nicht, bei ihren fiktiven Einsätzen böse Ex-Saddam Hussein-Schergen mit Blei voll zu pumpen. Wie diese können die beiden ehemaligen Polizisten eben auch nicht aus ihrer rauen Haut.

Ihr neuer Auftrag führt sie nach Palästina, wo sie herausfinden sollen, wer wirklich an dem Massaker in dem Dorf Bureij verantwortlich. Dort haben israelisch aussehende Soldaten 100 Bewohner und die beiden von der UNO gestellten Lehrer getötet. Schnell findet das Duo heraus, dass a) nicht die Israelis, sondern b) Iraker dahinter stecken, die c) eigentlich nur den UNO-Lehrer erwischen wollten, aber d) zur Tarnung gleich das halbe Dorf ausgelöscht haben. Ab diesem Punkt in der Handlung will Jon Land auf der Mystik-Thriller-Welle mit reiten und kommt sofort ins Schwimmen.

Hinter dem Massaker steckt eine sich anbahnende Weltverschwörung von Ex-KGB-Agenten, die die Regierungen der G8-Nationen unterwandert hatten und immer noch auf ihren Posten sitzen. Sie planen eine Anschlagserie in den USA, die selbst den 11. September in den Schatten stellen soll. Um die ganze Sache ins Laufen zu bringen, brauchen sie jedoch � tief Luft holen � die verschollenen Prophezeiungen des Nostradamus. Und die wurden vor dem Zweiten Weltkrieg von den Nazis entdeckt und auf dem Gelände des KZ Buchenwald vergraben, um schließlich von Soldaten einer Kompanie US-Sanitäter gefunden zu werden. Letztere behalten die alten Pergamente und verstecken sie. Jahrzehnte später werden die Veteranen samt Verwandte nach und nach ermordet, so auch der Sohn des ehemaligen Kompaniechefs. Und hier schließt sich der Kreis der hanebüchenen Story: Dieser Sohn hat bis zu seinem gewaltsamen Tod als Lehrer im Auftrag der UNO in Bureij gearbeitet. Dass Kamal und Barnea die Anschläge in den USA verhindern, versteht sich von selbst.

Typenhaft bis trivial

Jon Land hat mit "Die dunkle Prophezeiung" einen Roman geschrieben, dessen Plotmaschine stellenweise reichlich ins stottern gerät: Warum interessieren sich irakische Terroristen für einen obskuren europäischen Wahrsager des 16. Jahrhunderts? Woher nehmen um sich ballernde und zwischendurch weltweit gesuchte UNO-Mitarbeiter die Ressourcen, um den ganzen Globus zu umrunden? Und wer soll letztlich von den geplanten Anschlägen profitieren? Nicht plausibel und mitunter weit hergeholt.

Ebenso farblos sind die Charakterzeichnungen. Haupt- und Nebenfiguren wirken plakativ und ferngesteuert, ihre Motivationen bleiben im Ungefähren. Am unglaubwürdigsten ist der gutmenschelnde südamerikanische Drogenboss, dessen Ressourcen Kamal und Barnea auch noch völlig ungeniert annehmen.

Der Autor scheint weit gereist zu sein, aber differenzierte kulturelle Erfahrungen hat er literarisch nicht umgesetzt. Er bedient kurzsichtige Vorurteile und beinahe nationalistische Dünkel, wie sie speziell im angelsächsischen Kulturkreis häufig zu finden sind. So schreibt er Terroristen, die eine amerikanische Schule überfallen, ein "gewisses europäisches Gebaren" zu. Was, bitte schön, soll das denn sein? Land könnte ja mal versuchen, einem Niederländer klarzumachen, dass er sich eigentlich wie ein Deutscher benimmt, weil beide ja schließlich Europäer sind.

Es ging Jon Land offensichtlich nicht darum, mehr als unterhaltsame und schnell konsumierbare B-Kost zu produzieren. Die Klischees, die er hier verwendet, kommen allerdings aus der ganz tiefen Trivialkiste und machen das Buch beinahe ungenießbar. Ein Umstand, zu dem auch die häufig hölzerne Übersetzung beiträgt.

Die dunkle Prophezeiung

Jon Land, Bastei Lübbe

Die dunkle Prophezeiung

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