Cruzifix
- Lübbe Audio
- Erschienen: Januar 2006
- 32
- New York: Ballantine Books, 2005, Titel: 'The Rosary Girls', Seiten: 390, Originalsprache
- Bergisch Gladbach: Lübbe Audio, 2006, Seiten: 6, Übersetzt: Koeberlin, Matthias, Bemerkung: Regie: Kerstin Kaiser
- Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 2010, Seiten: 528
Viel mehr Tempo geht nicht
Jessica Balzano hat kaum ihren ersten Arbeitstag beim Morddezernat in Philadelphia begonnen, da werden sie und ihr Partner Kevin Byrne bereits zu einem neuen Tatort gerufen. In einem herunter gekommenen Haus mitten in Philadelphias Crackviertel, wurde die Leiche eines jungen Mädchens gefunden. Das Mädchen starb durch einen Genickbruch, doch ihr Mörder hatte ihr außerdem die Hände mit einer Stahlschraube wie zu einem Gebet zusammengeschraubt. In ihrer Hand hält sie einen Rosenkranz. Wie Balzano und Byrne herausfinden, handelt es sich bei dem toten Mädchen um Tessa Wells, einer 17-jährigen Schülerin, die eine der angesehene katholische Mädchenschulen der Stadt besuchte.
Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren, jedoch bringt bereits der nächste Tag völlig neue Erkenntnisse. Ein zweites, ebenfalls siebzehn Jahre altes Mädchen wird auf dem Blumenbeet einer öffentlichen Parkanlage gefunden. Auch ihr wurden die Hände zusammengeschraubt, auch sie hält einen Rosenkranz in ihren Händen. Offenbar haben es die Ermittler also mit einem Serienmörder zu tun, der es auf junge katholische Mädchen abgesehen hat, denn das zweite Opfer ging ebenfalls auf eine katholische Schule. Ansonsten gibt es keinerlei erkennbare Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Mädchen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und so gerät zunächst der Schulpsychologe Dr. Brian Parkhurst in das Visier der Fahnder, da er an beiden Schulen tätig ist und bereits in der Vergangenheit durch einen etwas zu intimen Umgang mit den ihm anvertrauten Schülerinnen aufgefallen war.
Die Zeit drängt, denn wie sich u. a. aus der Inszenierung der Tatorte ergibt beruft sich der Täter offenbar auf die Passion Christi bzw. die schmerzhaften Mysterien des Rosenkranzes. Und bis zum Osterfest, dem Tag der Wiederauferstehung, sind es nur noch wenige Tage...
Richard Montanari liefert mit Crucifix einen grundsoliden Thriller aus der Abteilung Serienmörder, der sich der genreüblichen Klischees ausreichend bedient und einmal mehr beweist, dass Trivialliteratur zwar sprachlich nicht jedermanns Sache sein muss ("Fresse polieren", um nur ein Beispiel zu nennen), dennoch gleichwohl sehr spannend und unterhaltsam sein kann. Dass sich Montanari dabei einen religiösen Hintergrund, der allerdings eher grob skizziert wird, ausgesucht hat erinnert spontan ein wenig an Boris Starlings Messias.
Vieles, zu vieles kommt einem sattsam bekannt vor: Eine junge, natürlich atemberaubend aussehende Polizisten, die an ihrem ersten Arbeitstag gleich voll auf die Probe gestellt wird. Der Partner ist selbstredend der beste Polizist der Stadt, lebt von seiner Frau getrennt und fast würde man eine obligatorische Liebesgeschichte zwischen den beiden erwarten. Doch hier überrascht der Autor seine Leser auf angenehme Weise, denn Byrne ist einer der ganz wenigen Personen, die auf das Aussehen seiner Partnerin nicht einmal ansatzweise reagieren. "Überraschung" auch bei der Suche nach dem Täter, wo der Leser wiederholt in die Irre geführt wird, allerdings übertreibt der Autor hier ein bisschen. Die Auflösung ist zwar keineswegs sensationell (hat man alles so oder so ähnlich schon mal gelesen), allerdings - einschließlich eines packenden Finales - durchaus akzeptabel.
Die Figuren der Protagonisten werden sehr ausführlich vorgestellt, wobei der zur Selbstjustiz neigende Kevin Byrne aufgrund seiner zweifelhaften Methoden nicht durchgängig sympathisch erscheint. Immer wieder folgen Rückblicke in die wichtigsten Lebensstationen der Hauptfiguren und so verliert sich der Autor mitunter ein wenig in Nebensächlichkeiten. Gleichwohl wird der Plot insgesamt packend erzählt und die abgenutzte Formulierung "lupenreiner Pageturner" muss letztendlich erneut herhalten. Bei der Beschreibung der Morde bzw. deren Begleitumstände ist der Autor übrigens recht erfindungsreich und wenig zimperlich.
Die bereits angesprochenen zahlreichen Parallelen zu vergleichbaren Fällen brauchen nicht unbedingt dem Autor als Nachteil ausgelegt werden, denn schließlich wird auf diese Weise etwas Beständiges in neuer Verpackung dargeboten und der Leser, der auf solche Serienmörder-Storys steht (Ich töte von Giorgio Faletti, "Toyer" von Gardner McKay und Co. lassen grüßen), weiß, was er beim Kauf des Buches bekommt. Einen kurzweiligen, spannungsreichen Roman, der einen über mehrere Stunden gut unterhält.
Richard Montanari, Lübbe Audio
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