Die dunkle Spur

  • Bertelsmann
  • Erschienen: Januar 1982
  • 1
  • München: Bertelsmann, 1982, Seiten: 351, Übersetzt: Jo & Matthias Klein
  • München: Goldmann, 1984, Seiten: 351
  • München: Goldmann, 1988, Seiten: 351
  • Darmstadt: Habel, 1993, Seiten: 351
  • Augsburg: Bechtermünz, 1998, Seiten: 351
Die dunkle Spur
Die dunkle Spur
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Peter Kümmel
79°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2006

Wenn Liebe zum Wahnsinn wird

Seit einigen Jahren bereits werden die Bücher von Joseph Hayes in Deutschland nicht mehr aufgelegt, einzig "Die dunkle Spur" war vor wenigen Jahren bei Weltbild als Sonderangebot zu haben. Bleibt zu hoffen, daß anläßlich seines Todes im September 2006 seine Romane wieder nachgedruckt werde, denn einige davon wie "Sekunden der Wahrheit", "Der dritte Tag" oder "An einem Tag wie jeder andere", dessen Verfilmung weltbekannt ist, sind es wert, gelesen zu werden.

Doch jetzt zu seinem Roman "Die dunkle Spur": Der Morgen begann damit, daß Brenda Forrest ihrem Mann Donald mitteilte, daß sie die Scheidung einreichen würde. Obwohl sie ihn noch immer liebte, kam für sie ein weiteres Zusammenleben nicht mehr in Frage. Donald, ein reicher Bauunternehmer, erfüllt seiner Frau zwar jeden Wunsch und kann sehr charmant sein, doch ist er in letzter Zeit dem Alkohol immer mehr zugetan. Seine Eifersucht und seine Wutausbrüche sind für Brenda unerträglich geworden. Als sie nach dem Einkaufen in ihr Haus zurückkehrt, findet sie dieses völlig verwüstet vor. Keine Frage für sie, daß Donald für dieses Chaos verantwortlich ist.

Brenda fasst einen schnellen Entschluß. Sie holt ihren 10-jährigen Sohn Toby vom Eislaufen ab und flieht mit ein paar Kleidungsstücken und wenig Bargeld in der Tasche aus Connecticut zu ihrer Freundin Charlene Conrad nach Sarasota in Florida.

Als Donald nach Hause kommt und entdeckt, daß seine Frau ihn verlassen hat, rastet er aus. In betrunkenem Zustand versucht er rasend vor Eifersucht, den Wagen von Preston Brice, dem Anwalt seiner Frau, von der Fahrbahn abzudrängen. Dann nimmt er die Suche nach Brenda auf, um sie zurückzuholen. Er sucht Brendas Eltern auf und wird dort so wütend, daß Brendas Vater einen Schlaganfall erleidet. Mit Hilfe seines Vaters Orin, der zwar nicht viel Verständnis für seinen Sohn aufbringt, ihn jedoch unterstützt, so gut er kann, engagiert er einen Privatdetektiv, der schnell Erfolg hat und Donalds Familie in ihrem Unterschlupf in Florida aufspürt.

Donald macht sich sofort auf den Weg nach Florida. Doch als Brenda sich weigert, mit ihm zurück zu fahren, schlägt er sie nieder, vergewaltigt sie, und entführt seinen Sohn Toby, um Brenda so zu erpressen. Brenda versucht, sich mit Hilfe des Anwalts Rex Maynard vor dem Psychoterror zu schützen, doch rechtlich hat sie nichts gegen ihren Mann in der Hand. Weder die Entführung des eigenen Sohnes noch die Vergewaltigung der eigenen Ehefrau kann als Verbrechen bestraft werden.

Donalds Wut zieht immer mehr unbeteiligte Menschen mit hinein. Charlenes Freund wird von ihm aus unbegründeter Eifersucht brutal zusammengeschlagen. Toby ist von dem Geschehen so schockiert, daß er seine Sprache verliert. Es gelingt Toby schließlich, aus der Gewalt seines Vaters zu entkommen, doch der Terror beginnt erst jetzt richtig.

Stalking

"Stalking" ist ein Begriff aus der Jägersprache und bedeutet auf Deutsch so viel wie "sich an die Beute heranpirschen". Im Strafrecht bezeichnet Stalking ein komplexes Täterverhalten, das dem des Mobbing im Arbeitsrecht teilweise entspricht, aber in einem anderen Kontext ausgeübt wird. Es geht hier vor allem um Belästigung, Verfolgung und sonstige Behelligung, die auf dem Begehren des Täters basiert, das Opfer zu einer intimen Beziehung zu bewegen oder dieses zu schikanieren, weil es sich weigert, dem Ansinnen des Täters zu folgen. Im weitesten Sinne kann hier also von Psychoterror gesprochen werden, der auf der Wahnvorstellung des Täters beruht, das Opfer würde oder müsse die Zuneigung des Täters erwidern. Wenn der Täter merkt, dass sein Bemühen um Aufmerksamkeit erfolglos bleibt, kann seine Motivation in Rache oder Vergeltung umschlagen. In Deutschland existiert bisher noch kein Gesetz gegen Stalker.

Der Täter bleibt noch Mensch

Obwohl das Buch recht einfach aufgebaut ist und das Thema nicht sehr vertieft wird, bietet es dennoch enorme Spannung und zeigt, wie sich ein solches Verhalten auswirken und wie weit es gehen kann.

Nun ist in diesem besonderen Fall das Stalking-Opfer die Ehefrau des Täters, was die rechtliche Handhabe natürlich erschwert. Anwälte und Polizei stecken hier in einem Teufelskreis, denn ihnen fehlt die Handhabe, etwas gegen den Stalker zu unternehmen, denn er hat nach den Gesetzen noch keine beweisbare Straftat begangen.

Einige interesante Aspekte werden in diesem Roman angerissen, doch leider nicht sehr vertieft. Doch alleine die Gedanken des Lesers, zu denen er angeregt wird, verhelfen dazu, die Spannung zu intensivieren. Sehr beeindruckend, wie Joseph Hayes überaus verständlich die Ängste seiner Charaktere schildert, so daß man sich in sie hinein versetzen kann. Gerade dadurch, daß der Handlungszeitrahmen des Buches nur drei Tage umfasst, zeigt er deutlich auf, in welchem großem Maße ein einzelner Mann fähig ist, die Menschen in seiner Umgebung in Angst und Schrecken zu versetzen.

Doch auch der Täter bleibt bei Joseph Hayes ein Mensch und wird nicht zum Ungeheuer gemacht. Auch, wenn sich beim Leser ein immer größerer Hass gegen Donald Forrest aufstaut, so erreicht der Autor durch die Beschreibung von Donalds Gedanken immer wieder, daß man als Leser auch ein gewisses Verständnis für Donald aufbringt, denn dieser ist sich seiner Schuld überhaupt nicht bewusst. Denn seiner Ansicht nach handelt er aus Liebe und kann überhaupt nicht begreifen, warum alle gegen ihn sind.

Überhaupt bringt Hayes durch die kursiv gedruckten Gedanken der Personen sehr vieles verständlich rüber, was alleine durch die Beschreibung der Handlung sehr schwierig zu erklären wäre. So hat das Opfer, Brenda Forrest, sehr viele Schuldgefühle, und sie muß erst lernen, daß sie überhaupt keine Schuld und auch keinen Einfluß auf das hat, was geschieht. Selbstverständlich ist bei diesem Lernprozess auch ein anderer Mann beteiligt, der Brenda viel Verständnis entgegen bringt und ihr klarmacht, daß sie vorher noch nie "richtige" Liebe erfahren hat.

Das Buch ist teilweise sehr brutal. Weniger im physischen Sinn als im psychischen. Obwohl auch einige Gewaltszenen vorkommen, beeindruckt doch viel eher, wie Leuten psychisch allein durch Drohungen das Leben zur Hölle gemacht werden kann.

Der Schreibstil von Joseph Hayes ist einfach und sehr flüssig, so daß selbst Leser, die nur selten zu einem Buch greifen, dieses innerhalb kürzester Zeit verschlungen haben werden.

350 Seiten Psychoterror halten auch den lesefaulsten Menschen wach und machen das Buch zu einem sehr kurzweiligen, aber nicht anspruchsvollen Erlebnis.

Die dunkle Spur

Joseph Hayes, Bertelsmann

Die dunkle Spur

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