Dein bis in den Tod

  • Scherz
  • Erschienen: Januar 2000
  • 3
  • Oslo: Gyldendal, 1979, Titel: 'Din, til døden', Originalsprache
  • Bern; München; Wien: Scherz, 2000, Seiten: 288, Übersetzt: Kerstin Hartmann-Butt
  • Frankfurt am Main: Fischer, 2007
  • Frankfurt am Main: Fischer, 2015, Seiten: 288
Dein bis in den Tod
Dein bis in den Tod
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Wolfgang Weninger
45°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2006

Schon aus lauter Mitleid sehr sympathisch

In der norwegischen Hafenstadt Bergen betreibt der Privatdetektiv Varg Veum sein Ein-Mann-Büro, in das plötzlich ein achtjähriger Junge kommt und um Hilfe bittet, denn sein Fahrrad wurde entwendet. Da Varg Veum ohnehin nichts Anderes vorhat, fährt er mit dem Kind in die Vorstadtsiedlung, in der eine Bande Jugendlicher die Umgebung terrorisiert. Varg Veum legt sich mit den Burschen an, brüskiert deren Anführer Joker und holt für den kleinen Roar Andersen das Fahrrad zurück. Zum Abschluss des Tages lernt er auch noch Roars Mutter kennen. Wenche Andresen ist knackig und geschieden und genau Varg Veums Kragenweite.

Kurz darauf erreicht Varg Veum ein Hilferuf von Wenche. Roar ist von der Bande entführt worden. Natürlich eilt der Detektiv sofort zu Hilfe, gerät in eine Falle, wird ordentlich vermöbelt, bevor er den Kampf für sich entscheiden kann und den Jungen zuhause abliefert. Der Dankeskuss der Mutter wühlt sein Inneres ordentlich auf und so hilft er ihr ein weiteres Mal, in dem er sich mit dem Vater trifft, von dem die Frau noch dringend benötigtes Geld zu bekommen hat. Als er ihr das Ergebnis seiner Unterredung mitteilen will, trifft er sie mit einem blutigen Messer in der Hand über der Leiche des Ex-Mannes. Alles sieht eindeutig aus, auch für die Polizei, aber Varg Veum glaubt an ihre Unschuld ...

Din, til døden, Dein bis in den Tod, erschien 1979 als sechstes Buch des norwegischen Schriftstellers Gunnar Staalesen, der bislang sechsundzwanzig Werke veröffentlicht hat, davon vierzehn Romane mit dem heruntergekommenen Detektiv Varg Veum, der als norwegischer Phil Marlowe bezeichnet wird. Kerstin Hartmann-Butt hat die im 2007 neu im Fischer-Taschenbuchverlag veröffentlichten 287 Seiten aus dem Norwegischen übersetzt.

Varg Veum ist ein richtig heruntergekommener Zyniker, der von der Polizei überhaupt nicht geschätzt wird, weil ihm der Ruf folgt, dass der geborene Loser überall wo er auftaucht über Leichen stolpert, die zumeist als Ergebnis seiner Recherchen ihr Leben ausgehaucht haben. Gunnar Staalesen versieht seinen Antihelden, der pausenlos über Gott und die Welt sinniert, dabei mit poetischen Gedankensplittern, bei denen man sich oft fragt, ob diese bewusst so platt konstruiert wurden.

 

"Ihre Augen wurden schwarz und dann wieder blau und das mehrmals, als hätte jemand eine Fahrradpumpe an ihre Pupillen angeschlossen, der sie nun heimlich aufpumpte und dann die Luft wieder herausließ."

 

In diesem sehr bildhaften und oftmals unfreiwillig komisch wirkenden Stil kämpft sich Varg Veum durch Bergen, ständig auf der Suche nach einem Glas Aquavit und einer Dosis Liebe, wobei er Ersteres deutlich öfter zu sich nimmt. So richtig spannend geht der abgehalfterte Ermittler dabei allerdings nicht zu Werke und so dauert es auch 115 Seiten bis endlich der Mord passiert und Veum langsam in Fahrt kommt.

Die Charaktere, die er bei seinen Ermittlungen trifft, haben oder hatten allesamt ein Problem mit den zwischenmenschlichen Beziehungen, dem zentralen Thema in diesem Roman. Dass dabei in erster Linie gescheiterte Existenzen ans Tageslicht kommen, verwundert zwar nicht, wird aber im Endeffekt reichlich langweilig ausgebreitet.

Anhand dieses Buches kann man den Erfolg des Autors wahrlich nicht nachvollziehen. Vielleicht gefällt diese Art Lektüre doch eher Menschen mit der Mentalität des Nordens, doch Karin Fossum und Anne Holt haben deutlich besser gezeigt, wie man Spannung fabriziert, obwohl auch sie sich schriftstellerisch im selben Milieu bewegen, allerdings aus dem Blickwinkel der Weiblichkeit.

Dein bis in den Tod ist zwar nicht todlangweilig, der Kriminalfall an sich kann letztendlich jedoch nicht überzeugen, dazu ist er zu simpel gestrickt und vorhersehbar, auch wenn Staalesen versucht, falsche Spuren zu legen, über die aber nur sein bedauernswerter Privatermittler Varg Veum stolpert, der dem Leser schon aus lauter Mitleid sympathisch ist. Doch die Sympathie reicht nicht aus, diesem Roman mehr als eine unterdurchschnittliche Wertung zu verpassen.

Dein bis in den Tod

Gunnar Staalesen, Scherz

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