Wilsberg und die dritte Generation

  • Grafit
  • Erschienen: Januar 2006
  • 2
  • Dortmund: Grafit, 2006, Seiten: 224, Originalsprache
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Thomas Kürten
86°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2006

Der bislang beste Wilsberg!

Schlecht steht es ja nicht unbedingt um Georg Wilsberg. 5.000,- Euro Anzahlung eines besorgten Vaters für die Suche nach seiner vermissten Tochter. Aber Felizia Sanddorn ist Journalistin, die bei der Recherche in einem pikanten Milieu plötzlich von der Bildfläche verschwunden ist. Denn über die so genannte "dritte Generation" der RAF ist wenig bekannt.

Peter Fahle hatte wenig Kontakt zu seiner Tochter. Angeblich, weil er in Amsterdam sein Geld mit einem Internet-Rotlichtimperium verdient. Tatsächlich scheint Fahle aber selbst in die Machenschaften der Terroristen verstrickt gewesen zu sein. Wilsberg fährt nach Düsseldorf und sieht sich in der Wohnung und am Arbeitsplatz von Felizia Sanddorn um. Dann schickt Fahle ihn nach New York, wo eine Ex-Terroristin wohnt, zu der Felizia Kontakt gesucht haben soll. Eine echte Spur findet Wilsberg aber auch hier nicht.

Ein paar Pensionäre werden nervös

Kaum zurück im beschaulichen Münster, steht der Verfassungsschutz vor Wilsbergs Tür. Er soll seine Nachforschungen im RAF-Milieu unterbinden. Das jedoch weckt Wilsbergs Instinkte erst recht. Er eilt zum nächsten Treffen mit seinem Auftraggeber, kommt allerdings zu spät: Fahle hat eine Kugel im Kopf und dummerweise wird der Tatort so arrangiert, dass alle Spuren auf Wilsberg als Täter weisen. Erst nach Tagen kommt Wilsberg wieder auf freien Fuß und er setzt seine Suche in den Reihen des deutschen Verfassungsschutzes fort. Denn dort scheint eine Riege rüstiger Pensionäre alles andere als erfreut über die Schnüffeleien des Münsteraner Privatdetektivs.

"Wilsberg und die dritte Generation" ist ein ausgereifter, ausgewogener und gewohnt schwungvoll erzählter Roman, der bislang beste aus der Feder von Jürgen Kehrer. Und auch im inzwischen siebzehnten Kriminalfall sind in der Figur Georg Wilsberg noch keine Abnutzungserscheinungen zu bemerken. In unverminderter Frische folgt man dem ehemaligen Rechtsanwalt und Antiquar auf Spurensuche. Hinzu kommt ein äußerst brisant von Kehrer konstruiertes Stück deutscher Geheimdienstgeschichte, dessen großes Potenzial der Autor voll abschöpfen kann.

Gerne nehme ich bei den älteren Wilsberg-Romane das Wort "Krimileinchen" in den Mund. Hier wäre das absolut unangebracht. Zwar hat auch dieser Roman nicht mehr als 200 Seiten, aber die sind mit Handlung vollgestopft, während auf humoristische Einlagen weitgehend verzichtet wird. Die packt Kehrer inzwischen lieber restlos in die TV-Auftritte seines Protagonisten. Er versäumt es auch nicht, die Figur ganz langsam und allmählich weiter zu entwickeln. Den Kontakt zu Pia Petry - die Figur von Autorenkollegin Petra Wührt, mit der Wilsberg seinen 16. Fall gemeinsam löste - nimmt er noch einmal auf und lässt ihn in Missverständnissen versanden. Somit dürfte auch eine Neuauflage der gelungenen Co-Produktion aus 2005 unwahrscheinlicher werden. Aber einen Wilsberg in Höchstform kann man auch als ewigen Single immer noch sehr gut vertragen.

Wilsberg und die dritte Generation

Jürgen Kehrer, Grafit

Wilsberg und die dritte Generation

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