Der Teufel von Mailand

  • Diogenes
  • Erschienen: Januar 2006
  • 23
  • Zürich: Diogenes, 2006, Seiten: 6, Übersetzt: Julia Fischer
  • Zürich: Diogenes, 2007, Seiten: 286, Originalsprache
Der Teufel von Mailand
Der Teufel von Mailand
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Thomas Kürten
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2006

Satans Werk

Sonia Forster ist Synästhetikerin. Das ist schön, das hört sich gut an, will ich auch haben. Aber was heißt das eigentlich?
Nach einem unfreiwilligen Drogentrip hat Sonia die seltene, aber auch verstörende Gabe, Farben zu riechen, Töne zu sehen, Formen zu schmecken etc. Nach einigen traumatischen Erlebnissen (u.a. einem überlebten Mordanschlag durch ihren Ex-Mann, der dafür hinter Gitter sitzt) bringt dies für die allein stehende Mittdreißigerin den Ausschlag, ein neues Leben zu beginnen und in einem Hotel in einem abgelegenen Schweizer Tal ihrem alten Beruf als Physiotherapeutin wieder nachzugehen.

Kaum ist Sonia in dem frisch eröffneten Hotel angekommen, passieren seltsame Dinge. Gäste, Personal, aber auch die einheimische Bevölkerung benehmen sich höchst sonderbar. Freundschaft kann sie nur mit einem schwulen Masseur schließen. Neben ihrer alten Freundin, zu der sie als einziger Kontakt via SMS hält, wird der Masseur zu ihrer einzigen Vertrauensperson.

Woher es sich die junge Besitzerin des Hotels leisten kann, eine offenbar hochdefizitäre Bettenburg zu führen, kann sich niemand so recht erklären. Eines Tages fährt jedoch eine Limousine aus Italien vor. In den Staub auf dem Lack hat ein flinker Finger "Der Teufel von Mailand" geschrieben. Beinahe zur gleichen Zeit findet Sonia in der Bibliothek des Hauses in einem alten Buch unter dem Titel "Der Teufel von Mailand" die Sage von Ursina, die für Schönheit und Reichtum dem Teufel ihre Seele verkauft hat. Ist es wirklich Satan höchstpersönlich, der nun von der Hotelchefin sein Tribut fordert?

Aus einer Gruselgeschichte wird doch noch ein Thriller

Martin Suters Schreibstil zeugt wieder einmal von glasklarer Prägnanz und einer herrlichen Unbekümmertheit. Entsprechend schnell kann man über die einzelnen Kapitel fliegen. Besonders interessant wird die Erzählung dabei durch die äußerst sensible Wahrnehmung und Selbstfindung der Hauptperson Sonia Forster und den kauzigen Argwohn der Bewohner des Tals gegenüber dem Hotelpersonal. Vor einer Märchenkulisse entsteht ganz sacht die bedrohliche Atmosphäre einer Gruselgeschichte. Zahlreiche liebevolle Details wie die Erdbeer- und Geranienaktionen im Krämerlädchen und die Erfindung der rhätoasiatischen Küche sind Indiz für die Kreativität des Autors.

Im "Teufel von Mailand" sind die besten Elemente aus Suters Werken vereinigt. Die Geschichte beginnt mit einer Verwirrung der geistigen Wahrnehmung bei der Hauptfigur, die ähnlich wie bei "Small World" durch eine Drogenerfahrung ausgelöst wird. Ebenso sind leichte Anleihen bei Figuren aus der "Business Class" zu entdecken. Somit bleibt Suter sich selbst und seiner Erfolgslinie treu. Allerdings kann die durch die Vorgängerromane aufgebaute, hohe Erwartungshaltung nicht vollumfänglich erfüllen. Für sich gesehen ist der "Teufel von Mailand" ein amüsanter Roman, der in einem grandiosen Show-Down endet. Die Metamorphose einer Gruselgeschichte zum Thriller ist spät, aber durchaus gelungen. Dennoch fällt der Roman im Vergleich zu "Small World" oder der "Dunklen Seite des Mondes" ein wenig ab.

Der Teufel von Mailand

Martin Suter, Diogenes

Der Teufel von Mailand

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