Feuertanz
- btb
- Erschienen: Januar 2006
- 11
- Stockholm: Alfabeta / Anamma, 2005, Titel: 'Eldsdansen', Seiten: 285, Originalsprache
- München: btb, 2006, Seiten: 316, Übersetzt: Lotta Rüegger & Holger Wolandt
- München: btb, 2008, Seiten: 316, Übersetzt: Lotta Rüegger & Holger Wolandt
Im Tanz liegt Wahrheit
Wenn ein Autor eine Serie konzipiert, wählt er automatisch einen Zeitpunkt im Leben seines Protagonisten, von dem an die Leser an den Geschehnissen partizipieren. Hat die Serie Erfolg, kann er sich überlegen, ob der Blick weiterhin in die Zukunft gerichtet ist, oder ob nicht die Vergangenheit auch interessante Aspekte bietet, die sich als Handlungsrahmen verwenden lassen. Die schwedische Autorin Helene Tursten wählte wie ihre Kollegin Liza Marklund diesen Weg und versetzte ihre Hauptfigur Polizeikommissarin Irene Huss in ihrem neuesten Krimi "Feuertanz" zumindest teilweise an den Anfang ihrer Karriere.
Zurück in die Vergangenheit
Wir schreiben das Jahr 1989: Irene Huss hat gerade erst bei der Mordkommission angefangen. Ihr Chef Sven Andersson übergibt ihr als Frau nur zu gerne das Verhör der elfjährigen Sophie Malmborg, die im Falle eines abgebrannten Hauses eine wichtige Zeugin oder sogar Tatverdächtige sein könnte. Bei dem Brand kam ihr Stiefvater ums Leben. Doch Sophie sagt kein Wort, auch Irene kann ihr keine Details entlocken. Die Mutter Angelica Malmborg-Eriksson gibt zu Protokoll, was sie von Sophie erfahren konnte. Ihr Mann Magnus lebte höchstwahrscheinlich noch, als Sophie nach der Schule zum Ballettunterricht fuhr, der kleine Frej, Sophies Stiefbruder, war bei seiner Tante auf einem Hof in der Nähe. Da in der Gegend bereits mehrere Brände aufgetreten sind, liegt die Vermutung nahe, dass Magnus Eriksson das Opfer eines Brandstifters geworden ist. Oder ist er einfach mit einer brennenden Zigarette eingeschlafen? Der Fall wird nach einiger Zeit unaufgeklärt zu den Akten gelegt.
Fünfzehn Jahre später tritt Sophie abermals in das Leben der Polizistin, als sie als vermisst gemeldet wird. Sie wurde das letzte Mal in einem Hotel bei einer Feier gesehen, danach verliert sich jede Spur. Einige Wochen später wird ihre Leiche in einem Lagerhaus gefunden; ihre Verletzungen sowie die Analyse ihres Blutes, in dem Spuren von Beruhigungsmitteln gefunden werden, lassen darauf schließen, dass es sich bei ihrem Tod nicht um einen Unfall handelte.
Helene Tursten betont in "Feuertanz" das psychologische Moment weitaus mehr als in ihrer vorigen Büchern. In "Die Tätowierung" ging es zum Beispiel recht brutal zu, die Geschichte tendierte fast in Richtung Serienkiller-Krimi, im Folgeroman "Der erste Verdacht" macht sich einen Ausflug in die Zeit der dot-com-Euphorie und bringt wirtschaftliche Zusammenhänge in ihre Handlung mit ein. Insgesamt zeigt sie damit, dass sie keineswegs auf ein bestimmtes Muster festgelegt ist, auch wenn ihre ersten Bücher in dieser Hinsicht noch weniger Flexibilität zeigten.
Mit viel Psychologie zum Ende
Einige Konstanten finden sich dennoch wieder: Ihre Protagonistin Irene Huss, die neben den polizeilichen Ermittlungen immer auch ein paar private Probleme mit sich herumschleppt, sei es Sorgen mit ihren Töchtern oder wie hier, dass ihr Mann Krister an einem Burn-out-Syndrom leidet, sowie ihr Schreibstil, der mit ungewöhnlich vielen Details und Nebensächlichkeiten aufwartet. Letzteres ist jedoch im vorliegenden Buch etwas weniger stark ausgeprägt oder es hat sich ein gewisser Gewöhnungseffekt eingestellt.
Leider ist die Auflösung der beiden Fälle aus Vergangenheit und Gegenwart enttäuschend, auch wenn die Verbindung schlüssig ist. Im Falle von Sophies Tod wirkt das Ende zusammengeschustert und nicht sehr überzeugend, im Falle der Brandstiftung bietet die Autorin dagegen keine Überraschung. Auch die Atmosphäre wirkt mit dem Künstlermilieu recht konstruiert und wenig lebendig. Weniger gut gelungen ist ihr zudem die Charakterisierung der Figuren, die einige Stereotype aufweisen. Sophie ist schwer gestört, aber bei der Familie wundert einen das kaum. Die Mutter scheint nicht bindungsfähig zu sein, der Stiefvater war Alkoholiker und wenig erfolgreich als Journalist und auch der Bruder ist nicht frei von Macken.
"Feuertanz" ist nicht so seitenstark, wie man es angesichts des Füllmaterials vermuten würde. Die Geschichte ist recht kurzweilig angelegt und liest sich flüssig. Auch ohne Kenntnis der Vorgängerbände kommt man sehr gut mit. Im Endeffekt halten sich Vor- und Nachteile in etwa die Waage, doch man kann getrost auf das Erscheinen des Taschenbuches warten.
Helene Tursten, btb
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