Die Wiege des Windes
- Leda
- Erschienen: Januar 2006
- 7
- Leer: Leda, 2006, Seiten: 352, Originalsprache
- Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hörbuch, 2009, Seiten: 9, Übersetzt: Jürgen Holdorf
Intelligent-unblutige Fortsetzung mit Greenpeace-Botschaft
Nach der Lektüre von Ulrich Hefners Erstling Der Tod kommt in Schwarz-Lila waren wir von der Krimi-Couch schnell dabei, den Autor mit dem Schweden Henning Mankell zu vergleichen. Auch jetzt, etwa zwei Jahre später, scheint das nicht zu kühn gewesen zu sein. Doch gerade die Parallen zu den Wallander-Romanen waren die wenigen Kritikpunkte. Entsprechend neugierig durfte der Leser nun bei Die Wiege des Windes sein, ob Hefner im Fahrwasser des Schwedens bleibt, oder sich daraus löst, um eigene Bahnen zu schwimmen. Band 2 der Reihe um den Wilhelmshavener Kommissar Martin Trevisan benötigt erfreulicherweise keinen Serienmörder mehr, um fesseln zu können. Und auch auf die ordentlich auf den Keks gehenden Schilderungen des Wetters zur Unterstreichung der Melancholie der Hauptfigur hat Hefner verzichet. Also ein einwandfreier Nachfolger?
Ostfriesland Ende der 90er: Hier lebt der Umwelt-Aktivist Björn Larsen, der sich schon mit einigen Leuten angelegt hat. Besonders am Herzen liegt ihm das Watt, seine Artenvielfalt, seine Robbenbänke. Umso irritierter ist er, nachdem er nun schon einige Male ein rostrotes Schiff unter schwedischer Flagge vor den Inseln hat kreuzen sehen. Ihm ist die Sache nicht geheuer und taucht unter recht mysteriösen Umständen unter. Selbst seinem Ziehvater, einem alten Kutterkapitän, ist Larsens Verhalten unerklärlich.
Szenenwechsel: Auf den Chef der Nationalparkverwaltung Wattenmeer wird ein Briefbombenanschlag ausgeführt. Nur durch einen Zufall bleibt er unverletzt, bekommt aber Polizeischutz vom LKA. Den er - so viel sei vorweggenommen - dringend braucht. Die Spur führt die Beamten des LKA auf eine gewisse Rieke, die allerdings in Australien weilt, um gegen den Walfang vor Ort mit allem Einsatz zu kämpfen. Was die Ermittler noch nicht ahnen: Rieke und Larsen waren ein Paar. Als dann noch eine kopflose Leiche aus dem Hafenbecken gefischt wird, ist es vorbei mit der winterlichen Ruhe der friesischen Weihnachtstage. Und Trevisan steht vor einem großen Problem. Als ob er nicht bereits genug davon um die Ohren hätte, nachdem seine Frau ihn verlassen hat und mit der Tochter nach Kiel gezogen ist.
Wie Eingangs erwähnt: Es ist absolut erfreulich, wie Ulrich Hefner die Kritikpunkten aufgenommen und beseitigt hat. Auf Wallander oder den Stil Mankells kommt der Leser nun wirklich nicht mehr. Mehr Hefner, weniger Mankell ist das Erfolgsrezept von Die Wiege des Windes. Akribisch und mit viel Einfühlungsvermögen schildert der Autor die raue friesische Wirklichkeit und ein seinerzeit durchaus akutes Problem: Wie kann der einmalige Lebensraum Wattenmeer geschützt werden? Das hat vor knapp zehn Jahren hohe Wellen geschlagen, als immer weniger Robben um die ostfriesischen Inseln gezählt worden sind und was seitdem fast völlig aus den Schlagzeilen verschwunden ist. Für die Wahl dieses Themas: Daumen hoch!
Dazu gelingen Hefner mit dem alten Kutterkapitän, dem Norderneyer Ornithologen und Technikfreak, der feschen Friederike und Martin Trevisan selbst glaubhafte, sympathische Charaktere, mit denen man sich gerne in Gummistiefel und gelbe Öljacke schmeißt, um diese beiden Fälle am Schlick zu untersuchen. Gelungen ist Hefner dabei übrigens auch die Balance zwischen der Weiterentwicklung des Kommissars und den beiden Plots (die selbstverständlich gekonnt zusammengeführt werden), Trevisan als Protagonist bleibt interessant, sein Privatleben führt aber nie dazu, dass der Autor die eigentliche Handlung aus dem Blick verliert.
Sprachlich sauber, gut recherchiert, spannend geplottet - Ulrich Hefner kann man nur dazu gratulieren, dass er den Pfad der Serienmörder verlassen hat, um sich einem weniger spektakulären, aber nicht weniger packenden Thema zu widmen und den Mankell-Ballast über Bord zu werfen. Die zwei Jahre Pause nach dem Erstling sind gut investiert gewesen. Auch wenn wir nicht noch mal so lange auf einen weiteren Teil warten wollen.
Ulrich Hefner, Leda
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