Seidenstadt-Leichen

  • Leporello
  • Erschienen: Januar 2005
  • 11
  • Krefeld: Leporello, 2005, Seiten: 211, Originalsprache
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Eva Bergschneider
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2006

Lebendige und spannende Unterhaltung vom Niederrhein

Die Autorin Ulrike Renk veröffentlichte bisher den Kurzgeschichten-Band "Mörderisch!",  ein Buch mit 30 Krimi-Geschichten, die als kreativ, amüsant, leicht absurd, makaber und nachdenklich beschrieben werden. Die am Niederrhein lebende freie Lektorin und Mutter von vier Kindern scheint über ein sehr vielfältiges schriftstellerisches Repertoire zu verfügen. Mit "Seidenstadtleichen" liegt nun ihr erster Roman vor, ein Regionalkrimi mit dem Untertitel "Tatort Niederrhein", herausgegeben vom Krefelder Leporello Verlag. Man darf gespannt sein, ob es der Autorin gelungen ist, sowohl das spezielle Flair ihrer Heimatstadt einzufangen, als auch einen schlüssigen und spannenden Krimi zu schreiben, der auch Leser außerhalb der Region begeistern kann.

Blutige kopflose Schaufensterpuppen und eine Leiche

In der sonst eher idyllischen Umgebung der niederrheinischen Stadt Krefeld werden kopflose Schaufensterpuppen gefunden. Aufgrund ihres sehr menschlichen Aussehens und einer Verzierung mit Kunstblut halten die fündigen Spaziergänger sie für Leichen. Die Polizei hält die Puppen für einen eher harmlosen Streich und untersucht die Angelegenheit nicht weiter - bis eine weibliche Leiche ohne Kopf gefunden wird, die genau so arrangiert wurde, wie die Puppen.

Hauptkommissar Jürgen Fischer wird an seinem ersten Arbeitstag bei der Krefelder Kripo mit dieser Leiche konfrontiert. Es stellt sich als enorm schwierig heraus, eine Tote ohne Kopf zu identifizieren. Scheinbar hat die junge Frau einige Zeit  in der Gefangenschaft ihres Killers verbracht. Wenig später wird Karin Steinbach von ihrem Ehemann als vermisst gemeldet. Ist sie die tote Frau oder hat hier ein Serienkiller bereits sein nächstes Opfer entführt?  Eine weitere Frau wird überfallen und kommt knapp mit dem Leben davon, sie wurde beim Joggen in der Nähe des Stadtwaldes überfallen und niedergestochen. Die Tote weist ebenfalls die ausgeprägte Wadenmuskulatur einer Läuferin auf und auch Karin Steinbach hielt sich auf diese Weise fit. Hat es der Mörder auf Joggerinnen abgesehen?

Karins Ehemann Daniel Steinbach gibt der Polizei Rätsel auf, denn er scheint nicht das beste Verhältnis zu seiner Ehefrau zu haben und bleibt einige Erklärungen schuldig. Herr Schink, der die Leiche gefunden hat, hat früher lebensecht aussehende Frauenpuppen gebaut. Der alte Mann macht einen weiteren grausig aussehenden Fund, bevor auch er spurlos verschwindet. Die örtliche Presse fällt über die Polizei her, die anscheinend kaum Fortschritte erzielt und trotz zahlreicher Verdächtiger keinen Täter überführen kann. Die Lage spitzt sich dramatisch zu, als wieder eine junge Frau, die in ihrer Freizeit gerne joggt, vermisst wird.

Ein gordischer Knoten löst sich auf

Ulrike Renk gelingt eine lückenlose, jedoch nicht ganz schlüssige Auflösung des sehr komplexen Falles. Beinahe jeder scheint verdächtig, alles scheint auf mysteriöse Weise miteinander verbunden zu sein, bis sich am Ende alles aufklärt. Es ist nicht so richtig nachvollziehbar, wie alle entscheidenden Fakten bis zum Schluss so hartnäckig verborgen bleiben konnten. Die sonst sehr glaubwürdig geschilderte Polizeiarbeit wirkt dadurch etwas amateurhaft und die Auflösung ist auch nicht wirklich überraschend.

Trotz einiger Mängel in der Story macht es viel Spaß, diesen Niederrhein-Krimi zu lesen. Die Geschichte ist teilweise aus der Opferperspektive geschildert, ein in Krimis häufig verwendetes Stilmittel, dass von Ulrike Renk äußerst effektvoll eingesetzt wird und viel Spannung erzeugt. Sonst wird die Handlung aus der Perspektive einer der jeweils handelnden Personen erzählt, was sehr individuell gestaltet ist und dadurch erfrischend echt und lebendig wirkt.

Couragierte Menschen wie aus der Nachbarschaft

Hauptkomissar Jürgen Fischer gibt offen zu, dass die EDV nicht sein Gebiet ist und er sich noch etwas unsicher in seiner neuen Position fühlt. Die anscheinend beabsichtigte Trennung von seiner Familie bedrückt und beunruhigt ihn. Trotzdem kann er durch seine Erfahrung, seine Menschenkenntnis und seinen Instinkt die entscheidenden Aktionen zur Aufklärung des Falles beitragen. Die Kommissarin Sabine Thelen wirkt durch ihre Trauer um ihren im Dienst verstorbenen Lebensgefährten verletzlich und gebrochen, beweist aber auch Tatkraft und Entschlossenheit. Polizeichef Guido Ermter  sorgt sich um den Ruf der Krefelder Kripo, strukturiert die Gruppe und fordert Ergebnisse. Genauso stellt man sich ein Kripo-Team vor. Die Protagonisten in "Seidenstadtleichen" sind so authentisch beschrieben, das sie dem Leser wie gute Bekannte vorkommen. Man findet sich selbst in der einen oder anderen Person wieder und kann sich leicht mit ihnen identifizieren. Glücklicherweise wird es noch mehr Krimis mit der Krefelder Ermittlergruppe geben. Der Leser kann sich also darauf freuen, bereits vertraute Charaktere wieder zu treffen und sie durch ihren Alltag mit Tod und Leid zu begleiten. Ulrike Renks Niederrhein-Krimi macht auch dem Leser außerhalb der Region mehr Appetit auf spannende Unterhaltung aus Krefeld.

Seidenstadt-Leichen

Ulrike Renk, Leporello

Seidenstadt-Leichen

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