Blut für Bolivar
- Pendragon
- Erschienen: Januar 2005
- 3
- Bielefeld: Pendragon, 2005, Seiten: 296, Originalsprache
Eher eine Karikatur, denn ein ernstzunehmender Politthriller
Der Pendragon-Verlag hat es sich zur Aufgabe gemacht, bereits ältere Kriminalromane neu als Taschenbuch aufzulegen. In dem Buch "Blut für Bolivar" finden sich zwei Kurzromane von D. B. Blettenberg. "Weint nicht um mich in Quito" erschien 1981 und heimste prompt den Edgar-Wallace-Preis ein und "Agaven sterben einsam" erschien im Jahr darauf.
Der vielgereiste Autor, der die meiste Zeit in Übersee lebte und auch in Ecuador längere Zeit verbrachte, versteht es in erster Linie, Land und Leute zu beschreiben. Seine Kenntnis der herrschenden politischen Zustände fließen in die Krimis ein und sind ausschlaggebend dafür, dass man ihm diverse Preise verlieh, denn von der Handlung her sind die Erzählungen längst nicht das Gelbe vom Ei.
Warum der Pendragon-Verlag auf der Rückseite des Buches lediglich ein Kurzstatement über "Weint nicht um mich in Quito" andruckt und die zweite Romanerzählung mehr oder weniger vergisst, bleibt deren Geheimnis.
"Weint nicht um mich in Quito"
Wolf Straßner ist deutscher Sozialtechniker, hat als solcher in Ecuador allerdings reichlich wenig zu tun und verdingt sich als Privatschnüffler. Dabei legt er nicht nur die hübsche Frau seines alten Auftraggebers flach, sondern sich selbst mit Typen an, denen die örtlichen Gewerkschaftsvertreter ein Dorn im Auge sind. Straßner kann natürlich nicht zusehen, wie seine Bekannten reihenweise ins ecuadorianische Gras beißen und mischt sich ein. Mord und Totschlag, Attentate und Bespitzelung scheinen in Quito an der Tagesordnung zu sein und unser wackerer deutscher Held spielt den James Bond für Arme, was ihm schlussendlich gar nicht gut bekommt. Aber er überlebt und tummelt sich alsbald im
"Agaven sterben einsam"
und heißt jetzt plötzlich Richard Braunschweig und verfolgt, was es heißt, in Ecuador Politiker zu sein. Putschversuche und Intrigen sind an der Tagesordnung. Generäle und Minister feilschen nicht nur um die Posten an der Macht und die fettesten Pfründe. Bomben und Militär bestimmen das Alltagsleben und mitten drin verdingt sich wieder Wolf Straßner mit neuem Namen, um der vermeintlichen Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen. Wie ihm das gelingt, verrät der Pendragon in der Neuauflage "Blut für Bolivar".
Nun können beide Geschichten, auf 296 Seiten gepresst, eher als zeitgeschichtliches Dokument der Verhältnisse in Lateinamerika, speziell in Ecuador sein. Als Krimi finde ich jeden Jerry Cotton-Roman besser, denn was sich Wolf Straßner als penetranter Frauenbeglücker und Revolverschwinger leistet, ist eher eine Karikatur, denn ein ernstzunehmender Politthriller. Wären nicht die wirklich geglückten Beschreibungen der Zustände und der Lebensumstände in einer Bananenrepublik, könnte man die Erzählungen getrost vergessen und eine miserable Wertung für "Blut für Bolivar" abgeben. So aber gewinnen die Romane durch ihre erzählerische Dichte im lateinamerikanischen Ambiente, während besonders die Dialoge und Gedankensplitter von Wolf Straßner eher in die unterste Schublade der Artikulation zu verbannen sind.
D. B. Blettenberg versucht zwar mit seinem Machohelden Wolf Straßner Stimmung zu machen, aber die Geschichten an und für sich, scheinen eher nur halb ausgegorene Romankonstruktionen zu sein. Sie lesen sich leicht und locker ohne jeden Anspruch, die Charakterisierung der Personen (vor allem der Deutschen) reiht eine Platitüde an die nächste. So wurde aus einem guten Grundkonzept leider nur ein knapp mittelmäßiger Sammelband, der Blettenberg längst nicht von der besten Seite zeigt. Und jemand, der bereits drei Mal den Deutschen Krimi-Preis erhalten hat, sollte wirklich Besseres zu bieten haben.
D.B. Blettenberg, Pendragon
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