Das strenge Herz des Todes

  • Fischer
  • Erschienen: Januar 2005
  • 2
  • Frankfurt am Main: Fischer, 2005, Seiten: 189, Originalsprache
Wertung wird geladen
Peter Kümmel
18°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2005

Banaler Schreibstil

Dem Roman vorangestellte Gedichte von Goethe und Heine lassen anspruchsvolle Literatur erwarten, doch bereits nach wenigen Seiten ist die Enttäuschung groß. Clausens Satzbau ist überaus simpel. Kurze Sätze, einfachster Satzbau. Adjektive scheint der Autor kaum zu kennen. Das liest sich durchgehend in diesem Stil:

 

"Am Morgen war er in die Stadt gefahren. Hinter dem Hauptbahnhof war wenig los gewesen. Nur einige Junkies waren da. Die Polizei hatte sie gut im Griff. Bei dem Obststand am Bahnhof klaute er zwei Äpfel. Niemand bekam das mit. Er war gut im klauen. Perfekt. Weil es ihm langweilig geworden war, fuhr er mit der U-Bahn zurück. Jetzt saß er auf dem Steg und überlegte, wo er die Nacht verbringen sollte."

 

Gut, das Buch ist dünn. Knapp 190 Seiten - davon dürften durch viele Kapitelwechsel und ganzseiteige Gliederungstitel vielleicht 150 mit Text bedruckt sein - lesen sich gerade mal so runter, da geistige Anstrengung nicht vonnöten ist. Schlimmer noch als der beschreibende Text ist jedoch die direkte Rede. Clausens Charaktere unterhalten sich grundsätzlich in abgehacktem Stakkato und die berühmten drei Pünktchen sind zwischen zwei Gänsefüßchen mehr als regelmäßig zu finden.

 

"Da kann sie ja von Glück sagen ... dass sie gerade in deiner Wohnung ... Nein ... nein ... ich kriege keine Luft mehr. Ich kriege keine Luft mehr ... Oh, oh ..."

 

Die beiden Beispiele sind nicht etwa besonders herausgesucht. Nein, das gesamte Buch ist in dieser Art geschrieben.

Vom Inhalt und von der Aussage her erinnert "Das strenge Herz des Todes" sehr stark an Friedrich Ani, wobei ich letzterem jedoch weitaus mehr Qualität zubillige, obwohl dessen Schreibstil auch nicht gerade schriftstellerisch anspruchsvoll ist.

Ein überflüssiger Protagonist

Daß der Autor für seinen Roman einen Serienprotagonisten nach Art von "Kommissar Schulzes elfter Fall" entwickelt hat, ist nun gänzlich überflüssig, denn wer nun eigentlich dieser Philipp Freyberg ist, der - wie auf dem Titelbild groß angekündigt - in Hamburg ermittelt, das ist mir bis zum Ende nicht klar geworden. Eine in der Ich-Form erzählende Hauptperson, von der man so wenig erfährt wie von Philipp Freyberg, der auch fast gar nichts "ermittelt", ist mir in der Kriminalliteratur selten untergekommen.

Über seine Vergangenheit erfährt man nur in wenigen Sätzen. Ein reicher Erbe scheint er zu sein, der nichts zu arbeiten braucht. Und ein Helfersyndrom hat er. Wer liest auch sonst nachts in einer Großstadt eine betrunkene Frau von der Straße auf und bringt sie nach Hause? Doch viel mehr erfährt man nicht von Freyberg, so daß dieser ebenso wie Freundin (?) Dorothea und Commissario Reinhart eine gesichtslose Unperson bleibt.

Traurig, depressiv und melancholisch

Nur etwas besser sind die Personen charakterisiert, die auf der anderen Seite des Lebens stehen. Solche Menschen, die vom Schicksal benachteiligt sind, und um die es hier vor allem geht. Der kleine Klaus, der ebenso wie seine Mutter von seinem Vater geschlagen wird und von zu Hause ausreißt. Anna und Jacob, die ein ähnliches Los bereits vor Jahren auf die Straße getrieben hat. Und der große Klaus, der bereits vor über vierzig Jahren viel erleiden mußte und dies sein ganzes Leben über nicht verkraftet hat.

Die Aussage des Buches und der Plot an sich sind nicht schlecht, doch leider derart stümperhaft aufbereitet, dass das Lesen keinen großen Spaß macht. Ein Mord ist geschehen, doch spielt die Frage nach dem Täter für die Story keine Hauptrolle, denn nicht die Täter, sondern die Opfer stehen im Mittelpunkt.

"Das strenge Herz des Todes" ist ein trauriges, depressives, überaus melancholisches Buch. Wer Geschichten dieser Art mag, der ist jedoch mit Friedrich Ani weitaus besser bedient.

Das strenge Herz des Todes

Robert Clausen, Fischer

Das strenge Herz des Todes

Deine Meinung zu »Das strenge Herz des Todes«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Dr. Drewnioks
mörderische Schattenseiten

Krimi-Couch Redakteur Dr. Michael Drewniok öffnet sein privates Bücherarchiv, das mittlerweile 11.000 Bände umfasst. Kommen Sie mit auf eine spannende und amüsante kleine Zeitreise, die mit viel nostalgischem Charme, skurrilen und amüsanten Anekdoten aufwartet. Willkommen bei „Dr. Drewnioks mörderische Schattenseiten“.

mehr erfahren