Die Schwarze Dahlie

  • Ullstein
  • Erschienen: Januar 1988
  • 14
  • New York: Mysterious Press, 1987, Titel: 'The Black Dahlia', Seiten: 325, Originalsprache
  • Frankfurt am Main; Berlin: Ullstein, 1988, Seiten: 480, Übersetzt: Jürgen Behrens
  • Frankfurt am Main; Berlin: Ullstein, 1992, Seiten: 475
  • München: Ullstein, 2001, Seiten: 475
  • München: Ullstein, 2003, Seiten: 475
  • Berlin: Ullstein, 2006, Seiten: 496
  • Hamburg: Hörbuch Hamburg, 2007, Seiten: 8, Übersetzt: Ulrich Pleitgen
  • Hamburg: Hörbuch Hamburg, 2008, Seiten: 8, Übersetzt: Ulrich Pleitgen
Die Schwarze Dahlie
Die Schwarze Dahlie
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Tyrel Tyrel
1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2003

Keine guten Ritter in schimmernder Rüstung - in sich zerrissene, widersprüchliche Persönlichkeiten

Am 15.01.1947 wird die grausam zerstückelte Leiche einer jungen Frau auf einem unbebauten, verunkrauteten Gelände in Los Angeles aufgefunden. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben, dass sie vor ihrem Tod von ihrem Peiniger mehrere Tage lang gequält und gefoltert wurde. Bei der Toten handelte es sich um die 22-jährige Elisabeth Short, der aufgrund ihrer Vorliebe für schwarze Kleidung posthum der medienwirksame Name "Schwarze Dahlie" verliehen wurde. Trotz aufwendiger und personalintensiver Ermittlungen konnte der Täter nie ermittelt werden.

Soviel zum tatsächlichen Vorfall, der diesem Buch zugrunde liegt. Der Autor selbst gab zu, vom tragischen Schicksal der schönen Toten so berührt gewesen zu sein, dass es ihm ein Anliegen wurde, in diesem düsteren Kriminalroman eine mögliche Lösung dieses ungelösten Verbrechens anzubieten.

Das Buch ist jedoch sehr viel mehr als nur die in eine fiktive Geschichte eingebundene Nacherzählung eines realen Kriminalfalls.

Das Buch wird aus der Sicht eines der in dem Mordfall ermittelnden Polizeibeamten in der Ersten Person erzählt: Officer Dwight Bleichert, ein deutschstämmiger Boxer, der aufgrund seiner kalten Raffinesse im Ring den Beinamen Mr. Eis erhielt, gerät während der Ermittlungen in den unheilvollen Bann der Dahlie, die seinen weiteren Lebensweg bestimmen wird. Die Besessenheit, die Umstände zu klären, die zu Elisabeth Shorts Tod führten sowie die Affinität zum Boxen teilt er mit seinem Partner, Sergeant Lee Blanchard, der aufgrund seines gradlinigen, kraftvollen Kampfstils den Beinamen Mr. Feuer erhielt.

Mit Lee und seiner Freundin, einem ehemaligen Gangsterliebchen verbindet ihn bald ein familiärer Zusammenhalt, der nur durch seine zunehmende Zuneigung zu der Frau und Lees wachsender Paranoia, die sich in Gewalt- und Drogenexzessen äußert, belastet wird. Geprägt durch das gewaltsame Verschwinden seiner Schwester ist Mr. Feuer nicht zimperlich bei der Wahl seiner Mittel, die sich alsbald nicht mehr mit seinen polizeilichen Pflichten vereinbaren lassen.

Bleichert setzt die Ermittlungen in dem Mordfall auch nach Einstellung des Verfahrens fort. Sie führen in in die tiefsten Niederungen des Los Angeles der Nachkriegsjahre, in einen Sumpf aus Verbechen, Korruption und moralischer Verderbtheit. Sein eigenes Ehrgefühl bleibt zeitweise auf der Strecke, und sexuelle Obsessionen und zunehmende Verrohung übernehmen die Kontrolle. Das Schicksal der Dahlie zieht Tragödien nach sich, die vorher nicht absehbar waren.

Das Buch zeichnet ein erschreckendes Bild der amerikanischen Gesellschaft. Von der ersten Seite an lässt Ellroy dem Leser keine Illusionen hinsichtlich der Protagonisten. Sie sind keine guten Ritter in schimmernder Rüstung , sondern in sich zerrissene, widersprüchliche Persönlichkeiten, deren Verhalten nur allzu oft Unverständnis und Abscheu erzeugt. Die Sprache der Akteure ist manchmal brutal offen und menschenverachtend; rassistische Äußerungen keine Seltenheit. Die Gnadenlosigkeit der geschilderten Verbrechen findet sich im Leben der Personen wieder und zieht sich durch alle Schichten und Altersgruppen . Die Promiskuität und der Irrsinn sind überall. Nüchterne Intelligenz und sympathische Warmherzigkeit sind die Ausnahme.

Das Buch erschreckt mit seinem ungeschönten und bis zum Äußersten ausgereizten, wenn nicht sogar überreizten Realismus. Es verstört, dass Ellroy die Wirklichkeit abzubilden scheint, die so kaum zu ertragen wäre.

Und doch ermöglichst Ellroy das Weiterlesen durch kleine Geschenke von Herzlichkeit und Mitleid, die die Hoffnungslosigkeit des geschilderten Milieus und der Schicksale mildern. Selbst in den hartgesottensten Polizisten und abgebrühtesten Flittchen scheint der Wunsch nach Liebe, Zärtlichkeit und Frieden und die Angst und der Ekel vor dem Bösen und Schlechten zu existieren. Niemand ist nur Schwarz oder Weiß, gut oder böse. Zum Ende der Geschichte entlässt Ellroy den Leser sogar mit einem Hauch von Optimismus.

Über James Ellroy ließe sich ebensoviel berichten wie über den Inhalt des Romans. Da die Lebensgeschichte des Autors offenbar direkt mit dem Entstehen und dem Stil seiner Werke zusammenhängt, ist eine Kurzbiographie notwendig. James Ellroy, geboren 1948 in Los Angeles, wurde als 10-jähriger mit der traumatisierenden und ungeklärten Ermordung seiner inzwischen alleinerziehenden Mutter konfrontiert. Der Schock über den Vorfall warf ihn zunächst aus der Bahn. Ellroy trieb sich herum, trank zuviel Alkohol, nahm Drogen und verbüßte wegen einiger kleinerer Delikte mehrere Haftstrafen. Ende der 70-iger Jahre fing er sich wieder und begann mit den Arbeiten zu seinem ersten Roman. Mit der Schwarzen Dahlie entstand 1987 dann das Buch, dass eine vierteilige Serie über das kriminelle Los Angeles begründete.

Ich halte "Die schwarze Dahlie" für das beste Buch dieser Serie, da es trotz seiner Komplexität übersichtlich und gradlinig bleibt, während sich die Fortsetzungen in diversen Handlungssträngen verwickeln, die für den Leser immer schwieriger zu durchschauen sind. Aber auch dieser Roman erfordert die ungeteilte Aufmerksamkeit des Lesers, da jede Szene für die Handlung des Buchs von Bedeutung ist, wenn diese auch erst viele Seiten später deutlich wird.

Der Stil des Buchs ist schnörkellos und direkt, beklemmend in der Zeichnung der verlorenen Helden und schonungslosen Darstellung ihres Milieus.

Die alles beherrschende Gewalt stieß mich ab, die Sinnlosigkeit der Verbrechen machte mich wütend und die Tragik der Personen weckte Traurigkeit in mir, aber in seiner Widersprüchlichkeit und Spannung faszinierte das Buch dennoch von der ersten bis zur letzten Seite.

Die Schwarze Dahlie

James Ellroy, Ullstein

Die Schwarze Dahlie

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