Todesschläger
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2005
- 2
- Meßkirch: Gmeiner, 2005, Seiten: 373, Originalsprache
Rätselhafter Mord nach britischer Art
"Golferkrimi" ist Hans Lebeks Krimi "Todesschläger" untertitelt. Was lässt dies erwarten? Muß denn ein Krimi in irgendeine Schiene reingepresst werden, um irgendwelche Käuferschichten anzusprechen? Ich bezweifle, dass das Buch in Golferkreisen zum Renner wird.
Zumindest beginnt die Handlung schon mal auf einem Golfplatz in Berlin. Vater und Sohn Suller sind frühmorgens zu einer Runde aufgebrochen. Der Vater möchte seinen Abschlag trainieren, der Sohn, der als Golflehrer arbeitet, ist mit der Videokamera dabei, um dem Vater dessen Fehler aufzuzeigen. Im Sandbunker machen die beiden dann eine grausige Entdeckung: mitten drin liegt ein Toter, in dessen Stirn ein Golfschläger steckt.
Der Anfang lässt nichts Gutes erwarten
Hauptkommissar Michael Schlosser ist ein fähiger Ermittler mit guten Ideen, ein lebensecht wirkender Mensch mit Stärken und Schwächen, geschieden wie so viele Romanpolizisten. Als Kontrastprogramm dazu sein Assistent Genko Genske (wie kommt man als Autor bloß auf einen solchen Namen?): er ist ein eher etwas trotteliger Polizist der Art, die man sich wünscht, wenn man selber einen Mord begangen hat und nicht erwischt werden möchte. Das Nervige an ihm aber ist sein Spleen, als Berliner ständig in bayerischem Dialekt reden zu müssen. Dieser auch nicht einmal witzige Gag muß dann auch noch über die gesamte Handlung hinweg bis zum Erbrechen durchgezogen werden.
Daß trotz dieser Voraussetzungen und nach den ersten fünfzig Seiten schlimmster Befürchtungen meinerseits aus "Todesschläger" dann doch noch ein recht ordentlicher Krimi geworden ist, ist um so erfreulicher.
Aus Golferkrimi wird Wirtschaftskrimi
Zunächst wartet der Autor mit einem Rätsel auf, das an beste britische Krimiklassiker erinnert. Wie wurde das Mordopfer getötet? Aus fehlenden Spuren im Sand, Todeszeitpunkt und Zustand des Sandes lässt sich ganz klar feststellen, dass keine weitere Person den Sandbunker betreten haben kann. Doch wie ist der Golfschläger in die Stirn des Mannes geraten? Auch einen Wurf des Sportgeräts können die Kriminaltechniker ausschließen. Die Auflösung ist, wenn auch nicht 100% glaubhaft, durchaus überraschend und absolut originell.
Außer ein paar Fachausdrücken, mit denen der junge Suller die Polizisten beeindruckt, hat es sich dann aber auch schon ziemlich mit Golf und der Golferkrimi mutiert nach und nach zum Wirtschaftskrimi. Der Tote war Hermann Wetzlar, Vorstandsvorsitzender der Wetzlar-Werke, einem Unternehmen für elektronische Bauteile. Wenn sich auch Genko Genske bereits frühzeitig auf den jungen Suller als Täter festgelegt hat (was dem Leser wiederum sagt, dass dieser unschuldig ist) und überzeugt ist, ihm die Tat nachweisen zu können, vermutet Schlosser den Mörder eher im Umfeld der Firma oder der Familie. Wetzlars Frau Leona, eine ehemalige Prostituierte, sein Bruder Norbert, der mehr davon hält, das Geld mit vollen Händen auszugeben als für das Wohl der Firma zu sorgen sowie der in wirtschaftlichen Dingen raffinierte Teilhaber Georg Walden sind für ihn die Hauptverdächtigen.
Viele Hinweise und Wendungen
Immer wieder tauchen neue Hinweise auf. Durch falsche Alibis und neue geschäftliche Erkenntnisse geraten ständig andere Personen in den Blickpunkt. Dabei bleibt der Leser immer auf dem gleichen Wissensstand wie die Polizisten. Glaubt Schlosser einen Durchbruch erzielt zu haben, löst sich der Verdacht ganz schnell wieder in Nichts auf. Weitere Todesfälle lassen nicht lange auf sich warten und bringen immer wieder Überraschungen ins Spiel. Doch je mehr neue Erkenntnisse die Ermittler gewinnen, um so größer wird ihre Verwirrung und Schlosser steht kurz davon, die Akten zu schließen und den Fall ungeklärt zu lassen. Doch dann bringt ihn ein winziges Detail auf die überraschende Lösung.
Aus der Biografie des Autors lässt sich entnehmen, dass sowohl die Informationen aus dem Golfsport als auch das Hintergrundwissen aus dem Vorstandsbereich eines großen Unternehmens durchaus fundiert sind.
"Todesschläger" hebt sich trotz einiger Schwächen aus dem Gros deutscher Kriminalromane heraus. Doch einen Appell hätte ich noch an den Autor: Sollten Sie eine Fortsetzung planen so lassen Sie bitte Genko Genske im nächsten Golferkrimi von einem Caddy überfahren oder ganz einfach in Loch 18 versinken. Hager genug dafür ist er ja.
Hans Lebek, Gmeiner
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