Ich töte

  • Goldmann
  • Erschienen: Januar 2005
  • 44
  • Mailand: Baldini & Castoldi, 2002, Titel: 'Io uccido', Originalsprache
  • München: Goldmann, 2005, Seiten: 672, Übersetzt: Sigrun Zühlke, Suse Vetterlein, Christiane Rhein
  • München: Goldmann, 2007, Seiten: 671
  • München: Goldmann, 2006, Seiten: 671
Ich töte
Ich töte
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Jörg Kijanski
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2005

Ein grandioser Debütroman

In Monaco ereignen sich keine Verbrechen. Überall sorgen Kameras für Kontrolle, auf sechzig Einwohner kommt ein Polizist. Und dennoch beginnen sich die Ereignisse im Fürstentum zu überschlagen, als sich ein anonymer Anrufer bei der populären Live-Sendung "Voices" von Radio Monte Carlo meldet. Er könne die Menschen nicht leiden und deshalb nachts nicht schlafen verkündet die verfremdet klingende Stimme. Auf die Frage des Moderators, was er dann mache, antwortet der Anrufer: "Ich töte". Bevor der Mann auflegt spielt er einen Ausschnitt aus der Filmmusik zu "Ein Mann und eine Frau", in dem es um die Geschichte eines Rennfahrers und seiner Freundin geht. Am nächsten Tag findet man die Leichen von Formel-1-Weltmeister Jochen Welder und dessen Freundin Arijane Parker. Beiden wurde nach ihrem Tod die Kopfhaut samt Haaren abgezogen.

Für Kommissar Nicolas Hulot von der Sureté Publique bedeutet dies ein Alptraum, hat er doch mit Schwerverbrechen keinerlei Erfahrung. Daher bittet er seinen Freund Frank Ottobre um Hilfe, da dieser ein Profi in Sachen Verfolgung von Serientätern ist. Doch der beurlaubte FBI-Spezialagent lehnt dankend ab. Zu tief ist die Depression in der er sich derzeit befindet, wurde er vor einiger Zeit doch bei einem Einsatz in den USA lebensgefährlich verletzt. Kurz darauf starb zudem seine Frau, für deren Tod er sich die Schuld gibt. Allerdings vergeht nur wenig Zeit und Ottobre beschließt, seinem Freund zu helfen. Die Zeit drängt, denn bei "Voices" erfolgt bereits ein weiterer Anruf, diesmal begleitet von Santanas "Samba Pa Tie" in einer Live-Aufnahme aus Japan. Am darauf folgenden Tag wird die Leiche des Milliardärs Allen Yoshida gefunden, der eine geheime Vorliebe für Snuff-Videos hatte. In seinem letzten Film spielte er unfreiwillig selber die Hauptrolle...

Der Monegasse und der FBI-Agent haben alle Hände voll zu tun

Während Hulot und Ottobre, der zunehmend Chef der Ermittlungen wird, alle Hände voll zu tun haben, verkompliziert sich die Situation zusehends, als sich der mächtige US-General Alan Parker, der Vater von Arijane, in die Ermittlungen einschaltet...

Giorgio Faletti gelang mit Ich töte ein grandioser Debütroman, der in Italien öfter über den Ladentisch ging als jedes Werk eines italienischen Romanciers zuvor. Das Buch ist ein reinrassiger Mainstream-Thriller, der alle Regeln der Kunst mustergültig bedient, wobei nahezu alle Handlungsstränge bzw. Ereignisse nachvollziehbar aufgelöst werden. Angesichts von 670 Seiten Umfang hat der Autor viel Zeit um seine Charaktere Hulot und Ottobre sauber darzustellen und auch für viele Nebendarsteller und Randfiguren bleibt reichlich Platz. Da Faletti diese Darstellungsweise konsequent bis zum Ende durchzieht, scheint es auf der Zielgeraden einige Längen zu geben, doch wäre alles andere ein kaum akzeptabler Stilbruch.

Bei aller Detailliebe geht die Handlung selber zügig voran, unterbrochen von zahlreichen Rückblenden in die Vergangenheit der Darsteller. Dies jedoch nicht um Zeilen zu schinden, sondern zur Erklärung ihrer Situation bzw. ihres Verhaltens. Und selbst als bereits nach rund 450 Seiten (es kommen ja noch 220!) die Identität des Anrufers entschlüsselt ist, verliert das Werk keineswegs an Spannung. Im Gegenteil, denn ein nicht unerheblicher Teil des Rätsels wird eben doch erst auf den Schlussseiten gelöst und sorgt für ein furioses (ein wenig zu konstruiertes) Finale. Allein auf das sehr schnulzige Schlusskapitel, in dem sich Ottobre u. a. von seinen Kollegen verabschiedet, hätte man getrost verzichten können.

Zum Finale ist Konzentration gefragt

Ein Täter der keine Spuren hinterlässt, ein Ex-FBI-Agent der in sein altes Leben zurückfindet, ein Kommissar (Hulot), der nicht nur einen höchstgefährlichen Serienmörder fangen, sondern sich auch den internen Machtkämpfen erwehren muss, diplomatische Einflussnahmen (schließlich sind unter den Toten zwei Amerikaner) und - nicht zuletzt - ein General, der glaubt, allein auf militärische Weise den Fall lösen zu können, ohne irgendwem Rechenschaft zu schulden - dies sind die Hauptzutaten von Ich töte. Der Plot spielt nur auf einer Handlungsebene und ist daher leicht zu verfolgen. Sofern Nebenfiguren eingeführt oder näher vorgestellt werden, werden diese nach wenigen Seiten in die Gesamthandlung einbezogen. Lediglich bei der Lösung (Vergangenheit bzw. Motiv des Täters) und der Rolle von General Parker ist Konzentration gefragt, denn hier tischt Faletti ordentlich auf.

Wer sich von einer hohen Anzahl mitwirkender Personen und einem zeitweise verwirrenden Finale nicht abschrecken lässt, sollte unbedingt zugreifen. Auch wenn einiges überkonstruiert wirkt und zahlreiche Klischees (z. B. die obligatorische Liebesgeschichte) leider nicht ausgespart werden, so ist der Erfolg des Romans alles andere als ein Zufall.

Ich töte

Giorgio Faletti, Goldmann

Ich töte

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