Wiesn-Feuer
- KBV
- Erschienen: Januar 2005
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- Hillesheim: KBV, 2005, Seiten: 210, Originalsprache
Kann man gut lesen, muss es aber nicht gelesen haben
Der Klappentext zu diesem KBV-Krimi von Harry Luck sagt bereits alles Wesentliche aus. Alles dreht sich um Bier, Bier, Bier und das Geschäft mit dem blonden Gerstensaft. Ganz München liegt schon Wochen vorher im Taumel rund um das Treiben auf dem Oktoberfest und da in den Redaktionen der Printmedien Saure-Gurken-Zeit herrscht, gräbt nicht zuletzt auch der Journalist Franz Litzka in Historie und Histörchen rund um das größte Volksbesäufnis der Welt. Dabei stößt er fast zwangsläufig auf die grausigen Ereignisse vor 25 Jahren und weil er nichts Besseres zu tun hat, will er über das heutige Leben der Opfer von damals eine Story schreiben, für die ihn seine Recherchen auch ins rechtsextreme Lager führen.
Zeitgleich trifft eine Drohung für ein neues Attentat ein und so bleibt es nicht aus, dass auch Ermittlungen der Behörden aufgenommen werden. Die Frage, ob man das Oktoberfest ausfallen lässt, weil Menschen gefährdet sein können und dadurch extreme wirtschaftliche Einbußen in Kauf nehmen müsste, wird ein zentrales Thema, bei dem sich Regionalpolitiker und Wirtschaftstreibende kräftig in die Haare geraten.
Harry Luck, Journalist in München, weiß genau, wovon er in seinem zweiten Krimi "Wiesn-Feuer" schreibt. Er zerlegt das Hickhack rund um Verantwortung und Geldverdienen und beschreibt den Kampf um Wirtschaftsinteressen und politische Machtspielchen, bei denen seine Figuren gar nicht gut weg kommen. Egal, ob er Bierbrauer, Fremdenverkehrsbürokraten, Bürgermeister oder Beamte beschreibt, sie sind samt und sonders unsympathisch und schon fast skurril überzeichnet, wenn es denn nicht doch so unwahrscheinlich echt wirken würde.
Zentrale Frage dieses Kriminalromans ist die Beherrschung des (Bier)Marktes, auch dann, wenn der Weg mit Leichen gepflastert sein könnte. Das im gegebenen Fall auch aus privater Sicht eine mörderische Handlung eingebaut ist, fällt dabei weniger ins Gewicht und so bleibt die Spannung rund um den Tod auf der Theresienwiese leider ein wenig auf der Strecke. Hier merkt man deutlich, dass der Autor es gewöhnt ist, journalistisch zu arbeiten, dabei aber die Raffinesse eines Krimis nicht ganz erzielen kann, weil die eigentliche Bluttat zu stark rund um Wirtschaft und Politik konstruiert ist.
Das "Wiesn-Feuer" ist eine locker geschriebene, teils amüsante Geschichte, die vor Allem durch ihr Lokalkolorit wirkt. Wer schon ein Mal vor Ort war, wird mit Sicherheit die Typen erkennen, die Harry Luck schonungslos karikiert und genau darin liegt der Reiz dieses Romans. Der Wiedererkennungswert beim Leser ist deutlich höher als der Spannungsfaktor. Und darum liest sich das 211-Seiten-Werk für Kenner des bayerischen Festgeschehens völlig anders, als für Oktoberfestnovizen, die mit den regionalen Gepflogenheiten nicht vertraut sind.
"Wiesn-Feuer" kann man gut lesen, muss es aber nicht gelesen haben. Ganz klar darf man dieses Buch in die Regio-Krimi-Schublade einordnen und genau dort wird es mit Sicherheit seinen Leserkreis finden und auch die ihm zustehende Akzeptanz erhalten.
Harry Luck, KBV
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