Allein mit deinem Mörder

  • Droemer Knaur
  • Erschienen: Januar 2003
  • 15
  • München: Droemer Knaur, 2003, Seiten: 381, Originalsprache
  • München: Knaur, 2004, Seiten: 382, Originalsprache
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Jörg Kijanski
65°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2005

Ein Bisschen zu viel des Guten

Dr. Johanna Jensen arbeitet als Poilzeipsychologin und kümmert sich um die Probleme von Hamburgs Polizisten. Während sie auf ihren ersten großen "Einsatz" wartet, geht sie zunehmend frustierter ihrem Job nach, denn die Hilfestellung bei Alkohol-, Drogen- und Eheproblemen ist nicht das, was sie sich von ihrem Beruf erwartet hat. Schließlich war sie zwei Jahre zur Ausbildung in forensischer Psychologie beim FBI. Das sich nebenbei ihre Beziehung zu ihrem langjährigen Freund Stefan aufzulösen scheint und das Verhalten ihrer Mutter ihr gegenüber zunehmend negativer wird, verbessert die Stimmungslage keineswegs.

Als eines Samstag früh morgens Markus, ein mit ihr eng befreundeter Polizist, anruft und sie bittet, dringend ins Präsidium zu kommen, ahnt sie, dass die von ihr erhoffte Chance in greifbare Nähe rückt. Ein Serienmörder, der bereits zwei Frauen umgebracht hat, hält seit kurzem die Kripo auf Trapp. Nun sind zwei weitere Morde geschehen und angesichts des mangelnden Erfolges bei den bisherigen Ermittlungen beschließt Martens, Leiter des Landeskriminalamtes, eine Psychologin in den Fall mit einzubeziehen. Dies sorgt für reichlich Konfliktpotential, denn der charismatische Leiter der Hamburger Kripo, Sven Dieckmann, hält nicht nur nichts von Psychologen sondern ist auch keineswegs begeistert, dass ihm Johanna vor die Nase gesetzt wird. Die Abneigung besteht sehr schnell auf Gegenseitigkeit, was den Fortschritt der Untersuchung naturgemäß nicht fördert.

Die Ermittlungen treten auf der Stelle: Zwischen den Frauen gab es ausser ihrem auffällig gutem Aussehen keine Gemeinsamkeiten, sieht man davon ab, dass deren Leichen alle an Orten gefunden wurden, die tagsüber stark frequentiert sind. Äußerlich sind die Frauen unversehrt, sie wurden zudem weder vergewaltigt noch beraubt. Erst langsam erkennt Johanna, dass es dem Täter gar nicht um die Frauen geht, sondern dass er die Polizei selbst herausfordern will. Offensichtlich ist in seiner Vergangenheit etwas furchtbar schief gegangen, wofür er der Polizei die Schuld gibt. Als wenig später ein ehemaliger Straftäter als Verdächtiger festgenommen wird, ist der wahre Mörder "enttäuscht" und beschließt den Einsatz zu erhöhen. Kurz darauf wird Markus entführt...

Nicole Drawer arbeitet hauptberuflich als Kriminalhauptkommissarin und so verwundert es kaum, dass sie den Polizeialltag und die Ermittlungen mit großer Detailliebe beschreibt. Ebenso werden die Hauptfiguren charakterlich hervorragend gezeichnet, wobei man bei der Figur der Johanna, die ihr eigenes Leben schon nicht in den Griff bekommt, sich fragen muss, ob eine solche Person jemals von der Polizei um Hilfe gebeten würde. Dieckmann, Markus und einige andere Personen werden ebenfalls anschaulich dargestellt und selbst der Täter kommt durch gelegentlich eingestreute Szenen "zu Wort" und gibt "erste Hinweise".

Was hier allerdings atmosphärisch dicht und mit diversen "Nebenkriegsschauplätzen" (Freund Stefan, Differenzen zwischen Johanna und Dieckmann, neuer Freund? etc.) angereichert wird, ist letztendlich für meinen Geschmack ein bißchen zu viel des Guten, da somit die eigentliche Story auf den ersten 200 Seiten nur schleppend an Fahrt gewinnt. Wünschenswert wäre gewesen genauer aufzuzeigen, wie der Fall selber gelöst wird. Die Ermittlungen verlaufen viel zu lange ins Nichts und nur die Hinweise des Täters selber führen langsam aber sicher dazu, dass Johanna die Beweggründe versteht und damit die Identität der gesuchten Person entschlüsselt. Was dem Leser dann aber nach gut 350 durchaus kurzweilig geschriebenen Seiten als Auflösung des Falles präsentiert wird verdirbt einem nachträglich den zunächst positiven Eindruck. Kann man das Motiv als solches noch nachvollziehen, so ist die daraus resultierende Handlungsweise des Täters (der Mord an den vier Frauen) aus meiner Sicht schlichtweg absurd, zumindest aber sehr unstimmig. Und über den ("Sudden-Death"-) Showdown hüllen wir an dieser Stelle lieber gleich den Mantel des Schweigens...

Wem die Zeichnung der Charaktere und deren zwischenmenschliche Probleme sowie die detailliert beschriebene Polizeiarbeit wichtiger ist als ein bis zum letzten Detail durchdachter Plot, kann hier durchaus zugreifen. Alle anderen Leser warten auf das zweite Buch der Autorin "Das Zeichen auf der Stirn", in dem sich die Schwachstellen des hier vorgestellten Buches hoffentlich nicht wiederfinden.

Allein mit deinem Mörder

Nicole Drawer, Droemer Knaur

Allein mit deinem Mörder

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