Des Todes dunkler Bruder
- Knaur
- Erschienen: Januar 2005
- 48
- New York: Doubleday, 2004, Titel: 'Darkly Dreaming Dexter', Seiten: 288, Originalsprache
- München: Knaur, 2005, Seiten: 349, Übersetzt: Frauke Czwikla
- Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hörbuch, 2006, Seiten: 7, Übersetzt: Alexander Bandilla
Eine schwarzhumorige Glanzleistung!
Eigentlich ist er ein Mensch, wie du und ich. Morgens geht er pünktlich zur Arbeit in sein Labor, analysiert Blutproben und treibt sich berufsbedingt an mörderischen Tatorten herum. Nur des Nachts, vor allem wenn Vollmond oder Neumond scheint, geht Dexter Morgan seiner wahren Bestimmung nach. Er tötet Killer. Killer, die es verdient haben, akribisch mit dem Skalpell zerlegt zu werden.
Dexter, das Adoptivkind einer Polizistenfamilie, musste schon früh erkennen, dass seine Neigung zu töten eine künstlerische Handlung darstellt. Gefördert von seinem Adoptivvater, der ebenfalls im Polizeidienst stand, hat er es zu wahrer handwerklicher Perfektion gebracht, was die Umsetzung seiner tödlichen Ziele betrifft.
Ein Künstler des Todes
Durch seine Schwester, die undercover bei der Sittenpolizei als Nuttenverschnitt arbeitet und doch so gerne zur Mordkommission will, gelangt er in eine Ermittlung, bei der ein Unbekannter exakt nach dem (wörtlich gemeinten) Schnittmuster arbeitet, dass auch Dexter praktiziert. Für ihn ist klar, dass er es hier mit einem Künstler des Todes zu tun hat, der ihm den Kampf angesagt hat und diesen Kampf nimmt Dexter auf.
Jeff Lindsay hat im Knaur Taschenbuch Verlag seinen Erstling "Des Todes dunkler Bruder" veröffentlicht. Der Psychothriller läuft unter der Verlagsrubrik "Thriller des Monats" und ausnahmsweise darf man diesem Attribut wirklich recht geben.
Was Jeff Lindsay hier aus der Feder geflossen ist, kann man schlichtweg als schwarzhumorige Glanzleistung bezeichnen. Bereits die Idee einen Polizeibeamten als skurrilen Serienkiller auf Ermittlung zu schicken, ist eine der makaber-witzigsten Romangrundlagen der letzten Jahre, die dazu auch noch sprachlich einwandfrei umgesetzt und von Frauke Czwikla mit dem nötigen Galgenhumor aus dem Amerikanischen übersetzt wurde.
Wunderbar karikierte Versager des mörderischen Alltags
Die Charaktere in diesem außergewöhnlichen Stoff sind schon fast überstilisiert und wunderbar karikierte Versager des mörderischen Alltags, egal ob es sich um Dexter selbst handelt, seine unglückliche Schwester oder die leitende Ermittlerin LaGuerta. Alle Personen haben ihren ganz individuell verrückten Reiz, der sich erst richtig durch Dexters gehemmten Umgang mit Weibsbildern erschließt. Köstlich witzig zu lesen, wenn Dexter sich zur Tarnung eine platonische Liebe hält, die plötzlich nicht mehr nur seinen Intellekt, sondern auch seine körperlichen Vorzüge ausprobieren möchte. Und wie der arme, dem Geschlechtlichen gar nicht zugetane, Dexter sich mit Müh und Not den Annäherungsversuchen der holden Weiblichkeit zu entziehen versucht, weil ihm der Kopf eher nach Ermittlungen im Serienmördermilieu steht, das erinnert an das Komödiantentum eines Charlie Chaplin.
Bei so viel schwarzem Humor vergisst Jeff Lindsay aber nicht auf den Fortgang der Handlung und die nötige Spannung. Obwohl der geübte Krimileser des Öfteren das Ende zu ahnen glaubt, wofür dem Erfinder des deutschen Titels von "Darkly Dreaming Dexter" eine virtuelle Schrotladung ins Gesäß gebührt, kann auch die Auflösung des Thrillers durchaus befriedigen. Wenn Publishers Weekly anmerkt: "Seit Jahren hat es kein so herausragendes Debüt gegeben wie dieses von Jeff Lindsay, der dem Serienkiller-Roman neues Leben einhaucht", dann muss man dieser Stimme tatsächlich Recht geben.
Mit Humor und Skalpell
Für alle, die gerne ein Mal einen Krimi lesen, der aus dem üblichen Rahmen fällt, kann "Des Todes dunkler Bruder" als Lektüre wärmstens ans Herz gelegt werden. Für die unkonventionelle Idee und die sprachlich, tadellose Umsetzung mit Humor und Skalpell verdient sich Jeff Lindsay in meinen Augen eine Höchstwertung, die neugierig darauf macht, was der Autor als nächstes zu bieten hat.
Jeff Lindsay, Knaur
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