Der vierte Engel
- Bastei Lübbe
- Erschienen: Januar 2003
- 7
- New York: G. P. Putnams Sons, 2001, Titel: 'The Fourth Angel', Seiten: 331, Originalsprache
- Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 2003, Seiten: 444, Übersetzt: Axel Merz
- Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 2007, Seiten: 444
Die Story ist vielschichtiger als vermutet
Kein Kommissar, kein Privatdetektiv oder Hobbydetektiv ist hier am Werk. "Der vierte Engel" spielt in einem Milieu, das für Kriminalromane eher selten gewählt wird. Die Ermittler sind vom NYFD - vom New York Fire Department und Suzanne Chazins Protagonistin ist Fire Marshal Georgia Skeehan.
Georgia ist alleinerziehende Mutter eines Sohnes und ehemalige Feuerwehrfrau. Ihr Partner ist der farbige Randy Carter, ein älterer und erfahrener Fire Marshal.
Bei einem Brand eines sechsstöckigen Bürogebäudes sind über fünfzig Menschen ums Leben gekommen, darunter auch ein Feuerwehrmann. Es handelte sich dabei um ein sogenanntes HTB-Feuer, ein Hochtemperaturbeschleuniger-Feuer. Dabei benutzt der Brandstifter eine Art Raketentreibstoff, der das Feuer binnen Minuten unkontrollierbar macht. Die Temperatur erreicht dabei bis zu zweitausend Grad. Dabei schmelzen sogar Betondecken.
Von Walter Frankel, dem Leiter des Ein-Mann-Unternehmens "Kriminaltechnisches Untersuchungslabor des Feuerwehrdepartments", erfährt Georgia, dass dies keineswegs der erste Brandanschlag dieser Art war. In den letzten Monaten hat er bereits mehrmals Briefe mit Prophezeiungen unterschrieben mit "Der vierte Engel" erhalten. Diese kamen am Tag vor oder nach solchen Feuern bei ihm an.
Georgia konfrontiert ihren Vorgesetzten Brennan und ihre Mitarbeiter mit diesen Tatsachen, diese tun aber so, als hätten sie nie davon gehört. Allein der Commander schenkt ihr Gehör und beruft sie in die Untersuchungskommission. Brennan versucht jedoch, Georgia aufs Abstellgleis zu schieben. Bei ihren Kollegen wird sie als Anfängerin und als Frau nicht ernst genommen. Georgia lässt sich jedoch weder entmutigen noch von ihrem Weg abbringen. Sie findet heraus, dass ihre Abteilung Fehler zu vertuschen versucht, die im Zusammenhang mit den vergangenen Fällen gemacht wurden.
Amerika und Feuerwehr, da erwartet man einen Roman, bei dem das Pathos nur so zwischen den Seiten raustropft. Doch weit gefehlt. Die Autorin, die selber mit einem Ermittler des NYFD verheiratet ist und der man schon deswegen genügend Sachkenntnis attestieren sollte, geht kritisch mit der Organisation ins Gericht, ohne sie jedoch niederzumachen.
Sie stellt ihre Charaktere menschlich und glaubhaft dar und lässt jeden Fehler machen. Natürlich ist der Brandstifter der große Bösewicht, doch wird auch gezeigt, wie der Täter zu seinen Verbrechen getrieben wurde. Überraschenderweise entwickelt sich die Story weit vielschichtiger als zunächst angenommen.
Die Erkenntnis der von verschiedenen Leuten gemachten Fehler und die Versuche, daraus zu lernen oder sie wieder gut zu machen bilden das zentrale Thema dieses spannenden Thrillers. Dabei fällt natürlich dann am Ende doch noch das ein oder andere Ruhmesblatt auf die Feuerwehrleute.
Erschreckend verdeutlicht wird wieder einmal, wie einfach es ist und welch geringer Mittel es bedarf, Katastrophen bewusst herbeizuführen.
Leider lässt die schriftstellerische Leistung ein wenig zu wünschen übrig. Immer wieder stolpert man über Fakten, die einem unbekannt sind. Hat man das überlesen? Nein, oftmals wird erst später erklärt, was es damit auf sich hat. Das mag von der Autorin bewusst als Stilmittel eingsetzt worden sein, doch mich hat es beim Lesen unheimlich gestört. Die Schreibweise von Suzanne Chazin ist sehr einfach gehalten, so richtig flüssig ist der Text dennoch nicht immer.
Als Auftakt einer neuen Reihe würde ich das Buch trotz einzelner Schwächen als gelungen bezeichnen. Durch das ungewohnte Milieu hebt es sich vom Gros amerikanischer Thriller angenehm ab. Auf die weitere Entwicklung der Hauptfiguren darf man gespannt sein.
Anmerkung: Der Roman hat nichts zu tun mit dem gleichnamigen Film mit Jeremy Irons.
Suzanne Chazin, Bastei Lübbe
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