Ein allzu schönes Mädchen

  • Jumbo
  • Erschienen: Januar 2004
  • 30
  • Hamburg: Jumbo, 2004, Seiten: 4, Übersetzt: Miroslav Nemec, Bemerkung: Texteinrichtung: Franziska Paesch. Produktion & Regie: Ulrich Maske
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2005, Seiten: 479, Originalsprache
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2006, Seiten: 478, Originalsprache
  • Berlin: Argon, 2010, Seiten: 4, Übersetzt: Miroslav Nemec
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Sabine Reiß
76°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2004

Ein Start, der Lust auf mehr macht

Robert Marthaler hat Urlaub. Er hat jedoch keine Chance, auch überhaupt nur den ersten Tag zu genießen, weil ihn ein Anruf erreicht, der ihn zurück in den Dienst ruft. Im Stadtwald zwischen Neu-Isenburg und Frankfurt hat ein Radfahrer eine Leiche gefunden, die aufgrund fehlender Papiere nicht identifiziert werden kann. Der Kriminaltechniker bietet ihm zunächst nur eine Spur: die Reste einer Tankquittung. Marthaler entschließt sich kurzfristig, zusammen mit einem Kollegen zu der Tankstelle in der Nähe von Bruchsal zu fahren, von der die Quittung stammt. Der Neffe der Tankstellenbesitzerin erinnert sich, das Opfer mit zwei anderen Männern und einer jungen Frau in einem metallicgrünen Fiat Spider gesehen zu haben. Und er kann ihnen sogar ein Teil des Kennzeichens geben. Bei drei in Frage kommenden Haltern suchen sich die Polizisten gleich jenen aus, der schon einmal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist, aber der hat laut Aussage seines Bruders das Auto gerade verkauft. Eine Antwort, die sie der Identität des Toten nicht näher bringt, ehe sie nicht mit dem Vorbesitzer selbst sprechen können, dessen Aufenthaltsort jedoch unbekannt ist. Dann wird ein Bräutigam als vermisst gemeldet, der nicht zu seiner Hochzeit erschienen ist. Marthaler geht dieser Anzeige nach...

Ein europäischer Krimi

Als Jan Seghers alias Matthias Altenburg Krimis von Henning Mankell las, wusste er laut eigener Aussage, wie ein europäischer Krimi aussieht. Dass die Presse damit aus seinem Helden Robert Marthaler gleich einen deutschen Kurt Wallander macht, ist klar, aber meines Erachtens ein wenig übertrieben. Da wäre ja jeder alleinstehende Polizist gleich ein zweiter Wallander. Zugegeben, unser Held hier ist vielleicht einsam, ein bisschen kauzig, aber so melancholisch wie sein schwedischer Kollege nun doch nicht. Seine Einsamkeit ist nicht selbst gewählt, seine über alles geliebte Frau Katharina starb vor vielen Jahren als Geisel bei einem Banküberfall. Nach diesem traumatischen Ereignis entschied er sich für den Polizeidienst und zog nach Frankfurt. Eine sympathische Figur.

Eine zweite Aussage des Autors ist, dass ein Krimi vorwiegend aus Schauplätzen besteht und dass eine gute Recherche sehr wichtig ist. Dies spürt man ohne Zweifel bei der Lektüre, in der wir sehr viele Details über Frankfurt erfahren, minutiös verfolgen, auf welcher Route Marthaler sich durch die Stadt bewegt und wie wir mit seinem Auge alles beobachten. Vielleicht fällt es mir auch speziell auf, weil ich ihn Frankfurt wohne. Aber auch vor den Menschen macht die genaue Beschreibung nicht halt, glücklicherweise aber vor wirklich banalen Dingen.

Kein Erstlingsroman, aber ein Erstlingskrimi

Insgesamt ist der Stil recht prägnant, mit kurzen und eindringlichen Sätzen, die bei der Lesung von Miroslav Nemec sehr angenehm waren und auch ansonsten für einen guten Lesefluss sorgen.

All diese Vorzüge machen eines deutlich: "Ein allzu schönes Mädchen" ist kein Erstlingsroman, er ist sprachlich ausgefeilt und wäre ungetrübtes Lesevergnügen, wenn der Plot ebenso ausgefeilt wäre. Die Geschichte ist durchschaubar, was an sich kein großes Problem wäre, aber das Ende erscheint mir ein missglückter Versuch, das Ruder herumzureißen. Wo sich der Autor am Anfang noch viel Zeit ließ, wird es am Ende leider ein wenig wirr. Trotzdem, Jan Seghers macht mit seinem Start Lust auf mehr, sein zweiter Krimi ist schon in Arbeit.

Ein allzu schönes Mädchen

Jan Seghers (Matthias Altenburg), Jumbo

Ein allzu schönes Mädchen

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