Die 2. Chance
- Limes
- Erschienen: Januar 2004
- 27
- Boston: Little, Brown and Co., 2002, Titel: '2nd Chance', Seiten: 390, Originalsprache
- München: Limes, 2004, Seiten: 320, Übersetzt: Edda Petri
- Augsburg: Weltbild, 2005, Seiten: 314
- München: Blanvalet, 2006, Seiten: 376
- München: Blanvalet, 2007, Seiten: 376
- München: audio media, 2009, Seiten: 5, Übersetzt: Nicole Engeln
Das meint Krimi-Couch.de: Perfekter San-Francisco-Thriller für Frauen
Ein mysteriöser Scharfschütze erschießt in San Francisco vor einer Kirche ein kleines Chormädchen: ein gezielter Todesschuss. Weitere kaltblütige Morde versetzen die Polizeiführung in Angst und Schrecken: Der Schütze, der den Beinamen " Schimäre" verliehen bekommt, hat es auf die Polizisten und ihre Angehörigen abgesehen. Die Begleichung einer alten Rechnung?
Als eine Gruppe Chormädchen eine Kirche in San Francisco verlässt, wird sie von einem Scharfschützen mit einem Maschinengewehr unter Feuer genommen. Pastor Aaron Winslow rettet einige der wie erstarrt stehenden Mädchen. Doch als die Schüsse, die die Kirchenfassade zerfetzen, verhallen. Stehen alle wieder lebendig und unverletzt auf - mit einer Ausnahme: Tasha Cashings wurde als einzige erschossen.
Lindsay Boxer, frischgebackener Polizeileutnant, steht wie ihre Kollegen vor einem Rätsel: Welche kaltblütige Irre kann eine ganze Gruppe Mädchen unter Feuer nehmen und dann nur ein einziges treffen?
Es gibt nur zwei Hinweise: Tasha Cashings war die Nichte eines Polizisten. Der Wagen des Schützen trug auf der hinteren Stoßstange ein mythologisches Symbol: Zunächst sieht es für den jungen Zeugen wie "ein Löwe mit zwei Köpfen" aus, doch als dieses Symbol auch bei einer ermordeten Schwarzen in Oakland gefunden wird, zeigt sich die wahre Bedeutung: Das Wesen mit dem Löwenkopf, dem Leib einer Ziege und dem Schwanz einer Schlange ist eine Schimäre. Fortan hat der Killer einen Namen: Chimera.
Die Vermutung liegt nahe, dass die Morde rassistisch motiviert sind und einer der zahlreichen Haßgruppen zuzurechnen sind. Doch die Tote in Oakland war die Witwe eines Polizisten. Und als erneut ein Polizist mit einem außerordentlich Schuss getötet wird, weiß Lt. Boxer: Chimera tötet Polizisten aus San Francisco. Will er eine offene Rechnung begleichen?
Mit ihren Sorgen geht sie zu dem von ihr gegründeten Women's Murder Club, zu dem außer ihr noch eine Gerichtsmedizinerin, eine Staatsanwältin und eine Journalistin gehören. Wie sich zeigt, bekommt sie in dieser trauten Runde nicht nur Tips , sondern vor allem auch Trost und Geborgenheit.
Letzteres kann sie gut gebrauchen, denn nach 22 Jahren des Nichtkontaktes taucht wieder ihr Vater bei ihr auf. Der Ex-Polizist war seinerzeit davongelaufen und hatte sich selbst dann nicht gemeldet, als Lindsays Mutter krank war. Eigentlich sollte sie ihn hassen, aber mit Ach und Krach versöhnen sich Vater und Tochter.
Doch wie sich herausstellt, weiß er etwas über die neueste Mordserie, über Chimera. Wird Lindsay Chimeras nächstes Opfer, oder gelingt es ihrem Vater, sie zu beschützen?
"Der 1. Mord" war bereits eine Tour de force mit dem Charakter einer Achterbahnfahrt, doch "2nd chance" stellt selbst dieses Buch in den Schatten. Denn diesmal leidet die Heldin nicht mehr unter einer sie lähmenden Blutkrankheit, sondern kann sich mit aller Kraft der Lösung des Falls widmen. Zwar bleiben auch private Querelen nicht aus, da nun ihr verschollener Vater auftaucht, doch die Nachforschungen im Fall Chimera gehen voran.
Das sorgt nicht nur für eine enorme Dynamik der schnörkellos erzählten Handlung, sondern auch für solide kriminalistische Arbeit, die dem Leser schon bald - ebenso wie der Heldin - Indiz um Indiz liefert. Schon bald kann er den Fall selbst lösen. Tatsächlich kann der aufmerksame Leser den Fall viel früher als Lindsay lösen.
Es ist nicht klar, wer den größeren Anteil an diesem flotten Thriller hat: Patterson oder sein Ko-Autor Andrew Gross. (Von letzterem habe ich noch nie etwas gehört.) Aber jedenfalls ist das Setting der Handlung so gut recherchiert, dass sich jeder Besucher der Bay City sofort zurechtfinden würde. Market Street, Tenderloin District, Sausalito - das sind Landmarken, die man zumindest aus der Serie "Die Straßen von San Francisco" kennen dürfte.
Auch die Fakten, die über die Verhältnisse im Strafverfolgungssystem der Großstadt, zusammengetragen wurden, dürften einige Arbeit verursacht haben. Sie tragen stark zum realistischen Eindruck bei, den der Roman hinterlässt. Man fühlt sich gut aufgehoben und trotzdem erstklassig unterhalten. Von ferne erinnert diese Basis-Struktur an Krimigrößen wie Dashiell Hammett und Raymond Chandler. Das wäre sicher nichts Neues.
Dann wiederum kommt Pattersons Beitrag zum Vorschein: Der Women's Murder Club bildet das emotionale Zentrum des Buches. Hier werden Lebensentscheidungen getroffen und Vertraulichkeiten ausgetauscht. So erfahren wir etwa, dass die Staatsanwältin ein Kind erwartet und die Journalistin mit dem Pastor Aaron Winslow anbandelt...
Auf diese Weise erreicht Patterson & Co. sowohl Männer als auch Frauen als Leserschaft und stellt beide vollendet zufrieden: Action, Spannung und das menschliche Drama - es ist alles enthalten. So gesehen, ist das Buch das perfekte Produkt.
Wieder mal ein perfekter Thriller aus der Krimifabrik von James Patterson. Und wenn man meint, der Fall sei gelöst, kommt eine böse Überraschung und noch mal ein ganz dickes Ende, das es zu überstehen gilt.
Die superkurzen Kapitel von maximal fünf Seiten, die Pattersons Markenzeichen sind, tragen dazu bei, dass man durch den Thriller hetzt, als könne man die Lösung kaum erwarten. Nur um sich, nachdem man die erste Lösung erlöst erfahren und man sich beruhigt zurückgelehnt hat, noch einmal aufzusetzen, weil sich eine ganz andere Lösung als die richtige herausstellt. Ein klassischer Falltüreffekt. Damit sollte man bei Patterson eigentlich immer rechnen. Selber schuld, wenn man nicht daran denkt.
James Patterson, Limes
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