Mord in mageren Zeiten
- Rowohlt
- Erschienen: Januar 2004
- 6
- London: Hodder & Stoughton, 2002, Titel: 'A Presumption of Death', Originalsprache
- Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2004, Seiten: 371, Übersetzt: Beate Smandek
- New York: St. Martin´s Minotaur, 2003, Originalsprache
Unterhaltsam, aber nicht wirklich spannend
Gut 60 Jahre liegen zwischen Lord Peter Wimseys vermeintlich letztem Auftreten 1939 und seinem allerletzten Fall. Wie das kommt? Dorothy L. Sayers, die literarische Mutter des adligen Detektivs, verstarb bereits 1957, hinterließ jedoch der Nachwelt einige fiktive Briefe, die von November 1939 bis Januar 1940 in "The Spectator" erschienen, und die das Leben der Wimseys in der Kriegszeit zum Thema hatten. Zusätzlich erschien eine Kurzgeschichte mit dem Titel "Talboys", in dem die Autorin weiteren Aufschluss über den Verbleib ihrer Protagonisten gab. Insbesondere die Briefe, die sogenannten "Wimsey Papers", bildeten die Grundlage für das vorliegende Buch. Es ist zwar meines Erachtens nicht ganz richtig, dass als Autorengespann Jill Paton Walsh & Dorothy L. Sayers genannt werden, aber es ist aus Vermarktungsgründen durchaus verständlich und wird in dieser Form des öfteren praktiziert. Schließlich basieren die James Bond-Filme seit vielen Jahren nur noch auf der von Ian Fleming erschaffenen Figur und auch Rosamunde Pilcher hat nicht so viele Bücher geschrieben, die als Drehbuchvorlage für die Sonntagsabendschnulzen dienen könnten.
Harriet als Sinnbild der Emanzipation
Jill Paton Walsh hat demgemäss die Ausgangssituation von Dorothy L. Sayers übernommen: Lord Peter hat es in den Wirren des Zweiten Weltkrieges in geheimer Mission ins Ausland verschlagen, Lady Peter, also Harriet Vane, nun Wimsey, lebt auf dem Land und muss sich mit Lebensmittelkarten, Landverschickten und der Verdunklung herumschlagen. Sie hat nicht nur ihre eigenen Kinder in ihrer Obhut, sondern auch noch die drei Rangen ihrer Schwägerin. Bei einem Luftalarm versammeln sich fast alle Bewohner des Dorfes im Keller des Gasthauses; das "fast" gilt deshalb, weil nach Ende des Alarms eine Tote auf der Straße gefunden wird. Da Lord Peter nicht in der Nähe weilt und überall Not am Mann ist, muss wie in allen anderen Lebenslagen auch hier die Frau ran und Harriet unterstützt die Polizei tatkräftig bei ihren Ermittlungen.
Verhaltener Start
Es ist bald 20 Jahre her, dass ich meinen letzten Wimsey-Krimi gelesen haben, vielleicht fiel es mir aus diesem Grund schwer, den Einstieg in die Geschichte zu finden. Vielleicht aber auch, weil man mit einigen Briefen aus den Wimsey Papers beginnt, die voller Details aus Kriegstagen sind, welche heutzutage für uns nicht so einfach verständlich sind. Wir starten langsam, ein wenig zu langsam für meinen Geschmack, aber nach einem guten Drittel wird es unterhaltsam. Jill Paton Walsh bringt einem die Figuren näher und mehr und mehr kann man auch über die Schilderungen der Dorfbewohner schmunzeln.
Der Mordfall steht nicht im Mittelpunkt und scheint mir etwas dünner zu sein, als man das von Dorothy Sayers gewohnt ist - soweit ich das noch richtig in Erinnerung habe. Ich halte die Geschichte daher eher für eine Art Gesellschaftsstudie, die das Leben im Zweiten Weltkrieg authentisch darstellt, was daher herrührt, dass die Autorin hier auf die Aufzeichnungen von Dorothy Sayers zurückgreifen konnte. Mord in mageren Zeiten ist ein Buch, das Wimsey-Fans sicher gerne lesen wollen. Einsteigern in die Serie um Lord Peter Wimsey seien jedoch die Originale empfohlen, Klassiker ihres Genres.
Dorothy L. Sayers, Rowohlt
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