Sündenherz

  • Droemer
  • Erschienen: Januar 2004
  • 12
  • London: Macmillan, 2003, Titel: 'The guilty heart', Seiten: 389, Originalsprache
  • München: Droemer, 2004, Seiten: 428, Übersetzt: Doris Styron
  • Augsburg: Weltbild, 2005, Seiten: 428
  • München: Knaur, 2006, Seiten: 428
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Peter Kümmel
59°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2004

Ängste und Empfindungen werden glaubhaft dargestellt

"Julie Parsons hat ein sublimes Talent, Angst aufzubauen" wird "Die Welt" auf dem Einband zitiert. Dieses Zitat kann ich in dieser Art und Weise absolut nicht nachvollziehen. Zu Beginn des Romans "Sündenherz" liegt das Verbrechen - so es sich überhaupt um eines handelt, denn das weiß der Leser zunächst nicht - bereits zehn Jahre zurück. Und die Angst der Beteiligten hat sich seit dieser Zeit in Resignation und Hoffnungslosigkeit verwandelt. Sehr ausführlich, doch für meinen Geschmack viel zu ausführlich, weit über die Hälfte des Buches hinaus lässt die Autorin die Betroffenen gedanklich das Geschehene verarbeiten und zu begreifen versuchen. Dabei zeigt sie psychologisch sehr einfühlsam auf, dass man mit dem Verlust eines Kindes nicht fertig werden kann, dass auch die Zeit nicht darüber hinweghelfen kann. Die Opfer - und es gibt in diesem Buch einige, die man als solche bezeichnen kann - verändern sich durch einen solchen Schicksalsschlag zwangsläufig. Und diese Veränderungen stellt die Autorin sehr gut und überaus detailliert dar.

Den Eingangssatz möchte ich also eher abgeändert formulieren in: "Julie Parsons hat ein sublimes Talent, die Ängste und Empfindungen ihrer Figuren glaubhaft darzustellen."

Eine zufriedene und glückliche Familie waren die Cassidys vor 10 Jahren - der 8-jährige Owen und seine Eltern. Seine Mutter Susan, Ärztin in einer Kinderklinik, stellt den Beruf über das Familienleben. Dort erlebt sie täglich schwerkranke Kinder und leidet mit ihnen. Doch sie ist zufrieden so, wie es läuft, denn Owens Vater Nick, ein Kinderbuchautor, arbeitet zu Hause und hat demzufolge genügend Zeit, sich um den Sohn zu kümmern. Zur Unterstützung ist auch noch das Au-pair-Mädchen Marianne da.

Doch an diesem schicksalhaften Halloweentag vor zehn Jahren fühlt sich offenbar keiner für den kleinen Owen zuständig. Die Mutter arbeitet, das Au-pair-Mädchen vergnügt sich mit dem Sohn der Nachbarn und der Vater schließlich liegt mit einer anderen Nachbarin im Bett. Währenddessen spielt Owen mit seinem Freund, und dies ist das letzte, was man von ihm gesehen hat, denn seitdem ist er wie vom Erdboden verschluckt.

Durch die nun folgenden Ermittlungen wird natürlich der Seitensprung des Vaters - nicht sein einziger - bekannt und zwischen gegenseitigen Schuldvorwürfen und Schuldbekenntnissen zerbricht die Ehe der Cassidys. Nick verschwindet nach Amerika, wo er ruhelos von Stadt zu Stadt zieht.

Zehn Jahre nach diesem verhängnisvollen Tag löst das überraschende Wiedererkennen eines Nachbarmädchens einen Sinneswandel bei Nick aus. Er will zurückkehren, um die Ereignisse von damals endgültig zu verarbeiten. Er muß jetzt Klarheit darüber haben, was wirklich geschehen ist.

Zwischen Orten und Zeiten springt die Autorin hin und her, als gäbe es überhaupt keine Barrieren. Gegenwart und Vergangenheit verschmelzen zu einer einzigen Zeit des Leides und erst sehr langsam erfährt der Leser, welche Ereignisse überhaupt zu diesem Zustand geführt haben.

Sämtliche Beteiligten werden dabei so greifbar und glaubhaft - hauptsächlich mit ihren Schwächen - dargestellt, dass man mit ihnen fühlen und leiden kann. Spannung kommt dabei jedoch kaum auf. Irgendwann wird man es Leid, sich ausschließlich mit den Gefühlen der Charaktere zu beschäftigen und wartet darauf, dass etwas passiert. Nun, um es vorweg zu nehmen, man wartet nicht vergebens, auch wenn es sehr lange dauert. Doch man hat den Eindruck, dass Julie Parsons plötzlich merkt, wie ausführlich sie das Buch begonnen hat, und es nun ebenso eilig hat, zum Ende zu kommen. Ein kurzes und furioses Finale wird so knapp gehalten, dass man sich mehr selber denken muß, als überhaupt beschrieben wird.

Die Autorin hat sicherlich viele Stärken, hauptsächlich in der Darstellung von Charakteren und insbesondere deren Gefühle, wobei sie Klischees fast vollständig vermeidet, dazu einen ausgewogenen angenehm zu lesenden Schreibstil. Auch der relativ einfach gestrickte Plot wird gut aufgebaut. Doch dies genügt nicht, um einen rundum zufriedenstellenden Kriminalroman zu verfassen. Denn am Spannungsaufbau und am geschickten Auflösen der geknüpften Fäden muß sie noch kräftig arbeiten.

Sündenherz

Julie Parsons, Droemer

Sündenherz

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