Weiberschläue
- Militzke
- Erschienen: Januar 2003
- 2
- Leipzig: Militzke, 2003, Seiten: 284, Originalsprache
- München: dtv, 2005, Seiten: 334, Originalsprache
Spannende Unterhaltung mit einer geballten Ladung Vorurteile
Als an einem abgelegenen sowjetischen Ehrendenkmal in Berlin ein Toter aufgefunden wird, muss Kriminalhauptkommissarin Lena Wertebach ausrücken. Bald kann das Opfer identifiziert werden: Es ist Dirk Bender, Kriminalobermeister bei der Polizeidirektion Eins, ein Kollege. Und da Polizistenmord gesühnt werden muss, stürzt sich Lena mit ihrem Team in die Ermittlungen. Es stellt sich heraus, dass Bender an Hepatitis C erkrankt war und eh nicht mehr lange zu leben hatte. Seine Freundin gibt allerdings Auskunft darüber, dass ihm schon bald eine neue Leber eingesetzt werden sollte. Eine teure Operation. Und woher hatte er das Geld, seine Eltern beim Kauf der Eigentumswohnung finanziell so stark zu unterstützen?
Immer wieder stößt Lena auf den Namen Elmar. Ein Jude aus Aserbaidschan, Krankenpfleger, angeblich ein Freund von Dirk Bender, aber auch in Drogendelikte verwickelt und nach Auskunft der Polizei in Baku ein gesuchter Mörder. Die Suche nach diesem Elmar ist sogar eigentlich recht erfolgreich. Er kann nur keine Aussage mehr machen, denn seine Leiche wird in einem Wald gefunden, wo sie schon ein paar Tage lag. Da kommt der Polizist aus Baku leider zu spät nach Berlin, der Lena unter die Arme greifen wollte...
Bin ich blond?
Ich bin blond... Nein, das bin ich nicht, aber da Frau Gronau ihrer Kommissarin solche Vorurteile mit auf den Weg gibt, dass eine Blonde immer billige Drucke von Monet oder Van Goghs Sonnenblumen aufhängt, dann bin ich blond, weil die Sonnenblumen auch von meiner Wand herablächeln. Klasse, auch ansonsten werden die Vorurteile reichlich gepflegt: der Urlaub in der Türkei ist ja nett, wenn da nicht so viele Türken wären etc... Dies zieht sich durch das Buch wie ein roter Faden und ist amüsant, wenn man es nur nicht ernst nimmt. Manchmal fragt man sich allerdings, wie die Verfasserin zu Aussagen kommt wie:
"... und es stank bestialisch nach Katzenpisse. Obwohl Katzen schon so lange in Deutschland lebten, verhielten sich diese Ägypter immer noch wie Ausländer. Es gab bestimmt genug sichere Drittländer, in die man die Katzen abschieben konnte." (S. 119)
"Milieuerfahren", so nennt das der Spiegel. Das kann ich schlecht beurteilen, denn das bin ich wohl nicht, frage mich aber doch, was an Lena Wertebach "links" sein soll... Die Dialoge sind auf jeden Fall recht bissig und lassen sich ausgezeichnet lesen. Der Stil ist alles andere als hölzern, was ich an deutschen Krimis schon ab und an bemängeln musste, sondern locker-flockig.
Vom Tatort zu den Anonymen Alkoholikern
Das, was Lena Odenthal im "Tatort" verwehrt wird, das lebt die lesbische Kommissarin Lena Wertebach aus. Lena Odenthal (dargestellt von Ulrike Folkerts) ist Single, ihre Sexualität wird ausgespart. Eine lesbische Kommissarin hat es im Öffentlich-Rechtlichen Tatort meines Wissens noch nicht gegeben. Aber Maria Gronaus Protagonistin wäre nicht nur aufgrund ihrer sexuellen Orientierung kein Typ für den alltsonntäglichen Krimi, denn sie tritt auch schon mal einem Libanesen aus der Jugendbande, die sie angegriffen hat, in die "Eier" und mit ihren Kollegen könnte sie glatt eine eigene Gruppe bei den Anonymen Alkoholikern aufmachen. Gut und Böse, das ist bei Maria Gronau nicht schwarz-weiß gezeichnet, Polizisten sind nicht nur auf der Jagd nach Kriminellen, sondern manche sind korrupt. Die Charaktere sind einprägsam geschildert, mit allem, was dazu gehört.
Erfrischend finde ich, dass diese Buch nicht mit dem Slogan "Frauenkrimi" vermarktet wurde. Es ist nämlich auch gar kein Frauenkrimi, sondern für beide Geschlechter gleichermaßen geeignet. Und die Warnung zum Schluss: Ich kann mir vorstellen, dass man diese geballte Ladung Vorurteile auch in den falschen Hals bekommen kann, z.B. wenn man im Berliner Kiez lebt. Aus sicherer Entfernung kann man sich von "Weiberschläue" aber auch spannend unterhalten lassen...
Maria Gronau, Militzke
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