Seelen aus Stein
- Heyne
- Erschienen: Januar 2004
- 5
- New York: Bantam, 2001, Titel: 'Watchers of time', Seiten: 339, Originalsprache
- München: Heyne, 2004, Seiten: 400, Übersetzt: Uschi Gnade
Charles Todd verdient es, dass man seinen Krimis Beachtung schenkt
Das Autorengespann Charles Todd, bestehend aus Mutter und Sohn, bindet zwei zentrale Themen in die Geschichte mit ein, die in den Folgejahren des Ersten Weltkrieges spielt:
- Untergang der Titanic 1912
May Trent ist eine der wenigen, die den Untergang der Titanic überlebt haben, aber sie kommt nicht von den Gespenstern los und hat jegliche Erinnerung an das Unglück verloren.
- Erster Weltkrieg 1914-1919
Peter Henderson hat als Heckenschütze seinem Land gedient und wird nach seiner Rückkehr von seiner Familie und von den Dorfbewohnern gemieden, weil Heckenschützen als Feiglinge angesehen werden, da sie dem Feind nicht von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden haben.
Und der Protagonist selbst? Inspector Ian Rutledge hat sein eigenes Päckchen zu tragen. Er hat an der Front einen seiner ihm unterstellen Soldaten wegen Befehlsverweigerung erschossen und Hamish MacLeod ist nun immer bei ihm - als Stimme in seinem Kopf.
Zwei Priester
Dass Herbert Baker auf seinem Sterbebett nach dem katholischen Priester verlangt, obwohl er der anglikanischen Kirche angehört, beunruhigt seine Familie. Als zwei Wochen später eben dieser Pater James in der Pfarrei tot aufgefunden wird, gerät die Dorfgemeinschaft in Aufruhr. Da die Einnahmen des letzten Kirchenbasars aus dem Arbeitszimmer gestohlen wurden, geht der örtliche Inspector davon aus, dass der Dieb von seinem Opfer überrascht wurde und den Pater niederschlug. Es ist nicht nur für ihn undenkbar, dass jemand aus dem Dorf der Mörder sein könnte. Inspector Rutledge von Scotland Yard soll einen Anstandsbesuch in Osterley machen, um den Bischoff zu beruhigen und er ist nur zu gern bereit, London zu verlassen. Eine Verhaftung wurde gerade vorgenommen, ein Mann, der auf dem Wohltätigkeitsbasar als Starker Mann aufgetreten war. Der Fall scheint gelöst, doch Rutledge gibt sich damit nicht zufrieden.
Die Stimme im Kopf
Zunächst ist es gewöhnungsbedürftig, dass der Inspector nie allein zu sein scheint, doch an Hamishs Allgegenwärtigkeit gewöhnt man sich schnell. Hamish sagt ihm Dinge, die er sicht nicht eingestehen will, spielt advocatus diaboli und ist für den Leser so greifbar, dass man meint, statt eines Einzelnen würde ein Team ermitteln. Und dabei ist Ian Rutledge extrem einsam. Auch für ihn ist Hamish so real, so dass er sich nicht traut, sich nach ihm umzusehen. Erstaunlich ist, dass er meint, es wäre kaum möglich, dass jemand auf Hamishs angestammten Platz auf der Rückbank seines Autos sitzt.
Düster ist die Stimmung, melancholisch ist der Grundtenor dieses Buches, nicht nur durch die Zeit, in der "Seelen aus Stein" angesiedelt ist. Die Idee mit dem Assistenten, der keiner ist, ist ungewöhnlich. Anders als im Vorgänger "Auf dünnem Eis" sind die Dinge plausibler, der Plot ist aus einem Guss, obwohl er aus der Feder zweier Autoren stammt. Was sich jedoch wiederholt: auch hier lässt die eingeschworene Dorfgemeinschaft niemanden hinter die Fassade blicken, Rutledge ist und bleibt ein Außenseiter. Wer ein Faible für historische Krimis hat, sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen, aber auch sonst verdient es Charles Todd, dass man den Krimis Beachtung schenkt. Die Atmosphäre wird glaubhaft und packend geschildert und obwohl sich die erste Hälfte für meinen Geschmack zu sehr schleppt, da so gar nichts passiert, muss man weiterlesen - und wird am Ende belohnt.
Charles Todd, Heyne
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