Dornröschen
- Alfred A. Knopf
- Erschienen: Januar 1973
- 5
- New York: Alfred A. Knopf, 1973, Titel: 'Sleeping Beauty', Originalsprache
- : Alfred A. Knopf, 0
Öl schwimmt oben
Neugierig geworden durch einen aus dem Flugzeug beobachteten Ölteppich, zieht es Lew Archer zum Strand von Pacific Point vor den Toren von LA. Hier läuft ihm eine äußerst hübsche, aber auch verwirrt wirkende junge Frau über den Weg, auf die Archer aufmerksam wird, weil sie einen ölverschmierten Vogel in Händen trägt. Laurel Russo, wie sich kurz später heraus stellt, ist die einzige Tochter von Jack Lennox, der der Eigentümer der havarierten Bohrinsel vor der Küste ist. Archer nimmt die labile junge Frau mit in die Stadt und erfährt noch einiges mehr von ihr, bevor sie mit einem Fläschchen voller Schlaftabletten aus seiner Wohnung verschwindet.
Besorgt macht sich Lew auf die Suche nach der Frau, trifft ihren Mann, den mittellosen Apotheker Tom, dann auch ihre Familie. Und je mehr er die Suche nach Laurel ausweitet, umso mehr taucht er in bestgehütete Familiengeheimnisse ein. Eine Familie, die ihr Vermögen mit Öl gemacht hat. Aber Öl schwimmt auf dem Wasser und genau so, wie der schwarze Ölteppich immer mehr die Küste bedroht, so lässt sich auch die Wahrheit nicht länger zurückhalten. Und ist erst einmal der Schnüffler in Lew Archer erwacht, dann ist ihm eigentlich auch sein Tagessatz von stolzen 100,- Dollar egal. Er verbeißt sich in den Fall und kann nicht nur das Schicksal von Laurel aufklären, sondern auch die Lügen, die eine Dynastie zusammen gehalten haben.
Ein später Lew-Archer-Krimi
Die Figur Lew Archer war schon bald zwanzig Jahre alt, als Ross MacDonald 1973 Sleeping Beauty schrieb. Liest man den Roman, so gewinnt man den Eindruck, als seien diese beiden Jahrzehnte spurlos an dem Detektiv vorbeigezogen. Und auch wenn der Autor hier eines seiner wesentlichen Motive vernachlässigt, so finden sich auch wieder typische MacDonald-Elemente: das Schicksal einer jungen Frau bewegt den Ermittler und die Nachforschungen spielen sich in der neureichen High Society Kaliforniens ab, in einer Scheinwelt, die grausam, gewalttätig und gnadenlos ist. Und wieder einmal liegt das eigentliche Verbrechen schon Jahrzehnte zurück.
Dornröschen war ein schönes Kind gehört sicherlich nicht zu den Romanen MacDonalds, die immer wieder als Meisterwerke aufgezählt werden. Aber er hat alles, um als typischer MacDonald-Krimi bezeichnet zu werden. Was negativ auffällt ist der extrem gestelzte Anfang. Hier hatte der Autor Probleme, seine Figuren auf die richtige Startposition zu setzen. Und auch die Gänsemarschtechnik, in der der Autor seinen Protagonisten von Interview zu Interview schickt ("Ich weiß es nicht, aber fragen sie mal xy, der könnte das wissen") kann hier nicht wirklich begeistern. Zu routiniert wirkt es hier gesponnen, als dass es authentisch wirken mag.
Nur für die Sammler unter den Krimilesern ist Dornröschen war ein schönes Kind natürlich ein Muss, um die Lew-Archer-Reihe zu komplettieren. Es ist ein solider Roman, der jedoch nicht den Anspruch erheben kann, in keinem wohlsortierten Krimiregal fehlen zu dürfen.
Ross Macdonald, Alfred A. Knopf
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